AngststörungenÄngste lösen und beruhigen

Heilpflanzen als Anxiolytika spielen in der Phytotherapie eine wichtige Rolle. Präparate aus Lavendel, Passionsblume oder Kava-Kava können bei leichten bis mittleren Angstzuständen helfen.

Inhalt
Schmalblättriger Lavendel blühend im Sommer.
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Schmalblättriger Lavendel (Lavandula angustifolia): Die Gattung Lavandula umfasst einige Arten, die es zu unterscheiden gilt. Denn entspannend und angstlösend ist nur der Schmalblättrige Lavendel.

Angstlösende Heilpflanzen und deren Präparate besitzen einen großen Stellenwert in der Therapie verschiedener Beschwerdebilder. Denn viele Heilpflanzen werden nicht nur bei Angstzuständen eingesetzt, sie wirken auch beruhigend auf das vegetative Nervensystem bei Stress und Nervosität und lindern Kummer und Sorgen. Auch bei Einschlafstörungen kommen diese Heilpflanzen oft in Kombinationen zum Einsatz.

Der Wunsch der Patienten nach einer Behandlung mit Phytotherapie nimmt zu, insbesondere da bei der Verwendung synthetischer Präparate wie beispielsweise der Benzodiazepine Nebenwirkungen und die Gefahr einer Abhängigkeit auftreten können.

Sinnvoll ist es jedoch auf jeden Fall, dass im Vorfeld der Behandlung eine umfassende Diagnose mit Abklärungen der möglichen Ursachen erfolgt.

Bei leichten bis mittleren Angststörungen können Heilpflanzen mittel- bis langfristig als alleinige Therapie eingesetzt werden. Bei schweren Angststörungen kommen synthetische Arzneimittel zum Einsatz, die jedoch durch Heilpflanzen in ihrer Wirkung unterstützt werden können. Um der Entwicklung schwerer und generalisierter Angsterkrankungen vorzubeugen, ist es sinnvoll, schon früh, das heißt bei Anzeichen leichter bis mittlerer Angststörungen mit der Anwendung pflanzlicher Anxiolytika zu beginnen, da deren volle Wirkung erst nach 2-3 Wochen beginnt.

Die folgenden kleinen Heilpflanzenporträts erläutern die Wirkweise, die Wirkungen mit ihren Einsatzgebieten und die AnWendungsmöglichkeiten in Kombination mit anderen Heilpflanzen bei leichten bis mittleren Angststörungen.

Zusammenfassung

  1. In der Phytotherapie spielen angstlösende Heilpflanzen und deren Präparate, die ihr Wirkspektrum ohne Nebenwirkungen oder die Gefahr der Abhängigkeit entfalten, eine wichtige Rolle.
  2. Schmalblättriger Lavendel, Fleischfarbene Passionsblume und Kava-Kava werden porträtiert, ihre Wirkweisen, Einsatzgebiete und Anwendungsmöglichkeiten erläutert.
  3. Die vorgestellten Rezepturen, in denen die Präparate mit anderen Heilpflanzen kombiniert werden, haben sich bei der Behandlung leichter bis mittlerer Angststörungen bewährt.

Schmalblättriger Lavendel

Die Gattung Lavandula umfasst einige Arten, die es zu unterscheiden gilt. Denn entspannend und angstlösend ist nur der Schmalblättrige Lavendel (Lavandula angustifolia/officinalis), der auch Arznei-Lavendel genannt wird. Der Speik-Lavendel (Lavandula latifolia) wie auch der Schopf-Lavendel (Lavandula stoechas) hingegen enthalten unter anderem Kampfer und 1,8-Cineol im ätherischen Öl, weshalb sie alles andere als beruhigend, sondern eher aufputschend und tonisierend wirken.

Der Schmalblättrige Lavendel, ursprünglich heimisch im Mittelmeerraum, ist ein verholzender Halbstrauch, der bis zu 60 cm hoch werden kann und grüngraue, schmal-lanzettliche Blätter trägt. Berühmt wurde dieser Lippenblütler aufgrund seiner endständigen Blütenähren mit vielen kleinen, hell- bis dunkelvioletten Einzelblüten, die in grau behaarten Kelchen sitzen und einen starken Duft verströmen.

Arzneilich verwendet werden die Blüten (Lavandulae flos), die von Juni bis Juli geerntet werden. In der getrockneten Droge findet sich jedoch ein großer Anteil Kelche ohne die zierlichen Blüten, was der Droge keinen Abbruch tut, denn auch diese sind voller Duftdrüsen. Oft werden auch die oberen 20 cm der Stängel maschinell abgeerntet. Wie in den Blättern steckt in ihnen ebenfalls ätherisches Öl.

Besonders beim Lavendel ist, dass auch sein ätherisches Öl eine eigene Monografie der HMPC-Kommission und damit Arzneistatus erhalten hat.

Wirkweise

Verantwortlich für die beruhigende und angstlösende Wirkung der Lavendelblüten ist das ätherische Öl. Dieses ist ein Vielstoffgemisch aus 160–180 unterschiedlichen Substanzen. Die Leitsubstanzen sind bis zu 50 % Monoterpenester, vor allem Linalylacetat, und bis zu 40 % Monoterpenole wie Linalool. Das ätherische Öl, vor allem der hohe Anteil an Linalylacetat, wirkt beruhigend und angstlösend.

Nachgewiesen ist experimentell eine sedative Wirkung mit Hemmung der motorischen Aktivität, eine Verkürzung der Einschlafzeit und die Verstärkung synthetischer Schlafmittel [[1]]. Ätherisches Lavendelöl hemmt Calciumkanäle an den Präsynap-sen, dadurch reduziert sich der Calciumeinstrom, was zu einer Hemmung von aktivierenden Transmittern führt [[2]]. In randomi-sierten, doppelverblindeten Studien konnte gezeigt werden, dass die beruhigende und angstlösende Wirkung von ätherischem Lavendelöl nicht nur einem Placebo überlegen ist, sondern sich auch nicht von der Wirkung des Benzodiazepins Lorazepam unterscheidet [[3], [4]].

Einsatzgebiete

Phytotherapeutisch werden die Lavendelblüten ebenso wie das ätherische Lavendelöl zur Behandlung von Unruhezuständen, bei Einschlafstörungen, bei Erregung, zur Besserung leichter Stress-und Erschöpfungssymptome und außerdem bei Angst (zum Beispiel Prüfungsangst, Lampenfieber oder Reizüberflutung) eingesetzt.

Anwendung

Phytotherapeutisch eignen sich zur innerlichen oder äußeren Anwendung:

  • Tee in Form eines Infus: 3 × tgl. 1–2 g zerkleinerte Lavendelblüten mit 150 ml heißem (nicht kochendem) Wasser übergießen, 5–10 min zugedeckt ziehen lassen und dann abseihen.
  • Tinktur: Ein geeignetes Auszugsgefäß mit Glasstopfen zu einem Drittel mit Lavendelblüten befüllen, mit 70 %igem Ethanol auffüllen und das Gefäß verschließen. 2–3 Wochen an einem warmen, vor direkter Sonneneinstrahlung geschützten Ort ausziehen lassen. Abseihen und in eine braune Tropfflasche abfüllen. Dosierung: 3 × tgl. 20–30 Tr. in etwas Wasser einnehmen.
  • Ölauszug: 1 Teil Lavendelblüten mit 5 Teilen fettem Öl (zum Beispiel Mandel- oder Olivenöl) übergießen, 2 Wochen an einem warmen, vor direkter Sonneneinstrahlung geschützten Ort ausziehen lassen. Abseihen und ich eine dunkle Glasflasche abfüllen oder mit Bienenwachs zu einer Salbe weiterverarbeiten. Bei Bedarf den Ölauszug oder die Salbe über der Herzgegend einreiben.
  • Ätherisches Öl: als Raumduft zum Beispiel in einem Ultra-schallvernebler verwenden oder 2–4 %ig in einem fetten Öl zum Einreiben auf der Haut
  • Fertigpräparate: Lasea Kapseln, Lavendelöl 10 % (Weleda), Aurum / Lavandula comp. Salbe

Kontraindikationen, Nebenwirkungen, Interaktionen

Bei Einnahme und bei Anwendung physiologischer Dosierungen sind keine Kontraindikationen, Nebenwirkungen oder Interaktionen bekannt.

