Nach Stammzelltransplantationen können die gespendeten Immunzellen den Körper der Patient*innen angreifen. Diese als Graft-versus-Host-Reaktion bezeichnete Erkrankung tritt deutlich seltener auf, wenn im Darm bestimmte Mikroben vorhanden sind. Das fanden Forscher*innen in einer Studie heraus.
Möglicherweise könne man künftig diese schützende Mikrobiomzusammensetzung gezielt herbeiführen, so die Wissenschaftler*innen.
78 Patient*innen begleitet
Für die Studie wurden 78 Patient*innen am Klinikum rechts der Isar der TU München und am Uniklinikum Regensburg 2 Jahre nach der Stammzelltransplantation begleitet und deren Stuhlproben analysiert.
Es wurde gemessen, in welcher Menge bestimmte von Mikroben gebildete Stoffwechselprodukte (Metabolite) vorhanden sind. Die Forscher*innen entwickelten auf dieser Basis den IMM-Risikoindex, mit dem sich ein besseres Überleben sowie die Gefahr einer Abstoßungsreaktion angeben lässt.
Diese sog. Immuno-modulatory Microbial Metabolites (IMM) beeinflussen das Immunsystem und die Regenerationsfähigkeit des Körpers. Die Wissenschaftler*innen konnten zeigen, dass für eine positive Prognose nicht nur die Stoffwechselprodukte der Bakterien, sondern auch Bakteriophagen eine Rolle spielen.
Ergebnisse: Bessere Prognose bei niedrigem IMM-Mikrobiom-Score
In den Stuhlanalysen konnte eine Mikrobiomsignatur identifiziert werden, die die Prognose nach Stammzelltransplantation offenbar beeinflusst: immunmodulatorische Metabolite, die von den Bakterienfamilien Lachnospiraceae, Oscillospiraceae sowie deren assoziierte Bakteriophagen gebildet werden.
Prof. Hendrik Poek berichtet: Patient*innen mit niedrigem IMM-Risikoindex
- hatten einer größere Überlebenswahrscheinlichkeit,
- zeigten seltener Graft-versus-Host-Reaktionen,
- erlebten weniger Rückfälle.
Heilungschancen aktiv steigern
Im nächsten Schritt planen die Forschenden die Heilungschancen von Patient*innen aktiv verbessern. Via Stuhltransplantation könnten spezifische Konsortien aus Bakterien und Bakteriopagen angesiedelt werden, erklärt Poeck. Damit möchten die Forscher*innen herausfinden, ob sich Rückfälle und Graft-versus-Host-Reaktionen so verhindern lassen.
Erste Versuche an Mäusen seien bereits erfolgreich verlaufen. Daher könnte das Verfahren auch in klinischen Studien mit menschlichen Patient*innen erprobt werden.
Quelle: Technische Universität München
Literatur
Thiele Orberg E et al. Bacteria and Bacteriophage Consortia are Associated with Protective Intestinal Metabolites in Patients Receiving Stem Cell Transplantation. Nature Cancer 2024; doi: https://doi.org/10.1038/s43018-023-00669-x