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Das Zeitalter der „Diabetesdiät“
In der Vorinsulinära war eine strenge Diät die einzige Therapieoption, um das Leben von Menschen mit Diabetes mellitus (zwischen Typ-1- und Typ-2-Diabetes konnte man damals noch nicht unterscheiden) zumindest noch über einen gewissen Zeitraum zu verlängern. Dies wurde in erster Linie durch eine Reduktion der Kohlenhydrate über die Nahrung erreicht. Bei der Vielzahl von unterschiedlichen Diätregimen (s. Kasten) waren die Diätstrategien von Carl von Noorden (1885–1944) wohl die erfolgreichsten, da diese erstaunlicherweise bis zum heutigen Tag (kaum veränderte KE-Tabellen!) noch Anwendung finden.
Merke
Begrenzte und standardisierte Mengen an Kohlenhydraten als Diätstrategie bei Diabetes waren bereits erfolgreich, bevor die medikamentöse Therapie weit verbreitet war.
Carl von Noorden passte den Kohlenhydratgehalt der Nahrung an die Restfunktion der Bauchspeicheldrüse an, indem er unter stationären Bedingungen ermittelte, wie viele Kohlenhydrate pro Tag ohne Glukosurie noch verzehrt werden konnten. Passend dazu entwickelte er eine „Äquivalenttabelle für Weißbrötchen“ (20 g Weißbrötchen=12 g Kohlenhydrate), um Austauschmöglichkeiten für die Diätpläne zu schaffen. In dieser Zeit standen auch schon „Spezialgebäcke für ‚Zuckerkranke‘“ wie „Goldmann Antizuckerbrot“ oder „Kellog‘s 80% Glutenbisquits“ zur Verfügung. Patienten mit einer Ketoazidose behandelte Carl von Noorden mit der „Haferkur“, die in ihrer ursprünglichen Art nur wenig Gemeinsamkeiten mit den heutigen Hafertagen hat [1] [5].
Historische Diätstrategien zur Verbesserung der Glukosewerte [1] [5]
- Strenge Reduktion der kohlenhydrathaltigen Lebensmittel durch Empfehlung einer ausschließlichen Fleischdiät (z. B. animalische Kost nach Rollo, Diät nach Cantani)
- Verbot von speziellen kohlenhydrathaltigen Lebensmitteln, wie beispielsweise Brot zugunsten von Kartoffeln (Kartoffeldiät nach Mossé)
- Nahezu isolierter und limitierter Einsatz spezieller kohlenhydrathaltiger Lebensmittel (Haferkur nach Carl v. Noorden, Weizenmehlkur nach Blum)
- Limitierte und standardisierte Kohlenhydrataufnahme (Weißbrötcheneinheit nach Carl v. Noorden)
- Drastische Reduktion der Gesamtkalorien (z. B. Hungerdiät nach Allen)
- Aneinanderreihung verschiedener Diätstrategien (Mehlfrüchtekur nach Falta, eingebettet in eine Abfolge von folgenden Kostformen: 1. Eiweiß-Fett-Kost, 2. Probekost, 3. Gemüsekost, 4. Hungertage, 5. Mehlfrüchtekost [Amylazeen])
- Strenge Eiweißreduktion zugunsten einer sehr hohen Fettzufuhr (Fettdiät nach Petrén)
Die Ernährungsempfehlungen, die im Folgenden beschrieben werden, gelten für Menschen mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes gleichermaßen, die zusätzlichen speziellen Empfehlungen für Typ-1-Erkrankte auf der Grundlage der DDG-Praxisempfehlungen von 2022 [2] wurden bei den einzelnen Punkten integriert.
Transition zur gesunden Ernährung
Die Begrenzung der kohlenhydrathaltigen Lebensmittel mithilfe von Diätplänen und Kohlenhydrataustauschtabellen (BE/KE-Tabellen) sowie die Planung von Zwischenmahlzeiten inklusive einer Spätmahlzeit wurde vielerorts bis Mitte der 1990er-Jahre praktiziert. Dies war v. a. den damals ausschließlich zur Verfügung stehenden Normalinsulinen mit ihren verhältnismäßig langen Wirkzeiten, der konventionellen Insulintherapie sowie dem breiten Einsatz von Sulfonylharnstoffen geschuldet. Mit der Markteinführung der Insulinanaloga in den 1990er-Jahren wurde diese Diätstrategie endlich durch eine frei wählbare Mahlzeitenfrequenz und BE/KE-Mengen abgelöst. Im Jahr 2005 hat die DDG die erste evidenzbasierte Leitlinie: „Ernährungsempfehlungen zur Behandlung und Prävention des Diabetes mellitus“ herausgegeben. Dem schloss sich im Jahr 2015 die S3-Leitlinie „Ernährungsempfehlungen zur Behandlung des Diabetes mellitus – Empfehlungen zur Proteinzufuhr“ an. Aufgrund der unterschiedlichen medikamentösen und apparativen Therapieansätze (u. a.) bei Typ-1- und Typ-2-Diabetes werden von der DDG nun voneinander getrennte Praxisempfehlungen veröffentlicht, bei denen auch die Ernährungsempfehlungen integriert sind [2].
Grundsätzlich sollen Empfehlungen zur Ernährungs- und Lebensstiländerung nur ausgesprochen werden, wenn hierfür ein evidenzbasierter, klinisch relevanter gesundheitlicher Vorteil erreicht wird oder wenn einer gesundheitlichen Bedrohung vorgebeugt werden kann. Da für Menschen mit Diabetes mellitus weder eine spezifische Ernährungsform oder Diät noch spezifische „Diät-Lebensmittel“ erforderlich sind, gelten für diese Personengruppe die allgemeinen Ernährungsempfehlungen für eine vollwertige Ernährung nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) [3].
D-A-CH-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr
In Deutschland werden allgemeine Ernährungsempfehlungen für die gesunde Bevölkerung von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) herausgegeben (www.dge.de). Diese basieren auf den D-A-CH-Referenzwerten für die Nährstoffzufuhr. Ziel der D-A-CH-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr ist die Erhaltung und Förderung der Gesundheit und der Lebensqualität. Hierbei finden auch spezielle Lebenssituationen wie Alter, Schwangerschaft und Stillzeit Berücksichtigung. Bei den Referenzwerten wird unterschieden zwischen
- empfohlener Zufuhr,
- Schätzwert und
- Richtwert.
Diese Differenzierung ist bei der Bewertung der Ernährungsempfehlungen von großer Bedeutung [3].
Empfohlene Zufuhr
Bei der empfohlenen Zufuhr ist die Bedarfsdeckung von annähernd 98% einer definierten Alters- und Personengruppe der gesunden Bevölkerung gewährleistet [3].
Schätzwerte
Kann der Bedarf nicht genau ermittelt werden bzw. liegen keine Angaben für den durchschnittlichen Bedarf vor, werden Schätzwerte auf der Grundlage von experimentellen Untersuchungen oder aus Daten vom Verzehr des Nährstoffs bei gesunden Personen abgeleitet [3].
Richtwerte
Richtwerte werden für Nährstoffe ausgesprochen, für die der Bedarf sehr stark variiert oder kein essenzieller Bedarf besteht.
Mithilfe der D-A-CH-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr kann abgeschätzt werden, ob die persönliche Nährstoffzufuhr, z. B. im Wochendurchschnitt, der wünschenswerten Zufuhr entspricht. Werden die empfohlenen Nährstoffmengen nicht erreicht, muss jedoch nicht automatisch ein Nährstoffmangel vorliegen, es erhöht sich allerdings die Wahrscheinlichkeit einer Unterversorgung [3].
Merke
Für die Beurteilung der Nährstoffzufuhr von Einzelpersonen benötigt man außer den Referenzwerten noch zusätzliche anthropometrische, biochemische oder klinische Parameter [3].
Praxistipp
Die Referenzwerte haben keine Gültigkeit für Menschen mit Erkrankungen, entleerten Nährstoffspeichern, hohem Konsum an Genussmitteln (Alkohol, Rauchen) oder regelmäßiger Medikamenteneinnahme. Hier bedarf es der Stellungnahme der jeweiligen medizinischen Fachgesellschaften [3].
Empfehlungen bei Diabetes mellitus
Energieversorgung, Körpergewicht und Ernährungsmuster
Besteht über einen längeren Zeitraum ein gesundheitsförderndes Körpergewicht, kann davon ausgegangen werden, dass eine angemessene Energieversorgung vorliegt. Wird eine Gewichtsveränderung angestrebt, muss der Energiebedarf reduziert oder erhöht werden [3].
DDG-Praxisempfehlungen für das Körpergewicht [2]
- Bei Normalgewicht soll ein normales Körpergewicht beibehalten werden.
- Bei bestehendem Übergewicht sollte unregelmäßiges Essen mit einer Energieaufnahme bis spät in den Abend und einem Zeitfenster für die tägliche Nahrungsaufnahme >12 Stunden vermieden werden. Stattdessen sollten die Kalorien überwiegend in der ersten Tageshälfte konsumiert werden, da sich dies günstig auf die Körpergewichtsregulation und das kardiometabolische Risiko auswirken kann.
- Die Empfehlung zur Gewichtsreduktion kann beim Vorliegen von Begleiterkrankungen oder einer Insulinresistenz sinnvoll sein.
- Dabei sollten die Nahrungsqualität und mögliche Hypoglykämien, insbesondere bei Low-Carb-Diäten, beachtet werden, auch können Essstörungen resultieren.
- Eine Empfehlung für das Fasten innerhalb des Tages (<3 Mahlzeiten pro Tag) oder modifiziertes intermittierendes Fasten an einem oder mehreren Tagen die Woche kann nicht gegeben werden.
Protein
Die empfohlene Zufuhr für Protein liegt für Erwachsene bis unter 65 Jahre bei 0,8 g/kg Körpergewicht. Für Erwachsene über dem 65. Lebensjahr wird ein Schätzwert von 1,0 g Protein/kg KG/Tag als angemessen erachtet. Bei Übergewicht (BMI>25 m2) wird das Normalgewicht zur Berechnung herangezogen. Bei körperlicher Belastung (z. B. Breitensport, 4–5×/Woche für 30 Min.) konnte kein erhöhter Proteinbedarf festgestellt werden. Da ein schädigender Effekt einer stark erhöhten Proteinzufuhr (>2 g/kg KG/Tag) nicht ausgeschlossen werden kann, wird bei einer eingeschränkten Nierenfunktion von einem übermäßigen Konsum abgeraten [3].
DDG-Praxisempfehlungen für Proteinzufuhr [2]
- Bei bestehenden Nierenerkrankungen kann unter spezifischen Umständen eine Beschränkung der täglichen Eiweißzufuhr sinnvoll sein.
Fett und Fettsäuren
Der Richtwert für die Fettzufuhr liegt bei Personen mit leichter und mittelschwerer Tätigkeit (PAL>1,4) bei 30% der Gesamtenergie. Personen mit erhöhter körperlicher Aktivität können die Fettzufuhr zugunsten des Nahrungsvolumens auf 35% der Gesamtenergie steigern. Darüber hinaus ist auf eine ausgewogene Verteilung der Fettsäuren zu achten ([Tab. 1]) [3].
Die Cholesterolzufuhr sollte max. 300 mg/Tag betragen.
Art der Fettsäure | Anteil in der Nahrung |
gesättigte Fettsäuren | 7–10% der Gesamtenergie |
Trans-Fettsäuren | < 1% der Gesamtenergie |
mehrfach ungesättigte Fettsäuren (n-6 und n-3) | 7–10% der Gesamtenergie* |
einfach ungesättigte Fettsäuren | Differenz zu o. g. Fettsäuren |
Verhältnis Linolsäure (n-6) zu α-Linolensäure (n-3) | ≤ 5:1 |
DDG-Praxisempfehlungen für den Insulinbedarf für eiweiß- und fettreiche Mahlzeiten [2]
- Die Auswirkungen von Fetten und Eiweißen auf die Glukosewerte sollten eingeschätzt werden können.
- Die Blutzuckerantwort auf sehr fett- bzw. eiweißreiche Mahlzeiten ist individuell unterschiedlich und sollte per Selbstkontrolle ermittelt und dokumentiert werden. Eine Erhöhung der prandialen Insulindosis für eiweißreiche Abendmahlzeiten erhöht das Risiko nächtlicher Hypoglykämien.
Kohlenhydrate
Für die tägliche Kohlenhydratzufuhr wird – unter Berücksichtigung des individuellen Energie- und Proteinbedarfs sowie des Richtwertes für die Fettzufuhr – ein Richtwert von mehr als 50% angegeben. Es wird empfohlen, v. a. ballaststoffreiche Lebensmittel auszuwählen, da diese zusätzlich viele essenzielle Nährstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe enthalten und langsamer absorbiert werden [3].
DDG-Praxisempfehlungen für den glykämischen Index [2]
- Dem individuellen Testen der Glykämieantwort (durch Glukose-Selbstkontrollen) auf die präferierten Lebensmittel und Mahlzeiten kommt eine große Bedeutung zu, um eine adäquate individuelle prandiale Insulinapplikationsstrategie (u. a. über Spritzzeitpunkt und Applikationsmodus bei kontinuierlicher subkutaner Insulininfusion [CSII]) zu entwickeln und umzusetzen.
- Es besteht keine Evidenz, dass zur Erreichung der Therapieziele grundsätzlich Kohlenhydratträger mit niedrigem glykämischem Index (GI) bevorzugt werden sollten.
- Kohlenhydratreiche Lebensmittel mit niedrigem GI (unter ca. 30) sollten mit deutlich weniger prandialem Insulin abgedeckt werden, um – insbesondere bei einer nahezu normoglykämischen Stoffwechselsituation – Hypoglykämien vorzubeugen.
Ballaststoffe
Der Richtwert für die Ballaststoffzufuhr beträgt mindestens 30 g Ballaststoffe/Tag. In der Alterskategorie 25–51 Jahre, PAL 1,4, liegt der tägliche Richtwert bei einer Kalorienzufuhr von 1000 kcal/Tag bei 16,7 g für Frauen und bei 13 g für Männer [3].
DDG-Praxisempfehlung für die Ballaststoffzufuhr [2]
- Der vermehrte Verzehr ballaststoffreicher Lebensmittel scheint einen positiven Effekt auf den Verlauf der postprandialen Glykämie zu haben.
- Mögliche Effekte einer ballaststoffreichen Ernährung auf weitere gesundheitsfördernde Aspekte (z. B. kardiovaskuläre Erkrankungen, Darmgesundheit, Gewichtsmanagement) sind separat und individuell zu betrachten.
Isolierte Kohlenhydrate oder modifizierte Stärke
Zugesetzte isolierte Kohlenhydrate wie Mono- und Disaccharide oder modifizierte Stärke sollten gemieden werden. Die WHO empfiehlt, die Zufuhr an zugesetzten Zuckerarten auf unter 10% der Energiezufuhr zu begrenzen [3].
DDG-Empfehlungen für die Zufuhr von Saccharose und Fruktose und zuckergesüßten Getränken [2]
- Lebensmittel mit natürlich vorkommenden Zuckern (Glukose und Fruktose) sollten nicht eingeschränkt werden.
- Die Evidenzlage für die Empfehlung einer Reduktion von zugesetzter Fruktose ist unsicher.
- Außer im Rahmen der Therapie einer Hypoglykämie sollte die Zufuhr zuckergesüßter Getränke minimiert werden.
DDG-Praxisempfehlung für die Verwendung von Süßstoffen [2]
- Süßstoffe können als gelegentlicher Zusatz in Lebensmitteln und Getränken im Rahmen einer diabetesgerechten Ernährung und Insulintherapie sinnvoll sein und sind, sofern sie unter den jeweiligen Höchstmengen konsumiert werden, gesundheitlich unbedenklich.
Kohlenhydrathaltige Lebensmittel berechnen und schätzen
Bei einer intensivierten Insulintherapie wird das prandiale Insulin v. a. an den Kohlenhydratgehalt der Nahrung angepasst. Dies erfolgt in Deutschland häufig mithilfe sogenannter KE/BE-Faktoren. Auch AID-Systeme (AID = Automatische Insulindosierung) benötigen zu Beginn der Mahlzeit die Eingabe der Kohlenhydratmenge in Gramm, um die kohlenhydratbezogene Insulindosis berechnen zu können.
Bei nahezu allen aktuellen Insulinpumpensystemen sowie Bolusrechnern in medizinischen Apps ist mittlerweile die Eingabe von BE/KE durch die direkte Eingabe von Kohlenhydraten ersetzt worden. Auch wurden die KE/BE-Faktoren (wie viel Insulin wird für eine KE/BE benötigt?) in diesen Diabetes-Devices durch das Insulin-Kohlenhydrat-Verhältnis (1 Einheit Insulin wird für wie viele Gramm Kohlenhydrate benötigt?) ersetzt. Dank der EU-Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) können Menschen mit Diabetes heute bei abgepackten Lebensmitteln schnell den Kohlenhydratgehalt ermitteln, sodass sogenannte KE/BE-Austauschtabellen nicht mehr erforderlich sind. Bedauerlicherweise stehen Menschen mit Diabetes, die an der Gemeinschaftsverpflegung (z. B. Krankenhaus, Schule, Kindergarten) teilnehmen, jedoch nach wie vor nur sehr selten Nährwertangaben zur Verfügung. Wünschenswert wären zumindest in Krankenhäusern verpflichtende Nährwertangaben.
Merke
Bei abgepackten Lebensmitteln ist in der EU der Kohlenhydratgehalt auf dem Etikett ausgewiesen. Bei Mahlzeiten in der Gemeinschaftsverpflegung und im Restaurant ist die Abschätzung der Kohlenhydratmenge deutlich schwerer.
DDG-Praxisempfehlung für das Abschätzen von Kohlenhydratmengen [2]
- Die Menge aufgenommener Kohlenhydrate sollte auf 1 KE (10 g) genau pro Mahlzeit richtig abgeschätzt werden können (als Basis für eine algorithmusgeleitete Dosierung des prandialen Insulins).
- Die individuellen postprandialen Glukoseverläufe sollten bekannt sein.
- Ein wiederholtes Testen einer standardisierten Mahlzeit sollte idealerweise über ein rtCGM bzw. iscCGM durchgeführt werden.
Alkohol
Als maximal tolerierbare Alkoholzufuhr gelten für gesunde Frauen 10 g/Tag und für Männer 20 g/Tag [3].
DDG-Praxisempfehlung für den Konsum alkoholischer Getränke [2]
- Ein mäßiger, risikoarmer Alkoholgenuss ist mit einer guten Stoffwechseleinstellung und Diabetesprognose vereinbar.
- Bei einem riskanten Alkoholkonsum bzw. einer Alkoholabhängigkeit soll über die Gefahren des Alkohols speziell auch in Bezug auf eine verschlechterte Stoffwechseleinstellung sowie die Gefahr von Folgeerkrankungen aufgeklärt werden.
- Es sollte allgemein darauf hingewiesen werden, dass bei Genuss größerer Alkoholmengen das Risiko für schwere, insbesondere nächtliche Hypoglykämien ansteigt und durch Nahrungsaufnahme während der Zeit des Alkoholgenusses und Anheben des Zielblutzuckers zur Nacht reduziert werden kann.
Kernaussagen
- Für Menschen mit Diabetes mellitus gelten die gleichen Ernährungsempfehlungen der DGE wie für die Allgemeinbevölkerung.
- Zur Insulindosierung sind gute Kenntnisse über den Kohlenhydratgehalt der Nahrung und den persönlichen Glukoseverlauf erforderlich. Der Kohlenhydratgehalt der Nahrung sollte auf 10 g genau abgeschätzt werden.
- Idealerweise sollte bei insulinbehandelten Menschen mit Diabetes mellitus mithilfe eines CGM-Systems der persönliche Glukoseverlauf bewertet werden.
- KE/BE-Austauschtabellen für Menschen mit modernen Diabetes-Devices (Insulinpumpen, AID-Systeme, medizinische Apps mit Bolusrechnern) sollten durch Kohlenhydrattabellen ersetzt werden, da die Eingabe in die Systeme auch in Gramm Kohlenhydrate erfolgt.
- Eine verbindliche oder zumindest freiwillige Nährwertkennzeichnung in der Gemeinschaftsverpflegung, wie beispielsweise in Krankenhäusern und Bildungseinrichtungen, ist wünschenswert.
Autorin
Christiane Kling
ist Diätassistentin, DKL/EB DGE und Diabetesberaterin DDG mit den VDD-Zusatzqualifikationen Enterale, Parenterale sowie Allergologische Ernährungstherapie. Frau Kling ist seit über 25 Jahren im wissenschaftlichen Beirat des Arbeitskreises für Pankreatektomierte tätig.
Interessenkonflikt: Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des Arbeitskreises der Pankreatekomierten e. V. Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Diabetes & Technologie der Deutschen Diabetes Gesellschaft e. V. Honorartätigkeit DBW Baden-Württemberg e. V., DIAschulisch.
- Huismans H. Diabetes mellitus – von der Antike bis zur Gegenwart. Bremen: Unimed Verlag; 2010
- Rubin D, Bosy-Westphal A, Kabisch S. et al. für den Ausschuss Ernährung der DDG. Empfehlungen zur Ernährung von Personen mit Typ-1-Diabetes mellitus. Diabetologie und Stoffwechsel 2022; 17: S237-S255
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Österreichische Gesellschaft für Ernährung, Hrsg. Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. 2. Aufl. 7. Ausgabe. Bonn: DGE; 2021
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Hrsg. DGE Beratungsstandards.1. Aufl. Bonn: DGE; 2020
- Oyen D, Chantelau EA, Berger M. Zur Geschichte der Diabetesdiät. Heidelberg, Berlin: Springer Verlag; 1985