
Der Global Burden of Disease Report unterstreicht die dramatische Sepsis-Belastung und den dringenden Reformbedarf in Deutschland.
In Kürze:
- 2021 starben hierzulande 211.000 Menschen an Sepsis (247 pro 100.000 Ew.), deutlich mehr als in Ländern wie Australien oder der Schweiz.
- Die Überlebenschancen sind besonders bei Harnwegs- und Bauchraum-Infektionen schlechter, auch Neugeborene sind stärker gefährdet.
- Sepsis verursacht zudem 32,7 Mrd. € Behandlungskosten jährlich.
- Die Sepsis Stiftung fordert eine konsequente Umsetzung der WHO-Resolution, um Todesfälle um bis zu 50 % zu senken.
"Global Burden of Disease"-Bericht
Ziel des Berichts war die Analyse der weltweiten und nationalen Entwicklung von Sepsis-Fällen und -Sterblichkeit zwischen 1990 und 2021. Dafür untersuchten die Autoren Gesundheitsdaten aus über 200 Ländern.
Die globalen Schätzungen gehen für das Pandemiejahr 2021 von 166 Millionen Sepsisfällen und 21,4 Millionen Sepsis-bezogenen Todesfällen weltweit und in Deutschland von 211.000 Todesfällen aus. Dies bedeutet, dass weltweit jeder 3. Todesfall und Deutschland jeder 5. Todesfall durch eine Sepsis bedingt war.
Deutschland im internationalen Vergleich: Sepsis-Sterberate steig
Während die weltweite Sepsis-Sterberate pro 100.000 Einwohner zwischen 1990 und 2019 von 309 auf 182 zurückging, stieg sie in Deutschland im gleichen Zeitraum von 148 auf 163 pro 100.000 Einwohner an. Im Jahr 2021 stieg die Rate in Deutschland auf 247 pro 100.000 Einwohner, global auf 270.
Sepsis-Sterberate pro 100.000 Einwohner
1990 | 2019 | 2021 | |
Deutschland | 148 | 163 | 247 |
Australien | 87 | 101 | 109 |
Norwegen | 177 | 137 | 148 |
Schweiz | 128 | 116 | 158 |
Diese Zahlen zeigen, dass die Sepsis-Sterblichkeit in Deutschland konträr zur Entwicklung in vielen vergleichbaren Industriestaaten verlief. Die Überlebenschancen bei Sepsis sind in Deutschland signifikant geringer:
- Die Wahrscheinlichkeit, an einer Sepsis aufgrund eines Harnwegsinfekts zu versterben, ist hierzulande etwa 30 % höher.
- Bei einer durch eine Infektion im Bauchraum ausgelösten Sepsis sind die Überlebenschancen um 47 % geringer als in der Schweiz.
- Auch bei Neugeborenen ist das Risiko, an einer Sepsis zu versterben, mit 12 Todesfällen pro 100.000 Geburten deutlich höher als beispielsweise in Norwegen (7,5 pro 100.000 Geburten).
Kosten und Handlungsaufforderung
Die seit 30 Jahren auf hohem Niveau stagnierende Sepsis-Sterblichkeit und die damit verbundenen Langzeitfolgen bedeuten nicht nur unsagbares menschliches Leid, sondern verursachen auch jährliche Behandlungskosten in Höhe von 32,7 Milliarden Euro. Diese Summe entspricht etwa 6,5 % der gesamten Gesundheitsausgaben in Deutschland. Die Sepsis Stiftung fordert daher die konsequente Priorisierung von Sepsis im Gesundheitssystem gemäß der von Deutschland 2017 wesentlich voran-getriebenen WHO Sepsis Resolution.
Die Umsetzung der in anderen Ländern erfolgreichen Maßnahmen und Vorgaben durch Bund, Länder und den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) könnte zu einer Senkung der Sepsis-Sterblichkeit um bis zu 50 % führen. Durch das Erreichen dieses Ziels könnten in Deutschland täglich etwa 190 Sepsistodesfälle vermieden und 370 Betroffene vor schwerwiegenden Langzeitfolgen bewahrt werden. Zudem würde das Gesundheitssystem jährlich um zweistellige Milliardenbeträge entlastet.
Der Vorsitzende der Sepsis Stiftung, Prof. Dr. Konrad Reinhart, betont: „Die Bundesregierung fand für ihre Vorreiterrolle bei der Annahme der WHO-Resolution international große Anerkennung. Die bisher fehlende Umsetzung im eigenen Land unterminiert jedoch die Glaubwürdigkeit der Politik. Die nunmehr nicht länger zu leugnende Dimension des Problems, bietet für die neue Gesundheitsministerin Nina Warken gemeinsam mit der Bundes- und den Länderregierungen eine große Chance, die meist durch Partikularinteressen geprägten Widerstände gegen eine evidenzbasierte und Gemeinwohl orientierte Gesundheitspolitik zu überwinden.“
Quelle: Sepsis Stifung

