
Süßstoffe oder Zucker? Bereits 2023 hat die WHO empfohlen, künstliche Süßungsmittel nicht als Zuckerersatz zu nehmen, wenn es um Gewichtsverlust geht.
Welche Auswirkungen hat der übermäßige Konsum künstlicher Süßstoffe? Und sind sie sinnvoll als Zuckerersatz beim Abnehmen? Eine neue Studie legt nahe, dass das wohl nicht der Fall ist. Obwohl kalorienfrei, wirkt der Süßstoff Sucralose im Gehirn appetitanregend, gerade bei Menschen mit Adipositas.
Appetit und Hungergefühl steigen an
In Deutschland greift jede*r Zweite täglich zu Produkten mit künstlichen Süßstoffen. Als Gründe dafür werden u.a. ein ernährungs- und kalorienbewusster Lebensstil aufgeführt. Genau dieser Punkt scheint durch die neuen Studienergebnisse ins Wanken zu geraten. Bereits 2023 hatte die Weltgesundheitsorganisation in einer Empfehlung mitgeteilt, künstliche Süßungsmittel nicht als Ersatzstoff für Zucker zu nehmen, wenn es um Gewichtsverlust geht.
Der Süßstoff Sucralose führt im Hypothalamus, einer wichtigen Schaltzentrale des Gehirns, zu einer gesteigerten Hirnaktivität. Der Hypothalamus ist u.a. für die Kontrolle der Nahrungsaufnahme und des Hungergefühls zuständig. Sucralose aktiviert genau diesen Bereich im Gehirn und das steht wiederum in Verbindung mit einer stärkeren Bewertung des Hungergefühls.
„Künstliche Süßstoffe, wie in unserem Fall Sucralose, können die Appetitregulierung im Gehirn in einem Maße beeinflussen, der sich nachteilig auf das Gewicht auswirkt“, erläutert Prof. Dr. Stephanie Kullmann von der Uni Tübingen.
Künstliche Süßstoffe stiften Verwirrung im Gehirn
Das Forschungsteam geht davon aus, dass künstliche Süßstoffe das Gehirn verwirren: Indem sie ihm Signale der Süße senden, ohne die vom Gehrin benötigten Kalorien zu liefern. Aus vorherigen Studien ist die Hypothese bereits bekannt, dass das Gehirn das Signal aussendet, mehr zu essen, wenn die versprochenen Kalorien nicht ankommen.
An der Studie nahmen 75 Proband*innen in den USA teil. Sie wurden gebeten, bei 3 verschiedenen Terminen eines von 3 Getränken zu trinken: Leitungswasser, gesüßtes Wasser mit Sucralose und gesüßtes Wasser mit Zucker. Sucralose ist etwa 600-mal süßer als herkömmlicher Zucker.
Bei jedem Besuch untersuchte das Forschungsteam den Nüchternblutzuckerspiegel der Teilnehmenden, gefolgt von einem Hirnscan mit funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRI). Die fMRI verfolgt den Blutfluss, um die Aktivität in verschiedenen Gehirnregionen zu erfassen. Nach dem ersten Scan tranken die Proband*innen eines der 3 Getränke und wurden danach wieder untersucht. Zusätzlich zu den Hirnscans wurden den Studienteilnehmenden noch Blutproben entnommen, nachdem sie die Getränke getrunken hatten. Und sie sollten ihr individuelles Hungergefühl einschätzen.
Ergebnisse: Sucralose steigert Hungergefühl
Mittels der Selbsttests konnten die Forschenden festhalten:
- Sucralose steigerte das Hungergefühl der Teilnehmenden um etwa 17 Prozent, insbesondere bei den Proband*innen, die krankhaft übergewichtig waren.
- Zudem konnte das Forschungsteam verstärkte Verbindungen zu anderen Teilen des Gehirns belegen, die für die Steuerung der Motivation verantwortlich sind.
„Sucralose scheint die Entscheidungsfähigkeit zu beeinträchtigen“, stellt Studienleiterin Prof. Kathleen A. Page fest. „Wir haben beispielsweise eine erhöhte Gehirnaktivität zwischen dem Hypothalamus und dem anterioren cingulären Cortex festgestellt, der die Risiken und Vorteile einer Entscheidung steuert“, so Kullmann.
Eine weitere Erkenntnis aus der Studie: „Die Bluttests haben gezeigt, dass Sucralose keinen Einfluss auf die Hormone hat, die das Gehirn verwendet, um uns mitzuteilen, wann wir satt sind und keinen Hunger mehr haben.“
Die Studie wurde unter Leitung der University of Southern California (USC) unter Beteiligung des Universitätsklinikums Tübingen, von Helmholtz Munich und des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung durchgeführt.
Quelle: Universitätsklinikum Tübingen