Rezept für eine beruhigende, angstlösende und nervenstärkende Tinktur

In der Volksheilkunde werden auch die Wurzeln der Erzengelwurz (Angelica archangelica) eingesetzt. Ihr volkstümlicher Name Angstwurz deutet auf den Einsatz bei Angstzuständen hin. Wurzeln bieten zudem das Potenzial, wieder „festen Boden unter den Füßen“ zu gewinnen, was in Angstsituationen hilfreich sein kann.

  • 5 g Lavendelblüten (Lavandulae flos)
  • 5 g Erzengelwurzwurzeln (Angelicae radix)
  • 50 ml Ethanol 70 % (v/v)

Lavendelblüten und Erzengelwurzwurzeln in einem Mörser etwas zerkleinern. In ein Auszugsgefäß mit Glasstopfen geben und mit dem Ethanol übergießen. 3 Wochen an einem warmen Ort ausziehen lassen und dabei jeden Tag leicht bewegen. Abseihen und in ein braunes Tropffläschchen abfüllen.

Dosierung für Erwachsene: 3–4 × tgl. 20–30 Tr. einnehmen.

Fleischfarbene Passionsblume

Die Fleischfarbene Passionsblume (Passiflora incarnata) ist in den südöstlichen USA beheimatet, aber heute in vielen wärmeren Gegenden anzutreffen. Südlich der Alpen wird sie ebenfalls angebaut, und sie ist außerdem auf den Bahamas, den Antillen, in Mexiko, Mittelamerika, Brasilien und Argentinien zu finden.

Die mehrjährige Passionsblume gehört zur Familie der Passionsblumengewächse. Sie ist ein immergrüner, ausdauernder Kletterstrauch, der bis 6 m lange, verholzende Triebe entwickelt. Der Verankerung dienen korkenzieherartig gewundene Sprossranken mit den spitz-ovalen, dunkelgrünen, tief dreiteilig gelappten Blättern. Auffallend sind die betörend duftenden, großen Blüten mit einem Farbspektrum von Weiß, Rosa bis Violett. Der für Passionsblumen typische Strahlenkranz innerhalb der Blütenkrone bildet eine Nebenkrone und besteht aus etwa 100 fransenartigen, gewellten Fortsätzen. Jede dieser Blüten ist nur einen Tag lang geöffnet. Nach der Blüte bilden sich hühnereigroße, gelbliche Beeren mit saftig-süßem, essbarem Fruchtfleisch.

Wirkweise

Im Kraut, das phytotherapeutisch verwendet wird, finden sich charakteristische Inhaltsstoffe aus der Gruppe der Flavonoide. Dabei handelt es sich vor allem um von Apigenin und Luteolin abgeleitete Flavonglykoside wie Isovitexin, Schaftosid, Isoorientin und Swertosin. Freie Aminosäuren (unter anderem Gamma-Amino-Buttersäure, GABA), Glykoproteine sowie ätherisches Öl sind in Spuren vorhanden. Das nachgewiesene cyanogene Glykosid Gynocardin ist in unbedenklich geringer Menge enthalten. Daraus freigesetzte Blausäure konnte nicht nachgewiesen werden.

Passionsblumenkraut wirkt angstlösend, beruhigend und schwach krampflösend. Bei In-vitro-Untersuchungen wurde festgestellt, dass Extrakte aus Passiflora – wahrscheinlich mit der Aminosäure GABA [[5]] – an GABA-A-Rezeptoren binden [[6]]. In vivo konnte an Nagern gezeigt werden, dass wässrige und wässrig-ethanolische Extrakte aus der Passionsblume zu sedativen und anxiolytischen Effekten führten. In einer placebokontrollierten Doppelblindstudie erhielten 36 Probanden mit generalisierter Angst entweder einen ethanolischen Passionsblumenextrakt, das Benzodiazepin Oxazepam oder Placebo. Die Therapie mit Passionsblume war gemäß Hamilton-Angst-Skala (HAMA) der mit Oxazepam ebenbürtig, zu Placebo gab es jedoch einen signifikanten Unterschied [[7]]. Dennoch sind bis heute zu wenige Untersuchungen und Prüfungen nach heutigen wissenschaftlichen Standards gemacht worden, um die Wirksamkeit endgültig zu belegen.

Einsatzgebiete

Aufgrund der nicht ausreichenden Studienlage wurde die Passionsblume von der Kommission E, der ESCOP und dem HMPC nur bei Unruhezuständen, Angespanntheit und leichten Stresssymptomen sowie als Schlafhilfe monografiert. In der Volksheilkunde wird die Heilpflanze jedoch unter anderem auch bei Angstzuständen und nervösen Herzbeschwerden eingesetzt.

Anwendung

Phytotherapeutisch eignen sich zur innerlichen Anwendung:

  • Tee in Form eines Infuses: 1–4 × tgl. 1–2 g zerkleinertes Passionsblumenkraut mit 150 ml kochendem Wasser übergießen, 10–15 min ziehen lassen und dann abseihen.
  • Tinktur: Ein geeignetes Auszugsgefäß mit Glasstopfen zu einem Drittel mit Passionsblumenkraut befüllen, mit 30–40%igem Ethanol übergießen und das Gefäß verschließen. 2–3 Wochen an einem warmen, vor direkter Sonneneinstrahlung geschützten Ort ausziehen lassen. Abseihen und in eine braune Tropfflasche abfüllen. Dosierung: 3 × tgl. 20–30 Tr. in etwas Wasser einnehmen.
  • Fertigpräparate: Passiflora incarnata Urtinktur, Neurapas balance Filmtabletten, Pascoflair Tabletten, Passiflora Curarina Tropfen, Passiflora Kinderzäpfchen, Passiflora Nerventonikum

Kontraindikationen, Nebenwirkung, Interaktionen

Bei der phytotherapeutischen Anwendung von Passiflora sind keine Kontraindikationen, Nebenwirkungen oder Interaktionen bekannt.

Rezept für eine beruhigende, angstlösende Teemischung

Sinnvollerweise werden bei Teezubereitungen Heilpflanzen zu einer Rezeptur zusammengestellt, die eine ähnliche Wirkrichtung haben. Um eine beruhigende und angstlösende Mischung zu erhalten, haben sich neben der Passionsblume Hopfen, Baldrian, Orangenblüten und Lavendel bewährt.

  • 10 g Passionsblumenkraut (Passiflorae herba)
  • 10 g Hopfenzapfen (Lupuli strobulus)
  • 10 g Baldrianwurzeln (Valerianae radix)
  • 10 g Lavendelblüten (Lavandulae flos)
  • 10 g Orangenblüten (Aurantii flos)

Dosierung: 1–3 × tgl. 1 TL dieser Teemischung mit 150 ml heißem Wasser übergießen, 10–15 min bedeckt ziehen lassen und dann abseihen.

Kava-Kava

Kava-Kava (Piper methysticum), auch als Rauschpfeffer bekannt, ist auf der Inselwelt des Südpazifiks, insbesondere in Polynesien und Neuguinea, beheimatet.

Dieses strauchartige, 2–3 m hohe Gewächs gehört zur Familie der Pfeffergewächse. An einem knotig ausgeprägten Stamm wachsen große, breit-ovale bis herzförmige, dunkelgrüne Blätter. Trotz des Namens Rauschpfeffer hat Kava-Kava keine berauschende Wirkung im Sinne eines Halluzinogens. Verwendung finden die Wurzeln der Pflanze. Der geschälte Wurzelstock wird von der in-digenen Bevölkerung in kaltem Wasser aufgeweicht, dann durchgeknetet und zuletzt filtriert. Daraus entsteht eine trübe Flüssigkeit, in der viele ölige Tröpfchen mit Wirkstoffen schwimmen, die für die beruhigende und angstlösende Wirkung verantwortlich sind. Das Besondere daran ist, dass dabei die geistige Leistungsfähigkeit komplett erhalten bleibt. In hoher Dosis kommt es dann zu einer angenehmen Müdigkeit.

Exkurs - Rauschpfeffer, ade!

Dass die Verbreitung und der Erfolg dieser Heilpflanze schnell größer wurde, ist nicht verwunderlich. Sehr rasch wurden Fertigpräparate mit Kava-Kava-Extrakten auf den Markt gebracht. Allerdings wurden in Europa keine wässrigen Auszüge, sondern Extrakte mit Ethanol und Aceton hergestellt, die bis zu 70% Kavapyrone enthielten. Patienten mit Angst-, Spannungs- und Unruhezuständen oder generalisierten Angststörungen wurden damit behandelt. Ein Cochrane Review von 2003 kam nach einer Metaanalyse von 7 Studien zu der Aussage, dass Kava-Kava-Extrakte eine effektive Behandlungsoption für Angststörungen darstellen, aber weitere Forschungen, insbesondere zu Langzeiteffekten, notwendig seien [[10]].

Die Erfolgsgeschichte hätte weitergehen können, doch 2002 ordnete das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) an, dass alle Präparate vom Markt genommen werden müssen. Nach einem 5 Jahre dauernden Stufenplanverfahren kam es im Dezember 2007 zum definitiven Widerruf aller Zulassungen von Kava-Kava und Kavain enthaltenden Arzneimitteln. Zulässig waren nur noch Homöo-pathika ab der Potenz D4 und spagyrische Zubereitungen. Die Grundlage dafür waren einige Fallbeschreibungen von leberschädigenden Effekten bei der Einnahme kavapyronhaltiger Arzneimittel.

Fast genau 12 Jahre nach dem Widerruf der Zulassung wurde die tiefgreifende Entscheidung des BfArM durch 2 Gerichtsurteile gekippt, da es aus Sicht der Experten, die die Gerichte beizogen, keine ausreichenden Gründe für einen Widerruf der Zulassung gäbe und das NutzenRisiko-Verhältnis als positiv anzusehen sei. Denn bei den beschriebenen lebertoxischen Wirkungen würde es sich um Einzelfälle handeln: Beim Einsatz von einer Million Tagesdosen Kava-Kava-Extrakte beträgt die Inzidenz an lebertoxischen Nebenwirkungen 0,008 Fälle! Schaut man sich im Vergleich die Inzidenz mit Diazepam an, so sind dabei auf eine Million Tagesdosen 2,12 Fälle zu verzeichnen – 265mal–mehr! Dennoch veröffentlichte die europäische Kommission HMPC 2017 einen Bericht, in dem das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Kava-Kava erneut negativ bewertet wird. Daher kann nach aktuellem Wissensstand keine Monografie ausgearbeitet werden.

Bis heute hat sich kein Arzneimittelhersteller erneut an die Produktion von Arzneimitteln gewagt, die Kava-Kava-Extrakte enthalten. In Ländern wie den USA und Australien sind solche Präparate jedoch nach wie vor erhältlich. Ob es bei uns ein Comeback geben wird, bleibt eher fraglich.

Wirkweise

In den Wurzeln finden sich als Inhaltsstoffe Kavapyrone (manchmal auch Kavalactone genannt), wie Kavain, Dihydrokavain, Me-thysticin, Yangonin und Dihydromethysticin. Daneben finden sich Flavonoide, wie die Chalkon-Derivate Flavokavaine, und wenig ätherisches Öl. Piperidinalkaloide sind nur in den oberirdischen Pflanzenteilen enthalten.

Kavapyrone zeigen anxiolytische, sedativ-hypnotische, mus-kelrelaxierende, lokalanästhetische und antikonvulsive Wirkungen. Mit diesem Wirkspektrum ähneln sie den synthetischen Ben-zodiazepinen, ohne deren Abhängigkeitspotenzial aufzuweisen. Es konnte belegt werden, dass Kavapyrone den GABA-A-Rezeptor modulieren, ohne mit der GABA-Bindungsstelle zu interagieren [[8]]. Weitere Untersuchungen an Tieren zeigten zudem sedierende, muskelrelaxierende und spasmolytische Effekte [[9]].

Einsatzgebiete

Phytotherapeutisch wurden Kava-Kava-Wurzel-Extrakte bis 2002 zur Therapie nervöser Angst-, Spannungs- und Erregungszustän-de eingesetzt. Sie kamen als Ersatz für suchterzeugende Beruhi-gungs- und Schlafmittel, bei Reizüberflutung, psychischer Überlastung und Stress zur Anwendung.

Anwendung

Da es in Deutschland, Österreich und der Schweiz keine zugelassenen Kava-Kava-Präparate gibt, ist eine phytotherapeutische Anwendung nicht möglich. Eine Alternative ist die legale Verwendung einer spagyrischen Zubereitung aus den Wurzeln des Rauschpfeffers, also der spagyrischen Essenz Piper methysticum. Ich habe diese spagyrische Essenz häufig eingesetzt und immer wieder gestaunt, welche beruhigende und angstlösende Wirkung sich damit zeigte.

Spagyrische Rezeptur zur Unterstützung bei der Entwöhnung von Schlafmitteln

In dieser Rezeptur wird Kava-Kava mit anderen spagyrischen Essenzen mit einem beruhigenden und willensstärkenden Wirkspektrum kombiniert. Diese Mischung können sich Patienten in Apotheken herstellen lassen, die die spagyrischen Ionis-Tinkturen am Lager haben:

  • 10 ml Piper methysticum spag. ionis
  • 10 ml Avena sativa spag. ionis
  • 10 ml Coffea arabica spag. ionis
  • 10 ml Nicotiana tabacum spag. ionis
  • 10 ml Acorus calamus spag. ionis

Alle Essenzen mischen und in eine Sprühflasche abfüllen. Dosierung: 3–6 × tgl. 2–3 Sprühstöße in den Mund geben.

Fazit

Geeignete Heilpflanzen sind durchaus in der Lage, bei leichten bis mittleren Angstzuständen zu helfen. In hochakuten Zuständen ist ihr Wirkeintritt zu langsam, aber bei andauernden Angststörungen sind sie wertvolle Unterstützer, um den Alltag zu meistern.

Cornelia Stern
ist Apothekerin mit Spezialisierung in Naturheilkunde.

www.heilpflanzenschule.de

Interessenkonflikt: Die Autorin gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  1. Buchbauer G., Jirovetz L., Jäger W.. et al. Aromatherapy: Evidence of the Sedative Effects of the Essential Oil of Lavender. Z Naturforsch 1991; 46: 1067-1072
  2.  Volz H.P.. Spezielles Lavendelöl für die Behandlung subsyndromaler Angststörungen. Erfahrungsheilkunde 2011; 60: 212-218 DOI: 10.1055/s–0030–1257647
  3. Kasper S., Gastpar M., Müller W.E.. et al. Efficacy and safety of silexan, a new, orally administered lavender oil preparation, in subthreshold anxiety disorder – evidence from clinical trials. Wiener Med Wschr 2010; 160: 21-22 547–566. DOI: 10.1007/s10354–010-0845–7
  4. Woelk H., Schläfke S.. A multi-center, double-blind, randomised study of the Lavender oil preparation Silexan in comparison to Lorazepam for generalized anxiety disorder. Phytomedicine 2010; 17 (02) 94-99 (Feb)
  5. Elsas S.M., Rossi D.J., Raber J.. et al. Passiflora incarnata L. (Passionflower) extracts elicit GABA currents in hippocampal neurons in vitro, and show anxiogenic and anticonvulsant effects in vivo, varying with extraction method. Phytomedicine 2010; 17 (12) 940-949 DOI: 10.1016/j.phy-med.2010.03.002
  6. Simmen U., Burkard W., Berger K.. et al. Extracts and constituents of Hypericum perforatum inhibit the binding of various ligands to recombinant receptors expressed with the Semliki Forest virus system. J Rezeptor Signal Transduct Res 1999; 19: 59-74
  7. Akhondzadeh S., Kashani L., Mobaseri M.. et al. Passionflower in the treatment of opiates withdrawal: a double-blind randomized controlled trial. J Clin Pharm Ther 2001; 26 (05) 369-373 (Oct) DOI: 10.1046/j.1365–2710.2001.00366.x
  8. White C.M.. The pharmacology, pharmacokinetics, efficacy, and adverse events associated with Kava. J Clin Pharmacol 2018; 58 (11) 1396-1405 (May) DOI: 10.1002/jcph.1263
  9. Dingermann T., Loew D.. Phytopharmakologie.. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 2003
  10. Pittler M.H., Ernst E.. Kava extract versus placebo for treating anxiety. Cochrane Database of Systematic Reviews. 2003 (Jan). DOI: 10.1002/14651858.CD003383