FastenIntervallfasten neuer Ansatz für verminderte Libido?

Fasten senkt den Serotoninspiegel und steigert so den Sexualtrieb — bei Mäusen. Ein neuer Ansatz gegen Libidoverlust auch beim Menschen? 

leerer Teller und Besteck auf Holzuntergrund
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Forschende sehen im Fasten Potenzial für therapeutische Anwendungen, z.B. um Libidoverlust bei Einnahme von Antidepressiva entgegenzuwirken.

Fasten hat vielfältige Auswirkungen auf den Organismus. Ein deutsch-chinesisches Forschungsteam untersuchte nun, wie sich Fasten bei männlichen Mäusen auf deren Nachwuchs auswirkt. Mit dem Ergebnis:

Alte Mäusemännchen, die über längere Zeit gefastet hatten, zeugten ungewöhnlich viele Nachkommen.

Mehr Nachwuchs als erwartet

Die Forschungsergebnisse beruhen auf einer Zufallsentdeckung: Alte Mäusemännchen, die über längere Zeit gefastet hatten, zeugten ungewöhnlich viele Nachkommen. „Es war Detektivarbeit, die eigentliche Ursache herauszufinden“, so Dr. Dan Ehninger, dessen Arbeitsgruppe mit Fachleuten um Prof. Yu Zhou zusammenarbeitete. „Schließlich stellten wir fest: Es liegt am Verhalten. Die fastenden Männchen hatten deutlich mehr Sexualkontakte als jene Mäuse, die unbegrenzt fressen konnten.“

Fasten im 24-Stunden-Rhythmus

Es handelte sich um ein experimentelles Studiendesign mit männlichen Mäusen ab einem Alter von 2 Monaten. Sie waren einer speziellen Form des sogenannten Intervallfastens ausgesetzt: 

  • Interventionsgruppe: Nahrungsaufnahme für 24 Stunden nach Belieben, dann 24 Stunden ausschließlich Wasser.
  • Kontrollgruppe: Unbegrenzter Zugang zu Nahrung.

Während des insgesamt 22-monatigen Fastenregimes blieben die Männchen unter sich. Anschließend wurden sie mit 3 Monate alten Weibchen zusammengeführt, die ohne Nahrungseinschränkung aufgewachsen waren.

Am Ende wurden die Anzahl der Paarungen und der Fortpflanzungserfolg untersucht. Außerdem wurden hormonelle und physiologische Parameter wie Testosteron und Spermienqualität sowie die Neurotransmitter-Konzentration im Gehirn gemessen.

Wirkung braucht Zeit

Auch bei jüngeren Mäusen zeigte sich vermehrtes Paarungsverhalten. Diese Männchen hatten ab dem Alter von 2 Monaten nur für ein halbes Jahr gefastet, ehe sie auf die Weibchen trafen. Bei weiteren Vergleichsgruppen junger und alter Mäuse mit nur mehrwöchiger Fastendauer blieb der Effekt allerdings aus. „Es dauert eine gewisse Zeit bis sich bei Intervallfasten der Sexualtrieb erhöht“, so Zhou. „Nach unseren Versuchen liegt die Mindestdauer irgendwo zwischen 6 Wochen und 6 Monaten.“

Eine Frage des Serotonins

Im Zuge der Ursachenforschung rückten schließlich Neurotransmitter in den Fokus, die das Sexualverhalten beeinflussen. Auffällig war bei den sexuell besonders aktiven Mäusemännchen vor allem das Serotonin, das allgemein als hemmend gilt. Die Konzentration dieses Botenstoffes war ungewöhnlich niedrig. Für seine Herstellung wird die Aminosäure Tryptophan benötigt. Die verfügbare Menge lässt sich nur über die Ernährung beeinflussen, da der Körper sie nicht selbst synthetisieren kann. „Der Mangel an Serotonin war ganz klar eine Folge des Fastens“, erläutert Ehninger.

Fastenregime bedeutsam?

„Unterm Strich nahmen die fastenden Mäuse knapp 15 Prozent weniger Kalorien zu sich als Tiere der Kontrollgruppe. Ähnliches gilt auch für die Aufnahme von Tryptophan“, sagt Zhou. Eine Verbesserung der Hormonwerte oder der Spermienqualität wurde nicht beobachtet. Dafür aber niedrige Serotoninspiegel. „Derzeit ist jedoch unklar, ob die Senkung des Serotoninspiegels an unser spezielles Ernährungsschema gebunden ist oder auch bei anderen Formen des Fastens auftritt. Künftige Studien müssen das klären.“ Gegebenenfalls könne sich der Effekt auch bei einer allgemeinen Kalorienreduktion einstellen.

Möglicher Therapieansatz für Libidoverlust beim Menschen

Die Forschenden wollen jetzt untersuchen, ob die Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind. „Auch beim Menschen spielen Botenstoffe eine wichtige Rolle bei der Regulation des Sexualverhaltens. Das gilt unter anderem für das Serotonin“, so Ehninger. Das zeige sich zum Beispiel an sogenannten SSRI – einer Klasse von Medikamenten gegen Depressionen, die den Serotoninspiegel erhöhen. Eine mögliche Nebenwirkung dieser Therapie sei ein Verlust an Libido.

Umgekehrt sei bekannt, dass ein niedriger Serotoninspiegel das sexuelle Verlangen fördern kann. „Daher halte ich es für sehr plausibel, dass sich die sexuelle Lust beim Menschen über Fasten beeinflussen lässt – möglicherweise nicht nur bei Männern, sondern auch bei Frauen. Denn auch bei ihnen wirkt Serotonin auf die Libido.“

Bislang gibt es wenige Studien zu dem Thema. Die Forschenden sehen aber Potential für therapeutische Anwendungen. 

Quelle: Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen