GesundheitspolitikZuckerreduktion in Softdrinks: Hersteller nicht auf Kurs

Der durchschnittliche Zuckergehalt ist in den letzten 6 Jahren nur etwa 2 Prozent gesunken. Mit der Branche vereinbart waren 15 Prozent bis 2025.

Limo, Cola, Wasser, Tee nebeneinander
K. Oborny/Thieme

15 Prozent weniger Zucker in Softdrinks: Die Industrie bleibt bislang deutlich hinter diesem Ziel zurück.

Fachgesellschaften kritisieren den hohen Zuckergehalt in Softdrinks schon lange als Treiber für chronische Krankheiten wie Diabetes, Adipositas, aber auch Nierenerkrankungen. Eine neue Studie zeigt: Der durchschnittliche Zuckergehalt von Softdrinks in Deutschland ist zwischen 2015 und 2021 lediglich um etwa 2 Prozent gesunken.

Der Studie zufolge ist die Getränkeindustrie nicht auf Kurs, die selbst gesteckten Ziele zur Zuckerreduktion zu erreichen. In der Nationalen Reduktionsstrategie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) ist vereinbart, den Zuckergehalt von Softdrinks von 2015 bis 2025 auf freiwilliger Basis um 15 Prozent zu senken.

„Wenn sich der Trend so fortsetzt, würde das Ziel ‚15 Prozent weniger Zucker‘ erst in Jahrzehnten erreicht“, resümiert Oliver Huizinga von der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG). „Appelle an die Industrie reichen nicht aus. Die Regierung muss endlich effektive Maßnahmen ergreifen, damit der Zuckergehalt in Softdrinks deutlich zurückgeht“, sagt Barbara Bitzer von der Deutschen Diabetes Gesellschaft.

30 Prozent weniger Zucker in Großbritannien

Dr. Peter von Philipsborn, Hauptautor der Studie, verweist auf Beispiele für wirkungsvollere Ansätze: "In Großbritannien ist der Zuckergehalt im gleichen Zeitraum um knapp 30 Prozent gefallen, bei ähnlichen Ausgangswerten." Die britische Regierung hatte 2018 eine Hersteller-Abgabe auf stark gezuckerte Getränke eingeführt, um den Zuckergehalt in Softdrinks zu senken. Dieser Ansatz habe sich als sehr wirkungsvoll erwiesen.

Die damalige Bundesernährungsministerin Julia Klöckner hatte im Jahr 2018 die „Nationale Reduktionsstrategie“ für Fertiglebensmittel ins Leben gerufen. In diesem Rahmen hat sich die Getränkeindustrie freiwillig dazu verpflichtet, den absatzgewichteten Zuckergehalt von Softdrinks im Zeitraum 2015 bis 2025 um 15 Prozent zu reduzieren. Die aktuelle Studie zeigt, dass die Industrie bislang deutlich hinter diesem Ziel zurückbleibt. Rechnerisch hätte von 2015 bis 2021 eine Reduktion um 9 Prozent erfolgen müssen, um auf Kurs zu sein.

Deutschland: 0,1 g weniger Zucker pro 100 ml

Der Studie zufolge lag der durchschnittliche absatzgewichtete Zuckergehalt von Softdrinks in Deutschland im Jahr 2015 bei 5,3 Gramm je 100 Milliliter und im Jahr 2021 bei 5,2 Gramm je 100 Milliliter. Zum Vergleich: In Großbritannien ist der Zuckergehalt im gleichen Zeitraum von ebenfalls 5,3 Gramm je 100 Milliliter auf 3,8 Gramm je 100 Milliliter gesunken.

Weltweit haben mittlerweile mehr als 50 Regierungen eine Abgabe oder Steuer auf Zuckergetränke eingeführt. Medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaften, die Weltgesundheitsorganisation, Verbraucherschützer und auch Krankenkassen empfehlen seit Jahren die Einführung einer entsprechenden Regelung auch in Deutschland. Das Bundesernährungsministerium hatte im Mai 2022 gegenüber der Lebensmittelzeitung angegeben, auf neue Erkenntnisse aus der Forschung zu warten und diese in die „Positionierung bezüglich einer möglichen Einführung einer Zuckersteuer in Deutschland“ einzubeziehen.

Die Studie wurde von der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) in Zusammenarbeit mit Wissenschaftler*innen der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und der Technischen Universität München (TUM) durchgeführt.

Quelle: Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten 

Literatur

Philipsborn P, Huizinga O, Leibinger A. Interim Evaluation of Germany’s Sugar Reduction Strategy for Soft Drinks: Commitments versus Actual Trends in Sugar Content and Sugar Sales from Soft Drinks. Annals of Nutrition and Metabolism 2023; https://doi.org/10.1159/000529592