
Die rapide ansteigende Zahl von Personen mit Übergewicht oder Adipositas stellt weltweit ein gravierendes medizinisches Problem dar. Neben dem sich verändernden Lebensstil der Menschen spielen auch genetische Faktoren eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Übergewicht. Wissenschaftler*innen haben jetzt einen neuen Regulator für das Essverhalten identifiziert.
Rezeptor zur Steuerung der Nahrungsaufnahme
Die Forschungsteams von der Uni Leipzig und der Uni Düsseldorf konnten in Untersuchungen zeigen:
Der Rezeptor Latrophilin-1 sowohl in den Hirnregionen, die das Essverhalten steuern, als auch im Fettgewebe präsent ist. Mäuse, denen dieser Rezeptor fehlt, zeigen in der Studie eine erhöhte Nahrungsaufnahme und eine verringerte körperliche Aktivität. Obwohl die Jungtiere zunächst Normalgewicht aufweisen, entwickeln sie im Laufe weiterer 4 Monate signifikantes Übergewicht. Dabei entstehen die bekannten Begleiterkrankungen der Adipositas wie eine Fettleber und ein Diabetes mellitus.
Darüber hinaus identifizierten die Forschenden in den Sequenzierdaten der Leipziger Adipositas-Kohorte eine Rezeptorvariante von Latrophilin-1, die bei einer Patientin mit Übergewicht auftrat. Untersuchungen in der Zellkultur konnten zeigen, dass diese Rezeptorvariante nicht die vollständige Funktionalität aufweist. Diese Entdeckung deutet darauf hin, dass der Rezeptor nicht nur im Tiermodell, sondern auch beim Menschen für die Entwicklung einer Adipositas von Bedeutung sein könnte.
Rezeptor Latrophilin-1
Noch sind nicht alle Komponenten, die die Nahrungsaufnahme regulieren, bekannt. Auch Rezeptoren, an die bislang niemand gedacht habe könnten beitragen, erklärt Dr. Doreen Thor von der Uni Leipzig.
Der neu identifizierte Rezeptor Latrophilin-1 war bisher für Funktionen im Gehirn wie die Ausbildung und den Aufbau von Synapsen bekannt, jedoch nicht für die Steuerung der Nahrungsaufnahme. Er gehört zu den G-Protein-gekoppelten Rezeptoren und besitzt seinen Namen aufgrund der Bindungsfähigkeit zum Nervengift Latrotoxin. Dieses Toxin wird u.a. von der Mediterranen Schwarzen Witwe, einer Spinnenart, produziert und hat den Rezeptor Latrophilin-1 als eine wesentliche neuronale Zielstruktur.
Fazit
Die Ergebnisse seien ein neuer Ansatz, die Regulation der Nahrungsaufnahme und die Entwicklung von Adipositas besser zu verstehen, so Prof. Simone Prömel.
Zukünftige Studien in den beteiligten Arbeitsgruppen sollen nun klären, ob der Rezeptor als potenzieller pharmakologischer Ansatzpunkt dienen kann, um die Nahrungsaufnahme bei Übergewicht zu regulieren.
Quelle: Universität Leipzig