
Wenn die üblichen Schmerzmittel nicht wirken, kann Medizinal-Cannabis in Erwägung gezogen werden.
Eine klinische Phase-3-Studie untersucht den Nutzen von Cannabisextrakt bei chronischen Schmerzen im unteren Rückenbereich. In der Studie mit über 800 Teilnehmenden konnten die Schmerzen signifikant reduziert werden. Schwerwiegende Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet.
Studie: Cannabisextrakt bei chronischen Rückenschmerzen
Ziel der Studie war, die Sicherheit und Wirksamkeit eines Vollspektrum-Extraktes der Cannabis-Sativa-Pflanze in einer Placebo-kontrollierten Phase-3-Studie zu bewerten. Dazu wurden 820 Erwachsene mit chronischen Rückenschmerzen eingeschlossen. Bei allen waren zuvor Schmerzmittel erfolglos eingesetzt worden.
Im Ergebnis zeigte sich:
- Die mit dem Cannabisextrakt behandelten Personen berichteten nach 12-wöchiger Behandlung eine Verringerung um 1,9 Punkte auf einer Schmerzskala von 0 bis 10 Punkten. Dies war ein statistisch signifikanter Unterschied zur Placebogruppe von 0,6 Punkten.
- In einer 6-monatigen Nachbeobachtung sank die Schmerzintensität um weitere 1,1 Punkte.
- Betroffene mit einer neuropathischen Schmerzkomponente, die oft schwer zu behandeln ist, profitierten noch etwas stärker.
- Es wurden keine Anzeichen für eine Dosiserhöhung beobachtet.
- Ein Teil der Studienteilnehmenden konnte die untersuchte Medikation darüber hinaus verblindet absetzen, dabei zeigten sich keine Hinweise auf Abhängigkeit oder Entzugserscheinungen.
Nebenwirkungen traten in der Interventionsgruppe vor allem in der Anfangsphase auf: Am häufigsten wurden kurzfristige Schwindelgefühle, Schläfrigkeit und Übelkeit berichtet.
Dr. Jens Keßler vom Uni Heidelberg Heidelberg, der an der Studie beteiligt war kommentiert: Es sei zu begrüßen, dass nun endlich auch für Medizinal-Cannabis methodisch gute Studien durchgeführt werden. Das sei für alle anderen Medikamente selbstverständlich. Dennoch sollten die meisten Rückenschmerzen zunächst nicht medikamentös behandelt werden. Sollten Schmerzmittel notwendig sein, wird deren Einsatz innerhalb eines multimodalen Therapiekonzepts empfohlen.
Hintergrund: Chronische Rückenschmerzen
Chronische Rückenschmerzen betreffen weltweit mehr als eine halbe Milliarde Menschen. Sie sind eine der Hauptursachen für Alltagsbeeinträchtigungen und verminderte Lebensqualität. Die dagegen oft eingesetzten nichtsteroidalen Entzündungshemmer haben ernsthafte Risiken für Herz, Kreislauf, Niere und Magen-Darm-Trakt. Opioide sind oft nicht langfristig wirksam, verursachen Verstopfung und können zu einer Abhängigkeit führen.
Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg


