EndokrinologieNaturheilkundliche Behandlungsoptionen bei Schilddrüsenerkrankungen

Für die Schilddrüsenfunktion sind Jod und Selen unverzichtbar. Erfahren Sie mehr über unterstützende naturheilkundliche Maßnahmen bei Schilddrüsenerkrankungen.

Lebensmittel mit einem hohen Jodgehalt (Fisch, Käse, Kartoffeln etc.)
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Fettreiche Meeresfische (z. B. Steinbutt, Schellfisch, Kabeljau) sind reich an Jod.

von Robert Schmidt

Inhalt

Grundsätzliche Bedeutung von Jod und Selen für die Schilddrüsenfunktion

Unterstützende naturheilkundliche Maßnahmen bei Schilddrüsenerkrankungen

Die besondere Bedeutung von Jod und Selen für die Schilddrüsenfunktion ist ein lohnendes Thema für alle Patienten, unabhängig davon, ob schon eine Schilddrüsenerkrankung vorliegt oder (noch) nicht. Aus komplementärmedizinischer Sicht bedient dieses Thema eine Schnittmenge aus Ordnungstherapie, Ernährungstherapie und Orthomolekularmedizin. Darüber hinaus stellt der Beitrag weitere naturheilkundliche Therapiebausteine vor, die im Krankenhaus für Naturheilweisen (KfN) in München bei Patientinnen und Patienten mit Beschwerden der Schilddrüse zum Einsatz kommen. Dort sind Schilddrüsenerkrankungen in den seltensten Fällen der Hauptgrund für einen stationären Aufenthalt, jedoch eine der häufigsten Nebendiagnosen. Nicht wenige Betroffene haben dabei Symptome, die auf eine Schilddrüsenüber- oder -unterfunktion hinweisen, obwohl die Schilddrüsenparameter laborchemisch im Normbereich liegen.

Grundsätzliche Bedeutung von Jod und Selen für die Schilddrüsenfunktion

Jod

Nach bisherigem Kenntnisstand wird Jod im menschlichen Organismus nur als integraler Bestandteil der Schilddrüsenhormone benötigt. Der durchschnittliche Körperbestand eines erwachsenen Menschen beläuft sich auf etwa 10–20 mg und liegt zu 70–80 % in der Schilddrüse vor. Ein Jodmangel kann zu einer unzureichenden Konzentration der Schilddrüsenhormone im Blut führen. Um eine ausreichende Synthese von Thyroxin zu gewährleisten, muss die Schilddrüse etwa 60 µg Jodid pro Tag aufnehmen. Infolge eines drohenden oder tatsächlich verringerten T3/T4-Spiegels im Blut (latente oder manifeste Hypothyreose) kommt es zu einer Freisetzung von TSH (thyreoideastimulierendes Hormon) aus dem Hypophysenvorderlappen, was wiederum zu einem kompensatorischen Größenwachstum der Schilddrüse führt. Dies kann letztlich in der Ausbildung einer Struma und/oder von Schilddrüsenknoten resultieren.

Eine Jodmangelversorgung kann indirekt über die Bestimmung der Jodausscheidung mit dem Urin gemessen werden. Bei einer Ausscheidung von mehr als 100 µg Jodid/l Urin besteht kein Jodmangel, ab einer Jodidausscheidung < 50 µg/l Urin hingegen ein manifester Jodmangel mit erhöhtem Risiko für die Entwicklung einer Hypothyreose und/oder Struma. Eine Jodidausscheidung zwischen 50 und 100 µg/l Urin liegt im Graubereich.

Um einen manifesten Jodmangel zu verhindern, wird etwa 1 µg Jod/kg KG und Tag benötigt. Mit großzügigem Sicherheitszuschlag (aufgrund goitrogener Substanzen in der Nahrung, z. B. Kohlarten, Thiocyanate bei Rauchern oder Verluste bei der Zubereitung) ergibt sich eine Empfehlung von 180 µg Jod pro Tag für Erwachsene (in Schwangerschaft und Stillzeit sogar ca. 230–260 µg Jod pro Tag, spätestens in diesen Phasen sollte eine orale Jodsubstitution erfolgen).

Der Jodgehalt in der Nahrung hängt in erster Linie vom Jodgehalt des Bodens ab, Deutschland gehört allerdings zu den Jodmangelregionen (v. a. die Alpenregion) und damit zu den endemischen Kropfgebieten. Fettreiche Meeresfische (z. B. Steinbutt, Schellfisch, Kabeljau) sind reich an Jod, pflanzliche Jodquellen sind Meeresalgen, z. B. Blasentang. Die persönliche Jodversorgung kann durch Verwendung von jodiertem Speisesalz, einen erhöhten Seefischkonsum oder die Einnahme von Jodtabletten verbessert werden.

In Deutschland hatte sich die Jodversorgung seit Mitte der 1980er Jahre durch die Verwendung von jodiertem Speisesalz im Haushalt, in der Lebensmittelindustrie und Gemeinschaftsverpflegung zunächst stetig gebessert. Trotzdem lag 2009 der Bevölkerungsanteil mit Urinjodkonzentrationen < 100 µg/l (und damit mindestens im suboptimalen Bereich) bei knapp über 50 %. Laut Meldung des Bundesinstituts für Risikobewertung vom Februar 2021 ist die Jodversorgung in Deutschland aber inzwischen eher sogar wieder rückläufig.

Jodsalz zählt zu den diätetischen Lebensmitteln und enthält 15–25 mg Jod/kg Kochsalz. Mit der empfohlenen Aufnahme von 5 g Kochsalz pro Tag könnten somit 100 µg Jodid aufgenommen werden. Alimentäre Hyperthyreosen sind nicht zu befürchten, da zwischen bedarfsdeckenden und toxischen Mengen eine breite Sicherheitsspanne liegt. Bei einer langfristigen täglichen Aufnahme bis 600 µg/d sind keine ernsthaften negativen Auswirkungen zu erwarten, ab einer Tagesdosis von 300 µg pro Tag können aber hyperthyreote Zustände hervorgerufen werden (Herzrasen und Schweißausbrüche). Zur Sicherstellung der Jodversorgung bei erhöhtem Bedarf (z. B. Schwangerschaft und Stillzeit, aber auch Sport) oder jodarmer Ernährung (z. B. ohne Jodsalz, kein Seefisch) werden – genauso wie zur gezielten diätetischen Behandlung von latenten oder spezifischen Mangelsymptomen wie der Jodmangel-Struma – die Nahrungsergänzung mit 200 µg Jod pro Tag empfohlen. Ein Eisenmangel kann die Effizienz der Jodsubstitution beeinträchtigen und sollte dann ebenfalls substituiert werden. Erstmals wurde Jod 1816 von William Prout zur Kropfbehandlung eingesetzt [1], [2], [3].

Selen

Selen ist ein relativ seltenes Spurenelement. Aufgrund der Expression verschiedener Selenoproteine weist die Schilddrüse den höchsten Selengehalt des menschlichen Körpers auf. Diese schützen nicht nur die Schilddrüse vor oxidativem Stress (bei der Produktion der Schilddrüsenhormone entsteht u. a. Wasserstoffperoxid), sondern sie sind auch an der Umwandlung von T4 in das stoffwechselaktivere T3 beteiligt. In weiten Teilen Europas sind die Böden ausgesprochen selenarm, sodass pflanzliche Nahrungsprodukte nur geringfügig zur Versorgung beitragen können. Patienten mit einem Selenmangel können (nicht nur) bei vorliegenden Schilddrüsenfunktionsstörungen von einer Selensubstitution profitieren. In zunehmendem Lebensalter verschiebt sich das Verhältnis T3:T4 in Richtung T4, sodass die durch Selen herbeigeführte mögliche Erhöhung der T3-Synthese bei älteren Menschen umso wünschenswerter ist.

Die für Erwachsene offiziell geschätzten Referenzwerte von 30–70 µg Selen pro Tag scheinen lediglich die Minimalanforderungen für den Bedarf zu erfüllen. Viele Experten fordern eine tägliche Zufuhr von 100–200 µg pro Tag, um alle selenabhängigen Reaktionen des menschlichen Körpers optimal zu unterstützen. Ein Mangel kann Hashimoto zwar vermutlich nicht auslösen, aber zumindest begünstigen und vermutlich verstärken. Die Supplementierung mit Selen bei Hashimoto zählt mittlerweile zur Standardtherapie. So kann eine 3-monatige Selentherapie mit 200 µg täglich signifikant erhöhte TPO-Antikörper senken. Bei schwangeren Frauen mit TPO-Antikörpern kann eine Selensupplementation den Antikörpergehalt vermindern und die Entwicklung von postpartalen Schilddrüsenentzündungen und Hypothyreose vermeiden. Beim Morbus Basedow unterstützt eine erhöhte Selenzufuhr das schnellere Erreichen euthyreoter Werte und die entzündliche Orbitopathie kann gemildert werden.

Darüber hinaus ist Selen als Bestandteil der Glutathionperoxidase auch generell am Schutz des Körpers vor oxidativen Schäden beteiligt:

  • wichtig für die Funktion der humoralen und zellulären Immunität

  • weist antikanzerogene Effekte durch wachstumshemmende und zelltodfördernde Wirkungen auf Tumorzellen auf

  • ist an der Bindung von Schwermetallen und deren Ausleitung beteiligt

  • fördert die Entgiftungsfunktion und den Schutz der Leberzellen

Bei der Hashimoto-Thyreoiditis und dem Morbus Basedow spielt der Selenspiegel wegen der entzündlichen Genese in doppelter Hinsicht eine wichtige Rolle: Der Selenspiegel wird idealerweise im Vollblut bestimmt und liegt bei 80–130 µg/l. Werte von 400 µg sollten wegen möglicher Vergiftungserscheinungen nicht überschritten werden. Bei Autoimmunthyreoiditis können begleitend 200–400 µg Selen pro Tag verordnet werden. Unter Selensupplementierung scheinen zudem andere Schilddrüsenpräparate besser zu wirken. Auch zur Therapiebegleitung in der Onkologie können 200–400 µg pro Tag eingenommen werden; 100–300 µg pro Tag präventiv und begleitend bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus, Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises oder einem geschwächten Immunsystem. Idealerweise erfolgt die Substitution laborgestützt mit Spiegel im oberen Normbereich oder leicht darüber und mit Natriumselenit mit 1–2 Stunden Abstand zu den Mahlzeiten [1], [2], [3].

Unterstützende naturheilkundliche Maßnahmen bei Schilddrüsenerkrankungen

Schilddrüsenüberfunktion

Parallel zu einer adäquaten schulmedizinischen Therapie bei Erkrankungen der Schilddrüse, die mit einer latenten oder manifesten Hyperthyreose einhergehen, können naturheilkundliche Maßnahmen begleitend eingesetzt werden – vor allem, um mögliche Symptome zu lindern. Bei einer hyperthyreoten Stoffwechsellage können dies z. B. Hitzewallungen und übermäßiges Schwitzen, Palpitationen und Tachykardie, Nervosität und Unruhe, Ängstlichkeit bis Panik oder Gereiztheit bzw. Weinerlichkeit sowie Schlafstörungen bis hin zur Schlaflosigkeit sein. Möglicherweise treten auch Heißhungerattacken, Durchfallneigung und Gewichtsverlust auf. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich dabei um einen Morbus Basedow, aber auch die Hashimoto-Thyreoiditis kann initial mit einer hyperthyreoten Stoffwechsellage einhergehen.

Aus naturheilkundlicher Sicht sollte immer an den banalen, aber so wichtigen und wirksamen gesunden Lebensstil erinnert werden, d. h. regelmäßige körperliche Bewegung, Zeit für Entspannung und eine gesunde, vollwertige Ernährung. Unterstützend können Entspannungsverfahren zum Einsatz kommen wie die Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson, Atemübungen oder Qigong.

Bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen der Schilddrüse ist an eine antientzündliche arachidonsäurearme Kost zu denken, d. h. in erster Linie Verzicht auf bzw. Reduktion von tierischen Produkten, vor allem von Wurst- und Fleischwaren. Die Boswellia-Säuren aus dem Harz des Weihrauchbaumes (1200–2400 mg/Tag) und Omega-3-Fettsäuren (2–3 g/Tag) wirken ebenfalls hemmend auf den Arachidonsäurestoffwechsel und damit antientzündlich. Die wirksame Menge Omega-3-Fettsäuren kann z. B. relativ einfach mit 2–3 Esslöffeln Leinöl pro Tag eingenommen werden.

Sinnvoll ist die Spiegelbestimmung von Selen, denn Patienten mit einer Schilddrüsenüberfunktion sind besonders häufig von einem Mangel betroffen. Inzwischen ist auch die immunmodulative Bedeutung von Vitamin D hinreichend anerkannt, der Spiegel sollte optimalerweise im hochnormalen Bereich liegen, was ohne Supplementierung bei westlicher Lebensführung aber nahezu aussichtslos erscheint. Um eine möglichst schnelle Normalisierung der Vitamin-D-Spiegel im akuten Schub einer chronisch-entzündlichen Erkrankung zu erzielen, werden mittlerweile bei Erwachsenen teils hohe initiale Aufsättigungsdosierungen empfohlen. Das Defizit kann mit der Formel nach van Groningen berechnet werden [4]:

(IU) = 40 × (75 – Serum-25-OHD3) × KG

Die errechnete Dosis könnte dann durch hochfrequente Gaben hoher Vitamin-D-Dosen innerhalb weniger Tage bzw. Wochen appliziert werden, gefolgt von einer Erhaltungsdosis. Hierfür sind in der Literatur verschiedene Dosierungsschemata zu finden. Es gibt auch Hinweise darauf, dass die Antioxidantien Vitamine A und E sowie Beta-Carotin (die pflanzliche Vorstufe von Vitamin A) einen positiven Einfluss auf das Voranschreiten von Schilddrüsenerkrankungen und die endokrine Orbitopathie bei M. Basedow haben. L-Carnitin könnte eine effektive Rolle bei Hyperthyreose spielen, da die körpereigenen Speicher bei vorherrschender Überfunktion der Schilddrüse vermindert sind. Es unterstützt diverse Funktionen im Schilddrüsenhormonstoffwechsel. Untersuchungen weisen darauf hin, dass durch die Supplementierung von L-Carnitin eine Symptomminderung und evtl. ein präventiver Effekt erzielt werden können. Liegt ein Mangel vor, können täglich 1000–4000 mg L-Carnitin eingenommen werden; ohne Mangel sollten höchstens 500 mg pro Tag unterstützend eingenommen werden [5].

Phytotherapeutisch kann das Kraut des in ganz Europa und Nordamerika heimischen Wolfstrapps (Lycopus virginicus) die Symptome einer Überfunktion der Schilddrüse lindern. Es reduziert die übermäßige Bildung von T4 und erhöht die Ausscheidung von Schilddrüsenhormonen über den Urin. Zudem wird der Jodtransport im Körper gedrosselt und die Umwandlung von T4 in das aktivere T3 gehemmt. Nach weniger als 2 Wochen verspürten die meisten Probanden einer entsprechenden Studie eine signifikante Besserung ihrer Symptomatik [6]. Ein Thyreostatikum kann aber i. d. R. nicht ersetzt werden. Die Einnahme kann als Tee erfolgen, aber auch in Form von Fertigpräparaten wie Tabletten oder Tropfen. Einige Wochen vor einer Radiojoddiagnostik sollte es abgesetzt werden, da es diese Untersuchungsmethode in ihrer Aussagekraft beeinträchtigen könnte.

Herzgespann (Leonorus cardiaca) ist in Europa, Asien und auf dem nordafrikanischen Kontinent anzutreffen; verwendet wird das Kraut der Pflanze (oberirdische Pflanzenteile). Im Namen der Pflanze spiegelt sich auch ihr traditionelles Einsatzgebiet wider: nervöse Herzbeschwerden wie Herzrasen, aber auch Unruhe – also Symptome, die auch bei Schilddrüsenüberfunktion auftreten. Vermutlich wirken einige Inhaltsstoffe als Kalziumantagonisten mit konsekutiver Blutdrucksenkung, Verlangsamung der Herzfrequenz und damit Entlastung des Herzens. Zudem werden angstlösende und sedative Wirkungen beschrieben [7]. Herzgespannkraut kann als Tee eingenommen werden, es gibt aber auch Fertigpräparate in Kapselform.

Die Blätter des Walnussbaums (Juglans regia) können dank ihrer adstringierend wirkenden Gerbstoffe symptomatisch bei übermäßigem Schwitzen eingesetzt werden, z. B. mit Waschungen mit lauwarmem Walnussblättertee 2 × täglich. Die Extrakte aus der Passionsblume helfen bekanntermaßen bei Unruhe und Schlafbeschwerden; an Baldrian, Melisse und Lavendel (Letzteres auch als abendliches Fußbad) kann ebenfalls gedacht werden. Wunderbar entspannend und beruhigend wirkt auch ein feuchtwarmer Heublumensack (im Wasserdampf erwärmt), z. B. abdominell in der Leberregion aufgelegt.

Schilddrüsenunterfunktion

Die häufigsten Gründe für eine Schilddrüsenunterfunktion sind Jodmangel und die Hashimoto-Thyreoiditis. Sie kann sich z. B. durch Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Kälteempfindlichkeit, Neigung zu Wassereinlagerungen, Gewichtszunahme und Obstipation äußern. Die Ödembildung erklärt sich durch Einlagerungen von Glykosaminoglykanen, deren Stoffwechsel bei Hypothyreose gestört ist (Myxödem). Ödematös verdickte Stimmbänder machen sich möglicherweise durch Heiserkeit bemerkbar. Die Hypothyreose kann bei älteren Menschen oligosymptomatisch verlaufen und dann einer Depression oder Demenz ähneln.

Wie immer sollten bei der komplementärmedizinischen Behandlung die Grundlagen der gesunden Lebensführung nicht außer Acht gelassen werden. So einfach umzusetzende Maßnahmen wie morgendliche kalte Güsse oder regelmäßige Bewegung (Nordic Walking, Schwimmen, Fahrradfahren, Gymnastik) können den verlangsamten Stoffwechsel in Schwung bringen und damit zur Symptomlinderung beitragen.

Neben einer adäquaten Substitution mit Schilddrüsenhormonen ist an einen Ausgleich bei etwaigem Jod- und/oder Selenmangel zu denken, wie bereits eingangs dieses Beitrags erwähnt. Auch verringerte Vitamin-B12- und Zinkspiegel können eine Unterfunktion der Schilddrüse begünstigen; Eisen wiederum ist ein wichtiger Cofaktor für die Aktivität der Thyreoperoxidase (TPO) [8], [9].

Ebenfalls sollte auf den Vitamin-D-Spiegel geachtet werden. Nicht nur speziell bei der Hashimoto-Thyreoiditis besteht ein Zusammenhang zwischen Vitamin-D-Spiegel und Ausbildung einer Hypothyreose [10], sondern ein Vitamin-D-Mangel geht ganz allgemein mit einem erhöhten Hypothyreoserisiko einher [11]. Bei Hashimoto-Thyreoiditis sind natürlich auch alle naturheilkundlichen Aspekte zu berücksichtigen, die eine chronisch-entzündliche Erkrankung positiv beeinflussen können, wie zum Thema Morbus Basedow bereits erläutert. Das Antioxidans Vitamin C kann dabei zudem die Wirkung des Medikaments Thyroxin verbessern.

Phytotherapeutisch kann Rosenwurz (Rhodiola rosea) zur symptomatischen Behandlung von Müdigkeit, Erschöpfung und eingeschränkter Leistungsfähigkeit eingesetzt werden. Die Pflanze ist in den nordischen Ländern zu Hause (Grönland, Schweden, Norwegen), verwendet werden Wurzel und Wurzelstock. Das Pflanzenextrakt wirkt vor allem über die Beeinflussung spezieller Neurotransmitter im Gehirn und über eine Reduktion der Cortisolbildung leistungssteigernd und adaptogen. Um die empfohlene Tagesdosis von 144–400 mg sicherzustellen, empfiehlt sich die Einnahme von Fertigarzneimitteln, auch wenn theoretisch die Einnahme mittels Tees oder Tinktur möglich wäre.

Ein ähnlicher Effekt findet sich bei Ginseng (Panax ginseng), der aufgrund seiner Fähigkeiten, die psychophysiologische Resilienz zu erhöhen, sogar schon auf einen Einsatz in der Raumfahrt und im Leistungssport zurückblicken kann. Wir im KfN verordnen i. d. R. 1200 mg morgens. Ginseng steht in Deutschland allerdings nur als Nahrungsergänzungsmittel zur Verfügung. Vitalisierend wirkt zudem Rosmarin, z. B. in Form eines täglichen morgendlichen Fußbades.

Wassereinlagerungen und Schwellungen, z. B. der Augenlider, können phytotherapeutisch unterstützend mit Brennnesselpräparaten behandelt werden, in Tablettenform, als Tee oder auch als Saft. Generell wirken kaliumreiche Pflanzenextrakte mild diuretisch. Ernährungstherapeutisch kann man sich diesen Effekt z. B. durch Kartoffeltage zunutze machen: Dabei werden Kartoffeln, die selbst kaliumreich sind, salzfrei zubereitet, Salat und Gemüse dienen als Beilage, zum Frühstück kann Knäckebrot verzehrt werden. Stationär führen wir im KfN bei verschiedenen Indikationen initial häufig 5 Kartoffeltage am Stück durch, in denen die Patienten regelmäßig 2–5 kg Flüssigkeit verlieren. Der Effekt kann dann langfristig mit 2 Entlastungstagen pro Woche aufrechterhalten werden. Dabei müssen es nicht unbedingt Kartoffeln sein, möglich sind auch Reis- oder Obsttage. Da es vor allem bei der 5-tägigen Kartoffeldiät zu Hypotonie, Hyponatriämie und selten auch zu einem (reversiblen) Anstieg der Nierenretentionsparameter kommen kann, sollte diese intensivdiätetische Maßnahme immer ärztlich begleitet werden; ggf. muss eine evtl. vorhandene Dauermedikation angepasst werden (vor allem Diuretika und Antihypertensiva).

Krankenhaus für Naturheilweisen

Das Krankenhaus für Naturheilweisen (KfN) in München ist die größte Einrichtung für eine stationäre integrative Patientenversorgung im deutschsprachigen Raum. Es verfügt über 110 Betten und ist spezialisiert auf die integrative Behandlung chronisch kranker Patienten. Aus schulmedizinischer Sicht ist das KfN eine internistische Fachklinik, komplementärmedizinisch kommen vor allem die klassischen Naturheilverfahren nach Kneipp, ausleitende Verfahren und die Homöopathie zum Einsatz. Es werden aber auch Elemente aus anderen komplementärmedizinischen Disziplinen integriert, z. B. Neuraltherapie, Orthomolekularmedizin oder Anthroposophie. Auf eine besonders große Vielfalt kann unsere Abteilung für Physikalische Medizin verweisen, hier reicht das Spektrum von Manueller Therapie über reflektorische Verfahren bis hin zum Einsatz osteopathischer Techniken. Patienten mit chronischen Erkrankungen aus nahezu allen schulmedizinischen Fachgebieten können durchschnittlich einmal pro Jahr für etwa 10–14 Tage stationär aufgenommen werden. Auf diese Weise und dank unserer Krankenhausambulanz können wir den Patienten eine langfristige komplementärmedizinische Begleitung im Sinne einer integrativen Medizin anbieten.

Robert Schmidt
Facharzt für Innere Medizin, Homöopathie und Naturheilkunde

Interessenkonflikt: Der Autor gibt an, dass keine persönlichen oder wirtschaftlichen Verbindungen bestehen.

[1] Elmadfa I, Leitzmann C. Ernährung des Menschen. Stuttgart: Eugen Ulmer; 2015

[2] Schmidbauer C, Hofstätter G. Mikronährstoff-Coach. Wien: Verlagshaus der Ärzte; 2020

[3] Kasper H. Ernährungsmedizin und Diätetik. München: Urban & Fischer; 2014

[4] van Groningen L, Opdenoordt S, van Sorge A. et al. Cholecalciferol loading dose guideline for Vitamin-D-deficient adults. Eur J Endocrinol 2010; 162: 805-811

[5] Berling-Aumann N, Widjaja A. Schilddrüsenerkrankungen – Unterstützende Therapien aus der Naturheilkunde. Essen: KVC Natur und Medizin e. V.; 2020

[6] Beer A-M, Wiebelitz KR, Schmidt-Gayk H. Lycopus europaeus (Gypsywort): Effects on the thyroidal parameters and symptoms associated with thyroid function. Phytomed Int J Phytother Phytopharm 2008; 15 (01/02) 16-22

[7] Shikov AN, Pozharitskaya ON, Makarov VG. et al. Effect of Leonurus cardiaca oil extract in patients with arterial hypertension accompanied by anxiety and sleep disorders. Phytother Res 2011; 25 (04) 540-543

[8] Jabbar A, Yawar A, Waseem S. et al. Vitamin B12 deficiency common in primary hypothyroidism. J Pak Med Assoc 2008; 58 (05) 258-261

[9] Talebi S, Ghaedi E, Sadeghi E. et al. Trace element status and hypothyroidism: A systematic review and meta-analysis. Biol Trace Elem Res 2019; 197 (01) 1-14

[10] Ucan B, Sahin M, Sayki Arslan M. et al. Vitamin D treatment in patients with Hashimoto’s thyroiditis may decrease the development of hypothyroidism. Int J Vit Nutr Res 2016; 86 (01/02) 9-17

[11] Appunni S, Rubens M, Ramamoorthy V. et al. Association between vitamin D deficiency and hypothyroidism: Results from the National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES) 2007–2012. BMC Endocr Disord 2021; 21: 224