TraubensilberkerzeCimicifuga bei Wechseljahresbeschwerden durch Chemotherapie?

Wenn die Krebstherapie das weibliche Hormonsystem beeinträchtigt, kann Cimicifuga eine Option sein – empfiehlt die ärztliche Leitlinie.

Blüten von Cimicifiga racemosa
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Studien konnten zeigen: Cimicifuga kann bei Frauen mit Wechseljahresbeschwerden unter der Krebstherapie hilfreich sein. Insbesondere bei Hitzewallungen und Schweißausbrüchen.

Nicht nur die Krebserkrankung selbst, auch deren Behandlung ist eine Belastung für Betroffene. Besonders Chemotherapeutika haben eine Vielzahl von Nebenwirkungen. Sie können unter anderem die Funktion von Immunsystem, Verdauung, Nervenzellen oder Blutbildung beeinträchtigen. 

Bei Frauen kann es im Rahmen einer Chemotherapie zu Wechseljahresbeschwerden kommen. Viele Chemotherapeutika greifen nicht nur Krebszellen an, sondern können auch die Funktion der Eierstöcke beeinträchtigen. Dies kann in den Eierstöcken die Produktion von Hormonen wie Östrogen und Progesteron stark einschränken. Dieser plötzliche Hormonabfall kann Wechseljahresbeschwerden auslösen, unabhängig vom biologischen Alter der Patientin. Häufige Symptome sind Hitzewallungen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen und vaginale Trockenheit.

Diese Beschwerden können sehr belastend sein und die Lebensqualität erheblich einschränken. Daher ist es besonders wichtig, ihr Auftreten mit den behandelnden Ärzten zu besprechen. Wie viele anderen Nebenwirkungen der Krebstherapie können auch Chemotherapie-bedingte Wechseljahresbeschwerden gelindert werden. Dafür stehen dem Ärzteteam unterschiedliche Optionen zur Verfügung – auch naturheilkundliche.

Die Empfehlungen der Leitlinie

Leitlinien sind eine wichtige Unterstützung in der ärztlichen Arbeit. Sie bieten evidenzbasierte Handlungsempfehlungen und werden in Zusammenarbeit von über 150 medizinischen Vereinigungen erstellt. Zunehmend fließen in die Leitlinien auch naturheilkundliche und phytotherapeutische Empfehlungen ein. Dafür sorgen die Deutsche Gesellschaft für Naturheilkunde und die Gesellschaft für Phytotherapie. Sie halfen bei der Erstellung der „S3-Leitlinie Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen PatientInnen“ mit, die im Jahr 2024 in der zweiten Version erschienen ist.

In dieser Leitlinie werden zu den unterschiedlichen Beschwerden, die im Rahmen einer Krebserkrankung und deren Therapie auftreten können, naturheilkundliche Optionen unter die Lupe genommen. Die vorhandene Studienlage wird hierfür ausgewertet und bewertet und mündet in einer Empfehlung der Leitlinienautoren [1].

Empfehlungen zu Cimicifuga racemosa

Ausführlich widmet sich die Leitlinie auch der Studienlage zu Cimicifuga racemosa (Traubensilberkerze). Mehrere klinische Studien zeigten bisher, dass Cimicifuga bei Frauen, die aufgrund der Krebstherapie unter Wechseljahresbeschwerden litten, hilfreich sein könnte. Insbesondere Hitzewallungen und Schweißausbrüche linderten sich in den Studien [2].

Die Leitlinie kommt zu dem Schluss:

 Der Einsatz von Cimicifuga racemosa kann zur Senkung von menopausalen Symptomen wie Hitzewallungen während der Krebstherapie aufgrund der vorliegenden Studiendaten erwogen werden [1].

Das bedeutet für den Arzt nicht, dass er Cimicifuga verordnen muss oder sollte. Das bedeutet, dass er – sofern er das sinnvoll findet – Cimicifuga empfehlen kann.

HMPC, Kommission E und ESCOP sprechen sich für eine Anwendung von Cimicifuga bei Wechseljahresbeschwerden aus. Chemotherapie-bedingte Wechseljahresbeschwerden werden jedoch in den offiziellen Monografien nicht explizit aufgeführt. Eine Anwendung bei dieser Indikation kann aufgrund der „S3-Leitlinie Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen PatientInnen“ erfolgen.

