
Die ambulante Versorgung chronischer Schmerzpatient*innen weist Verbesserungspotenzial auf, lautet ein Ergebnis der Studie.
Deutschland gehört weltweit zu den Ländern mit dem höchsten Pro-Kopfverbrauch opioidhaltiger Schmerzmittel. Diese werden insbesondere bei starken chronischen Schmerzen als Langzeittherapie eingesetzt und bergen das Risiko erheblicher Nebenwirkungen. Deshalb werden besondere Anforderungen an die ärztliche Betreuung gestellt.
Die neuen Studienergebnisse zeigen u.a.:
- Rund 2 Prozent der Studienteilnehmer*innen über 18 Jahre erhielten eine Opioid-Langzeittherapie wegen chronischer Schmerzen.
- Frauen bekamen fast 3-mal so häufig Langzeitverordnungen wie Männer.
Für die Studie wurden Versicherte der DAK-Gesundheit mit Rücken- oder Arthroseschmerzen sowie Ärzt*innen verschiedener Fachrichtungen befragt. Zudem wurden Daten der DAK-Gesundheit zur Versorgung von chronischen Schmerzpatient*innen in Opioid-Langzeittherapie ausgewertet.
In dem nun abgeschlossenen Innovationsfondsprojekt untersuchten Wissenschaftler*innen des Lehrstuhls für Medizinmanagement der Universität Duisburg-Essen (UDE) von Prof. Dr. Jürgen Wasem gemeinsam mit der DAK-Gesundheit und dem Berufsverband der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten in der Schmerz- und Palliativmedizin in Deutschland (BVSD) die aktuelle Versorgungslage in der Opioid-Therapie.
Problemfelder in der Opioid-Therapie
Als Gesamtergebnis der Studie konnten in der Versorgung von Menschen mit Langzeitanwendung von Opioiden 5 Problemfelder festgestellt werden:
- Lange Verordnungshistorie: Knapp die Hälfte der 113.476 eingeschlossenen DAK-Versicherten mit Opioid-Langzeitverordnungen wies auch im kompletten Vorjahr Opioid-Verordnungen auf. Lediglich jeder Zehnte mit derart langer Vorgeschichte konnte seine Opioid-Behandlung im Studienzeitraum beenden.
- Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen und fehlende Multimodalität: Neben Opioid-Verordnungen sollten Patient*innen mit chronischen Schmerzen auch nicht-medikamentöse Maßnahmen wie Krankengymnastik und Psychotherapie erhalten. Dies ist aber bei einem Fünftel der Patient*innen gar nicht und bei vielen weiteren nur zeitweise der Fall.
- Opioid-Verordnung durch mehrere Ärzt*innen: Etwa ein Drittel der Versicherten erhält Opioide von mindestens 3 Ärzt*innen innerhalb von 2 Jahren. Sowohl Ärzt*innen als auch Patient*innen sehen aber Schwierigkeiten in der Koordination zwischen den behandelnden Ärzt*innen.
- Opioid-Abhängigkeit: Knapp 3 Prozent der Versicherten weisen Diagnosen hinsichtlich eines schädlichen Gebrauchs des Medikaments auf. Hierbei scheinen eher Männer, jüngere Menschen und Personen mit psychischen Problemen betroffen zu sein.
- Versorgungsqualität: Diese weist in der ambulanten Versorgung chronischer Schmerzpatient*innen Verbesserungspotenzial auf. Nur knapp ein Drittel der Schmerzpatient*innen gab an, dass mit ihnen ein umfassendes Behandlungskonzept erarbeitet wurde. Auch der Mangel an qualifizierten Schmerzmediziner*innen könnte hierfür ein Grund sein.
Handlungsansätze und Maßnahmen
In dem Projekt erarbeiteten die Wissenschaftler*innen auch gesundheitspolitische Handlungsansätze und Maßnahmen, die diese Problemfelder adressieren. Diese beziehen sich auf die allgemeinen Rahmenbedingungen, z.B.:
- Anpassungen der medizinischen Leitlinie,
- Berücksichtigung der Schmerztherapie in der Bedarfsplanung,
- ärztliche Leistungserbringung wie Suchtmonitoring,
- Empowerment der Patient*innen, beispielsweise durch Informationskampagnen.
Die Studie „Opioidhaltige Analgetika – Untersuchung zu Entwicklungstrends in der Versorgung bei nicht-tumorbedingten Schmerzen (Op-US)“ wurde mit Mitteln des Innovationsausschusses beim Gemeinsamen Bundesausschuss gefördert.
Quelle: Berufsverband der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten in der Schmerz- und Palliativmedizin in Deutschland