
Durch Endoprothesen kann es zu einer Metallbelastung im Körper kommen.
Eine aktuelle Studie der Universitätsmedizin Greifswald und der Charité Berlin hat untersucht, ob Metalle aus großen Gelenkimplantaten nicht nur im Blut, sondern auch im Liquor (Nervenwasser) nachweisbar sind. Im Fokus standen die Metalle Cobalt, Chrom, Titan, Niob und Zirkonium.
Fallberichte als Grundlage
Die Idee zu dieser Studie entstand auf Grundlage einzelner Fallberichte. Darin wurden verschiedene Krankheitsbilder wie beeinträchtigtes Seh- und Hörvermögen oder Funktionsstörungen des Herz-Kreislauf-Systems, der Schilddrüse und des Zentralen Nervensystems mit erhöhten Cobaltwerten im Blut der betroffenen Patient*innen in Verbindung gebracht.
„Was diese Patient*innen gemeinsam hatten, war, dass sie vor Auftreten dieser Beschwerden mit Hüftendoprothesen mit sogenannten Metall-Metall-Gleitpaarungen versorgt worden waren“, erzählt die Orthopädin Anastasia Rakow. „Dies führte und führt immer wieder zu großer Verunsicherung von Patient*innen mit Endoprothesen, selbst wenn sie mit anderen Implantaten, also ohne Metall-Metall-Gleitpaarungen, versorgt wurden. Zur zentralen Frage unserer Studie wurde es daher, zu untersuchen, ob Metalle aus Endoprothesen überhaupt in der Hirnflüssigkeit nachweisbar sind“.
Studie
Insgesamt wurden 204 Patient*innen in die Studie eingeschlossen:
- 102 Patient*innen ohne Gelenkprothesen
- 102 Patient*innen mit Gelenkprothesen
„Dabei schauten wir uns nicht nur das Blut und das Serum, sondern auch den Liquor, also das Nervenwasser, an“, erklärt Rakow. Das Forschungsteam hat speziell untersucht, ob die Metalle aus den Implantaten stammen, indem es die Metallwerte mit dem Typ des Implantats in Beziehung gesetzt hat.
Cobalt akkumuliert im Liquor
In der Gruppe der Patient*innen mit Gelenkimplantaten fanden sich höhere Konzentrationen verschiedener Metalle im Blut. Zudem wurde eine Konzentrationserhöhung von Cobalt im Nervenwasser nachgewiesen. Dass Cobalt aus Endoprothesen damit die zellulären Schutzbarrieren des Zentralnervensystems wie die sogenannte Blut-Hirn-Schranke passieren kann, sei zwar eine wichtige Erkenntnis, „doch wir wissen aktuell noch viel zu wenig über weitere Faktoren, die diese Prozesse möglicherweise beeinflussen“, wie Rakow betont.
Eine Kausalität könne mit dieser Studie nicht nachgewiesen werden. Vielmehr bedürfe es Folgestudien, die untersuchen, ob das Auswirkungen auf das zentrale Nervensystem haben kann.
Bessere Versorgung durch Informationen
Für eine bessere Patient*innenversorgung sei es wichtig, dass Hausärzt*innen und Neurolog*innen um diese Thematik wissen: „Wenn sich ein Patient bei ihnen vorstellt, der eine oder mehrere Endoprothesen hat, und dann neu auftretende neurologische Auffälligkeiten zeigt, die nicht anders erklärbar zu sein scheinen, sollten die Kollegen daran denken, dass es Metallexpositionen aus Prothesen gibt“. Es lohne sich, in solchen Fällen Untersuchungen durchzuführen, die über das bislang vielerorts Übliche hinausgehen.
„Die Untersuchung gibt wichtige Impulse für die weitere Forschung“, meint Prof. Karlhans Endlich von der Unimedizin Greifswald, „insbesondere im Hinblick auf mögliche Langzeitwirkungen dieser Metallbelastung auf das Nervensystem“. Zwar stehe ein direkter Nachweis von gesundheitlichen Schäden noch aus, „doch die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung von Nachsorgeuntersuchungen von Patient*innen mit Metallimplantaten“.
Die Arbeit liefere auch wertvolle Erkenntnisse zu potenziellen Risiken moderner Implantatmaterialien. „Solche Studien sind entscheidend, um die Patientensicherheit weiter zu erhöhen“, so Endlich.
Quelle: Universitätsmedizin Greifswald