Typ-2-Diabetiker*innen haben ein mehr als doppelt so hohes Risiko eine kardiovaskuläre Erkrankung zu entwickeln wie Gesunde. Die European Society of Cardiology hat in ihren aktuellen Leitlinien zum Management kardiovaskulärer Erkrankungen Empfehlungen zur Risikoreduktion bei Diabetespatient*innen publiziert.
Die Leitlinien empfehlen: Lebensstiländerungen
Die wichtigsten Eckpfeiler zur Risikoreduktion sind:
- Gewichtsreduktion bei übergewichtigen Patient*innen
- Rauchstopp
- mediterrane/pflanzenbasierte Ernährung reich an ungesättigten Fettsäuren
- Bewegung: Jeder Schritt zählt
- Training: pro Woche 150 Minuten mäßig intensives oder 75 Minuten intensives Training
Nach aktuellen Schätzungen leiden etwa 25-40 Prozent der Patient*innen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen an einem unerkannten Diabetes. Das Vorliegen beider Erkrankungen hat großen Einfluss auf die Prognose und Behandlung. Die Leitlinien empfehlen deshalb ein systematisches Diabetes-Screening bei diesen Patient*innen. Umgekehrt sollten Diabetes-Patient*innen auf das Risiko und das Vorliegen einer kardiovaskulären Erkrankung untersucht werden.
Neuer Risikoscore: SCORE2-Diabetes
In den Leitlinien wurde der neue SCORE2-Diabetes eingeführt. Darin werden die konventionellen kardiovaskulären Risikofaktoren (Alter, Rauchen, Blutdruck, Cholesterin) sowie Diabetes-spezifische Informationen (Alter bei Diagnose, Blutzuckerwert, Nierenfunktion) integriert. Ziel ist die Risikoklassifikation für den jeweiligen Patienten in niedrig, moderat, hoch, sehr hoch.
Behandlungsempfehlungen
Auf Basis großer klinischer Studien wurden die Empfehlungen für Patient*innen mit Diabetes und kardiovaskulären Erkrankungen revidiert. Empfohlen werden:
- SGLT2-Inhibitoren und/oder GLP-1-Rezeptorantagonisten um das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall zu reduzieren - unabhängig von der Glukosekontrolle und zusätzlich zur Standardversorgung mit Thrombozytenaggregationshemmern, Blutdruck- und Lipidsenkern.
- Mindestens 1-mal jährlich sollte ein Screening auf chronische Nierenerkrankungen erfolgen (Messung der glomerulären Filtrationsrate und des Albuminspiegels im Urin). Zusätzlich zur Standardversorgung empfehlen die Leitlinien einen SGLT2-Hemmer und/oder Finerenon, um das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Nierenversagen zu reduzieren.
- Bei Vorliegen von Risikofaktoren sollte ein Screening auf Vorhofflimmern erfolgen, da das Risiko mit jedem Diabetesjahr um 3 Prozent wachse.
Frauen in Studien unterrepräsentiert
Diabetes ist bei Frauen ein stärkerer Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen als bei Männern. Studien zeigen, dass Frauen seltener die empfohlenen Therapien erhalten und in Studien unterrepräsentiert sind. Die Leitlinienautor*innen empfehlen, geschlechtergerechte Rekrutierungsstrategien für künftige Studien und Analysen, die sich mit Geschlechterunterschieden befassen. Es sollten zudem alle Anstrengungen unternommen werden, dass Frauen die gleichen Chancen bei der Herz-Kreislauf- und Diabetestherapie erhalten wie Männer.
Quelle: European Society of Cardiology/Ni