CoronavirusLernen aus der COVID-Pandemie: Nicht-pharmazeutische Maßnahmen wirksam

Antigen-Schnelltests und medizinische Atemschutzmasken waren wirksame Schutzmaßnahmen gegen die Virusverbreitung in Deutschland. Das zeigt eine wissenschaftliche Analyse.

FFP-2-Maske auf hellblauem Hintergrund
K. Oborny/Thieme

Auch wenn sie viel kritisiert wurden: Atemschutzmasken waren in der Covid-Pandemie wirksam, um die Virusverbreitung einzudämmen.

Maßnahmen wie das Tragen medizinischer Atemschutzmasken und regelmäßige Tests haben dazu geführt, dass deutlich weniger neue Varianten des SARS-CoV-2 Coronavirus nach Deutschland gelangten. Das hat ein Forscherteam des Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung herausgefunden.

Analyse von COVID-19-Maßnahmen in Deutschland

Die Wissenschaftler*innen analysierten rund 2 Mio. SARS-CoV-2-Genome, die über die Jahre der Pandemie in der Bevölkerung Deutschlands auftraten und in einer Datenbank gesammelt wurden.

Sie verglichen dann das Auftreten neuer Virusvarianten in Deutschland im Pandemie-Verlauf – als Maßstab für den Eintrag neuer Varianten aus anderen Teilen der Welt – mit der zeitlichen Einführung bestimmter Maßnahmen.

Ergebnisse

  • Im zeitlichen Zusammenhang mit dem Inkrafttreten bestimmter Maßnahmen gelangten deutlich weniger neue Virusvarianten nach Deutschland.
  • Die stärksten Rückgänge verzeichneten die Forschenden nach der Einführung von kostenlosen Antigen-Schnelltests, der Verschärfung der Vorschriften zum Tragen von medizinischen Masken im öffentlichen Nahverkehr und im Einzelhandel sowie des persönlichen Bewegungsradius und Zusammenkünften.

Genomsequenzen zur Verfolgung von SARS-CoV-2-Varianten

Für die Analyse nutzten die Forschenden Genomsequenzen der vorherrschenden Virus-Varianten. Diese waren in vielen Ländern während der Pandemie überwacht worden um die Ausbreitung und das Auftreten neuer Varianten zu verfolgen.

Anhand der Genomsequenzen konnte die räumliche Ausbreitung und die Entwicklung der Virusstämme rekonstruiert werden, erläutert Erstautorin Sama Goliaei. "Wir haben aus diesem Pool 1,8 Millionen SARS-CoV-2-Genomdaten verwendet, die zwischen dem Ende des Jahres 2020 und Anfang 2021 – also im Verlauf der dritten Pandemiewelle in Deutschland – gesammelt wurden."

Um herauszufinden, wie die Einführung von Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie die Ausbreitung von SARS-CoV-2-Virusvarianten beeinflusste, nutzen die Forschenden den neuen Ansatz der sog. phylogeographischen Bayes-Analyse.

Die Bayes'sche Phylogeographie verwendet spezielle statistische Methoden, um räumliche und zeitliche Muster der Bewegung und Entwicklung von Arten zu identifizieren. Bei diesem Ansatz werden Informationen aus genetischen Daten wie DNA-Sequenzen mit geographischen Daten kombiniert, um die Ausbreitung und Divergenz von Populationen zu rekonstruieren.

Nicht-pharmazeutische Interventionen und SARS-CoV-2 in Deutschland

Anhand von 3 Stichprobenstrategien ermittelten die Forschenden die nach Deutschland eingeschleppten SARS-CoV-2-Linien und den jeweiligen Zeitpunkt der Einschleppung. Um den Einfluss der Interventionen auf Einschleppung und Verbreitung dieser Linien herauszufinden, fasste die Gruppe Informationen aus veröffentlichten Quellen zu über 4000 in Deutschland umgesetzten Interventionen zusammen und klassifizierte diese dann in insgesamt 12 übergeordnete nicht-medikamentöse Maßnahmen.

Die Einführungs- und Anwendungszeiträume der Maßnahmen wurden mit dem geographischen und zeitlichen Vorkommen der Viruslinien in Relation gesetzt, um den Einfluss der Interventionen auf die Einschleppung des Virus und dessen Verteilung innerhalb von Deutschland zu bestimmen.

Schnelltests und Atemschutzmasken besonders effektiv

"Besonders nach der Bereitstellung kostenloser Antigen-Schnelltests und dem Verschärfen der Vorschriften zum Tragen von medizinischen Atemschutzmasken erfolgte ein starker Rückgang bei der Einschleppung neuer SARS-CoV-2-Varianten nach Deutschland“, erklärt Mohammad-Hadi Foroughmand-Araabi. Diese Maßnahmen schränken den Alltag nicht so stark ein wie beispielsweise Kontaktverbote und könnten daher bei zukünftigen Pandemien schnell und umfassend ergriffen werden, um der Virusausbreitung zu begegnen.

„Die Ergebnisse der Analysen haben nicht nur Erkenntnisse zum Virusverhalten während einer Pandemie gebracht“, resümiert Gruppenleiterin Prof. Alice McHardy. „Ganz wesentlich ist auch, dass die in der Studie angewandte Methodik dazu beitragen kann, bei möglichen zukünftigen Pandemien schon in der Frühphase Zusammenhänge zwischen Umweltfaktoren und Verbreitung des Erregers auszumachen. Auf diese Weise könnten schneller Hinweise auf die Effektivität von bestimmten NPI erhalten werden.“

Quelle: Deutsches Zentrum für Infektionsforschung