Cannabis als MedizinCannabisarzneimittel: Besonders Palliativpatient*innen profitieren

Besonders Schmerz- und Palliativpatient*innen können von Cannabisarzneimitteln profitieren. In vielen Fällen wird eine Verbesserung der Symptome und der Lebensqualität berichtet.

Marihuanablüte
Melica/stock.adobe.com

A large green flowering bud on a marijuana plant. Marijuana plant at flowering stage growing outdoor. Medical marijuana with marijuana bud.

Im Juli hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) den Abschlussbericht der Begleiterhebung zur Verschreibung und Anwendung von Cannabisarzneimitteln veröffentlicht. In vielen Fällen wurde eine Verbesserung der Symptome und der Lebensqualität bei gutem Sicherheitsprofil berichtet. „Bezogen auf Menschen mit chronischen Schmerzen bestätigen die Ergebnisse unsere Erfahrungen aus der Praxis“, sagt Dr. Johannes Horlemann, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. (DGS). Besonders Palliativpatienten können seiner Erfahrung nach von den Cannabiswirkungen profitieren.

Nach Ausschöpfung der Standardtherapien kann seit März 2017 Cannabis in bestimmten Fällen nach Genehmigung der Krankenkasse verordnet werden. Verknüpft mit der Einführung von Cannabis als Medizin war der Auftrag an das BfArM zu einer Begleiterhebung. Die Ergebnisse wurden nun veröffentlicht.

Die wichtigsten Ergebnisse der Begleiterhebung im Überblick:

  • 76,4 % Einsatz bei chronischen Schmerzen
  • 75 % der Fälle Verbesserung der Symptomatik
  • 70% der Fälle Verbesserung der Lebensqualität
  • verordnete Arzneimittel: Dronabinol (62,2 %), Blüten (16,5 %), Extrakte (13 %), Sativex® (8 %)
  • mittlere Tagesdosis an THC bei Verwendung von Dronabinol, Cannabisextrakten und Sativex®: ca. 15 mg
  • mittlere Tagesdosis an THC bei Verwendung von Cannabisblüten: 249 mg
  • Nebenwirkungen waren häufig, aber in der Regel nicht schwerwiegend (Müdigkeit und Schwindel)
  • mit Cannabisblüten Behandelte bewerten den Therapieerfolg höher

Positive Effekte besonders in der Palliativmedizin

Die wichtigste Nachricht aus dem Abschlussbericht ist für Horlemann, dass Cannabinoide schwerkranken Menschen helfen können, wenn Standardtherapien erschöpft sind. „Viele Patienten berichten über positive Effekte und wenig Nebenwirkungen, wenn die Dosis vorsichtig auftitriert wird. Selbst Patienten oberhalb des 70. Lebensjahres berichten von einer guten Verträglichkeit“, so Horlemann. Die Bandbreite der Wirkungen komme seiner Erfahrung nach besonders Palliativpatienten zugute.

So wie die Autoren des Abschlussberichts sieht Horlemann die hohe THC-Dosis bei der Anwendung von Cannabisblüten kritisch: „Das Risiko von Missbrauch und Abhängigkeit ist beim Einsatz von Cannabisblüten eindeutig höher als bei anderen Applikationsformen, da häufig übertherapeutische Dosierungen erreicht werden.“

Weitere Evidenz erforderlich

Insgesamt hoffe die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin auf eine Verbesserung der Evidenzlage. Denn: „Cannabinoide können nicht jedem Patienten helfen“, so Horlemann. Außerdem bekräftigt der DGS-Präsident, dass die Verordnung dieser besonderen Substanzen eine Schulung der entsprechenden Fachgruppen erfordert.

Bei der Begleiterhebung zur Anwendung von Cannabisarzneimitteln handelt es sich um eine nicht-interventionelle Untersuchung. BfArM und DGS weisen übereinstimmend darauf hin, dass die Daten klinische Studien nicht ersetzen können und bedauern, dass viele Ärzt*innen die Verordnungen nicht gemeldet hatten. Von etwa 70.000 genehmigten Verordnungen zulasten der gesetzlichen Krankenversicherungen wurden nur 21.000 Fälle an das BfArM gemeldet.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin