
Trotz Säuberung der chronischen Wunde, spezieller Verbände und regelmäßiger Verbandswechsel nach den aktuellen Leitlinien dauert es oft viele Wochen und Monate, bis die Haut verheilt ist. In der multizentrischen POWER-Studie hat ein Studienteam die Behandlung nach dem Goldstandard mit einer zusätzlichen Behandlung mit einem Kaltplasma verglichen.
Eine Zwischenauswertung zeigt:
Das Kaltplasma beschleunigt die Wundheilung deutlich und verringert Schmerzen und Infektionen.
Chronische Wunden
Wunden, die nach 8 Wochen noch nicht vollständig verheilt sind, gelten als chronisch. Besonders häufig davon betroffen sind ältere Menschen, Diabetiker*innen und Menschen mit Durchblutungsstörungen oder Mobilitätseinschränkungen. „Die aktuellen Leitlinien umfassen zur Behandlung solcher Wunden ein chirurgisches Debridement zur Entfernung nekrotischen Gewebes, eine antiseptische Wundreinigung, das Anlegen spezieller Verbände und einen regelmäßigen Verbandwechsel“, erklärt der Dermatologe Dr. Nessr Abu Rached von der Ruhr-Universität Bochum.
POWER-Studie: Goldstandardtherapie vs. Kaltplasma
In der POWER-Studie vergleichen die Forschenden die Wirkung der Goldstandard-Therapie mit der Anwendung eines Kaltplasmas. Dabei wird zwischen der Wunde und der Plasmafolie die Umgebungsluft teilweise ionisiert, also mit zusätzlicher Energie aufgeladen. Das so entstehende Plasma wirkt antibakteriell, antiviral sowie entzündungshemmend.
Verschiedene vorangegangene Studien haben auch gezeigt, dass das Plasma in der Lage ist, die Bildung neuer Blutgefäße zu begünstigen. „Auch das sollte die Wundheilung verbessern“, so Nessr Abu Rached.
Die Studie läuft seit 2021 und endet 2024.
Dreimal pro Woche zwei Minuten Plasma
Das Studienteam gewann im bisherigen Studienzeitraum 48 Patient*innen, deren Daten bereits ausgewertet werden konnten. Sie wurden zufällig einer von 2 Gruppen zugeordnet:
- eine Gruppe wurde nach Goldstandard versorgt,
- die andere Gruppe wurde zusätzlich über 4 Wochen 3-mal wöchentlich 2 Minuten lang mit dem Kaltplasma behandelt.
Der in der Studie verwendete Plasma-Applikator war mit einer Fläche von 11 x 11 Zentimetern vergleichsweise groß. Nach 4 Wochen, 3 und 6 Monaten bewerteten die Forschenden die Wunden der Teilnehmenden: Sie ermittelten u.a. die Größe, die mögliche Besiedlung mit Bakterien und befragten die Patient*innen, wie schmerzhaft die Wunde war.
Ergebnisse
- 16 Prozent der Wunden der Plasmagruppe hatten sich komplett oder fast vollständig (90 Prozent) nach 4 Wochen geschlossen. In der Kontrollgruppe mit Standardwundtherapie galt das für keine einzige Wunde.
- Weitere 28 Prozent der Wunden in der Plasmagruppe hatten sich um mindestens 60 Prozent verkleinert, auch das galt für keine Wunde in der Kontrollgruppe.
- Eine Verringerung der Wundfläche um mindestens 40 Prozent wurde bei 40 Prozent der Plasmagruppe und bei 18 Prozent der Kontrollgruppe beobachtet.
- Die Plasmagruppe benötigte im Vergleich zur Kontrollgruppe deutlich weniger Antibiotika (4 Prozent versus 23 Prozent).
„Die mit Plasma behandelten Patient*innen berichteten darüber hinaus von einer signifikanten Verringerung der Wundschmerzen und einer Verbesserung der Lebensqualität“, berichtet Nessr Abu Rached. Die Kombination von Plasmabehandlung und bewährter Standardtherapie übertreffe die die Wirkung der alleinigen Goldstandardtherapie um ein Vielfaches, so das Fazit des Forschers.
Hintergrund: Kaltplasma
Kaltplasma bezeichnet ist ein teilionisiertes, reaktives Gas mit biologisch aktiver Wirkung. Untersuchungen haben u.a. antimikrobielle und antientzündliche Effekte, bessere Durchblutung sowie eine Anregung des Zellwachstums und der Wundheilung gezeigt.
Quelle: Ruhr-Universität Bochum
Literatur
Nessr Abu Rached, Susanne Kley, Martin Storck et al. Cold plasma therapy in chronic wounds – A multicenter, randomized controlled clinical trial (Plasma on chronic wounds for epidermal regeneration study): Preliminary results. Journal of Clinical Medicine 2023; doi: 10.3390/jcm12155121