In welcher Form Cimicifuga eingenommen wird

Für die Anwendung während einer Chemotherapie rate ich zu Cimicifuga-haltigen Arzneimitteln, sofern der behandelnde Arzt deren Einsatz zustimmt. Diese sind in Apotheken erhältlich und bieten eine verlässliche Qualität. Wichtig ist, sich vor der Anwendung die Packungsbeilage genau durchzulesen und mit einer Apothekerin oder einem Arzt Punkte zu klären, die noch unklar sind. Sofern mit dem Arzt nichts anderes besprochen ist, kann die in der Packungsbeilage empfohlene Dosierung angewendet werden. 

Bitte beachten: Cimicifuga sollte während der Schwangerschaft und Stillzeit nicht angewandt werden. Da die Pflanze in der Vergangenheit in Einzelfällen zu einer Einschränkung der Leberfunktion führte, sollte ihr Einsatz bei erhöhten Leberwerten oder Lebererkrankungen sorgfältig im ärztlichen Gespräch abgewogen werden. Dies gilt auch für Frauen mit einem östrogenabhängigen Tumor (z. B. Brustkrebs). Es gilt zwar heute als unwahrscheinlich, dass Cimicifuga das Wachstum hormonsensitiver Krebsarten anregt, gänzlich ausgeschlossen werden kann es aus Sicht der European Medicines Agency (EMA) jedoch noch nicht [3].

Mögliche Nebenwirkungen, die nach Einnahme von Cimicifuga auftreten können, sind: Hautrötungen, Gesichtsschwellungen und Magen-Darm-Beschwerden wie Blähungen und Durchfall. Tritt eine dieser Nebenwirkungen auf, ist mit der Einnahme von Cimicifuga zu pausieren und ärztlicher Rat einzuholen.

Wechselwirkungen, die mit der Anwendung von Cimicifuga im Zusammenhang stehen, sind bis heute nicht bekannt. 

Und zum Schluss

Bisherige Daten lassen darauf schließen, dass Cimicifuga eine interessante Option bei Chemotherapie-bedingten Wechseljahresbeschwerden sein könnte. Ihr Einsatz sollte jedoch stets erst nach ärztlicher Rücksprache erfolgen. Auch wenn Cimicifuga in der Leitlinie erwähnt wird, bedeutet das nicht, dass jeder Arzt von dieser Option Kenntnis hat. Solltest Du unter Wechseljahresbeschwerden während der Krebstherapie leiden und an einer Behandlung mit Cimicifuga interessiert sein, ist es sinnvoll, den behandelnden Ärzten die oben erwähnte Leitlinie zu nennen. 

Wichtiger Hinweis!

Wie jede Wissenschaft ist die Heilpflanzenkunde ständigen Entwicklungen unterworfen. Soweit in diesem Beitrag medizinische Sachverhalte, Anwendungen und Rezepturen beschrieben werden, handelt es sich naturgemäß um allgemeine Darstellungen, die eine individuelle Beratung, Diagnose und Behandlung durch eine Ärztin, einen Arzt oder eine/einen Apothekerin nicht ersetzen können. Jede/Jeder Nutzende ist für die etwaige Anwendung und vorherige sorgfältige Prüfung von Dosierungen, Applikationen oder sonstigen Angaben selbst verantwortlich. Autoren und Autorinnen und Verlag haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass diese Angaben bei ihrer Veröffentlichung dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung für Schäden oder andere Nachteile ist jedoch ausgeschlossen.

Für die meisten Heilpflanzen fehlen Studien zu Unbedenklichkeit bei der Anwendung in der Schwangerschaft und während der Stillzeit, sowie bei Säuglingen, (Klein-)Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Alle beschriebenen Anwendungen sollten daher, sofern nicht ausdrücklich im Beitrag anders beschrieben, bei diesen Personen und in diesen Lebensphasen nicht ohne ärztliche Zustimmung angewendet werden.

  1. Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): S3-Leitlinie Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen PatientInnen, Langversion 2.0, AWMF-Registernummer: 032-055OL. 2024.  Zugriff am 05.02.2025 unter: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/komplementaermedizin/
  2. Fritz H, Seely D, McGowan J et al. Black cohosh and breast cancer: a systematic review. Integr Cancer Ther. 2014; 13: 12-29
  3. European Medicines Agency CoHMP. Assessment report on Cimicifuga racemosa (L) Nutt, rhizoma. Januar 2025. Zugriff am 27.03.2025 unter: https://www.ema.europa.eu/en/documents/herbal-report/draft-assessment-report-hypericum-perforatum-l-herba-cimicifuga-racemosa-l-nutt-rhizoma_en.pdf

Heilpraktiker mit dem Therapieschwerpunkt Phytotherapie

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