EinsamkeitBewegung kann Einsamkeit kompensieren helfen

Bewegung im Alltag hat das Potenzial, negative Konsequenzen des Alleinseins auf das Wohlbefinden zu kompensieren – besonders bei psychisch vulnerablen Menschen.

Frau geht spazieren im Park
K. Oborny/Thieme. Posed by a Model.

Schon eine Stunde spazieren gehen kann die negativen Folgen des Alleinseins deutlich abmildern.

Bewegung im Alltag hat das Potenzial, negative Konsequenzen des Alleinseins auf das Wohlbefinden zu kompensieren – insbesondere bei psychisch und neurobiologisch vulnerablen Personen. Das konnten Forschende des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI) in einer Studie belegen.

Die Studie zeigt:

  • Menschen, die in ihrem Alltag momentan allein waren, über ein vergleichsweise geringeres Wohlbefinden berichteten.
  • Das Wohlbefinden erhöhte sich jedoch, wenn sie sich körperlich betätigten.

Die Daten legen nahe, dass körperliche Aktivität wie eine Stunde Gehen mit einem Tempo von 5 km/h das momentane „sozial-affektive Defizit“ ausgleichen kann. Die Forschenden beschreiben in weiteren explorativen Analysen, dass dieser positive Effekt von Bewegung selbst bei geringerer körperlicher Aktivität und während der pandemiebedingten Einschränkungen bestehen blieb.

Untersuchungen der Hirnfunktionen der ProbandInnen ergaben darüber hinaus: Menschen mit einem erhöhten neuronalen Risiko für Depression und Einsamkeit profitierten besonders von einem körperlich aktiveren Lebensstil.

Studie

Die Studie umfasste 317 junge Erwachsene und zusätzlich eine zweite Gruppe von 30 Erwachsenen, die während der COVID-19-Pandemie untersucht wurde. Die Wissenschaftler*nnen nutzten für ihre Untersuchung eine vielfältige Methodenkombination, darunter Beschleunigungssensoren, Smartphones mit elektronischen Tagebüchern, und Hirnbildgebung. Dieses Vorgehen ermöglichte es den Forschenden, das komplexe Zusammenspiel von sozialem Kontakt, körperlicher Aktivität und psychischem Wohlbefinden im Alltag zu untersuchen und damit assoziierte Hirnfunktionen zu identifizieren.

„Bisherige Studien haben soziale Kontakte und körperliche Aktivität überwiegend unabhängig voneinander untersucht. Unsere Studie erweitert den Wissensstand, indem sie ein dynamisches Zusammenspiel dieser beiden Faktoren im Alltag zeigt, das sich auf das affektive Wohlbefinden auswirkt“, sagt Anastasia Benedyk von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am ZI, die gemeinsam mit Prof. Dr. Markus Reichert (ZI und RUB) Erstautorin der Studie ist.

Prof. Heike Tost von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am ZI, ergänzt:

„Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass körperliche Aktivität als wirksame und zugängliche Strategie genutzt werden kann, um den psychologischen Auswirkungen des Alleinseins und der Einsamkeit entgegenzuwirken und die öffentliche Gesundheit zu verbessern.“

Methodik

Für ihre Studie in einer repräsentativen gemeindebasierten Stichprobe kombinierte das interdisziplinäre Forschendenteam Methoden aus der Epidemiologie, der Psychologie, der Geoinformatik und den Neurowissenschaften.

Die Wissenschaftler*nnen untersuchten eine Kohorte von 317 gesunden Erwachsenen im Alter von 18 bis 28 Jahren, die von 2014 bis 2018 rekrutiert wurden. Außerdem wurde eine Replikationsstichprobe von 30 gesunden Erwachsenen im Alter von 18 bis 63 Jahren, die von 2019 bis Juli 2022 während der COVID-19-Pandemie rekrutiert wurden, untersucht.

Quelle: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit

Literatur

Originalpublikation: Benedyk A, Reichert M, Giurgiu M et al. Real-life behavioral and neural circuit markers of physical activity as a compensatory mechanism for social isolation. Nature Mental Health 2024; https://www.nature.com/articles/s44220-024-00204-6

Research Briefing: Benedyk A, Reichert M et al. Physical activity compensates affective down-sides of daily life aloneness. Nature Mental Health 2024; https://www.nature.com/articles/s44220-024-00205-5