CovidNeuer Vektor-Impfstoff gegen COVID-19 vielversprechend für längere Immunisierung

Forschende arbeiten an einem Vektor-Impfstoff, der die Immunität verlängern könnte und Potenzial für einen Kombinations-Impfstoff hat.

Spritzen und Ampullen
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Der neue Vektor-Impfstoff nutzt ein Mausvirus, das für den Menschen als ungefährlich gilt, als Vehikel für das Spikeprotein.

Etablierte Impfstoffe gegen COVID-19 haben den Nachteil, dass die anfangs gute Schutzwirkung relativ schnell nachlässt. Das macht wiederholte Booster-Impfungen erforderlich. Ein neuer Impfstoff zeigt in einer Untersuchung vielversprechende Ergebnisse:

  • Ein neu entwickelter Vektorimpfstoff zeigt im Tiermodell eine deutlich länger anhaltende Immunantwort.
  • Das Vehikel – der Vektor – mit dem die Information für das Spikeprotein des Coronavirus im Impfstoff transportiert wird, ist ein tierisches Zytomegalievirus (MCMV), das dem Menschen nicht gefährlich werden kann.

Neuartiger Vektorimpfstoff 

Forschende vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung berichteten 2022 erstmals über den neuartigen Vektorimpfstoff. Das sich bereits damals abzeichnende vielversprechende Profil der MCMV-basierten Vakzine hat sich inzwischen bestätigt.

Eine aktuelle Veröffentlichung, an der nationale und internationale Forschungseinrichtungen beteiligt waren, untermauert im Mausmodell die lang anhaltende und breit gefächerte Immunantwort.

Die Verwendung eines tierischen Zytomegalievirus als Vektor ist ein geschickter Schachzug. Bei Vektorimpfstoffen werden Viren als Vehikel benutzt, um Bausteine des Erregers, gegen den die Impfung gerichtet ist, in den menschlichen Körper einzuschleusen. Bei Impfstoffen gegen COVID-19 wird in die Vektorviren das Gen für den Bauplan des Spikeproteins integriert, mit dem sich das Coronavirus an den Wirtszellen verankert.

Maus-Zytomegalievirus gilt als sicher für den Menschen

Menschliche Viren, die als Vektoren genutzt werden, müssen erst entschärft werden. Das MCMV jedoch kann man so verwenden, wie es ist. Zytomegalieviren sind nämlich in hohem Maß wirtsselektiv. Das heißt, das MCMV infiziert die Maus, im Menschen jedoch kann es sich nicht vermehren.

Unter anderem deshalb sei das Maus-Zytomegalievirus als Vektor für Impfstoffe geradezu ideal, so die Erstautoren Dr. Kristin Metzdorf und Dr. Henning Jacobsen.

Lang andauernde Immunantwort

Das große Plus sehen die Forschenden in der lange andauernden Impfantwort, die sich mit dem MCMV-Impfstoff nach nur einer Dosis erzielen lässt. Am Tiermodell wurde nachgewiesen, dass die Konzentration von Antikörpern, die im Fall einer späteren Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 für die Erregerabwehr verfügbar sind, über einen Zeitraum von 6 Monaten nach der Impfung stabil bleibt.

Ergebnisse von Forscherkollegen von der Universität Rijeka in Kroatien sprechen dafür, dass die Schutzwirkung sogar noch länger vorhält.

Bei der Bekämpfung von Krankheitserregern fährt das Immunsystem zweigleisig: Zum einen bilden sich hochspezifische Antikörper, die gegen bestimmte Strukturen des Angreifers gerichtet sind und diesen unschädlich machen. Die zweite Schiene besteht in der Mobilisierung ebenfalls spezifischer Immunzellen, die den Erreger in infizierten Zellen erkennen und aktiv bekämpfen. Hier spielen sogenannte CD8+ T-Zellen die zentrale Rolle. Nach einer Impfung mit der neuen Vakzine gegen COVID-19 sind einerseits die frei zirkulierenden Antikörper im Blut dauerhaft erhöht, und andererseits sind auch gegen das Coronavirus gerichtete CD8+ T-Zellen auf Dauer einsatzbereit.

Warum hält die Schutzwirkung länger vor?

Warum der MCMV-Impfstoff eine vergleichsweise lange Schutzwirkung entfaltet, soll jetzt erforscht werden. Eine Vermutung gibt es bereits: Zytomegalieviren haben die Eigenschaft, sich in ihrem Wirt Nischen zu suchen, wo sie sich verstecken und lange Zeit untätig im Ruhemodus verharren. Erst wenn die Immunabwehr des Wirtsorganismus schwächelt, wechseln sie in den Aktivmodus und können dann Krankheitszeichen hervorrufen.

Vermutlich versuchen auch die MCMV-Vektorviren, sich im menschlichen Organismus einzunisten, aber weil der Mensch nicht der passende Wirt für sie ist, funktioniert die Reaktivierung nicht. Das menschliche Immunsystem lässt nicht zu, dass Mausviren erneut im Blut auftauchen, und geht gegen sie vor, sobald sie Proteine bilden und noch bevor infektiöse Partikel entstehen. Auf diese Weise, so die These, wird die Immunabwehr wiederholt stimuliert und die Impfwirkung bleibt erhalten.

Ein weiteres interessantes Phänomen: Die Forschenden haben für den neuen Impfstoff das Spike-Gen der allerersten SARS-CoV-2-Variante verwendet. Zunächst werden nach Gabe des MCMV-Impfstoffs erwartungsgemäß spezifische Antikörper gegen dieses ursprüngliche Spikeprotein gebildet. Interessanterweise sind aber einige Zeit nach der Impfung nicht nur Antikörper gegen das Original zu finden, sondern auch Antikörper gegen Proteinvarianten wie die Omikron-Variante. Wahrscheinlich ist dies auf einen Mechanismus des Immunsystems zurückzuführen, der dazu dient, die Treffsicherheit gegenüber Angreifern durch Mutationen (Erbgutveränderungen) in den zuständigen Abwehrzellen zu steigern. Dass dieser Mechanismus durch den MCMV-Impfstoff besonders gut unterstützt wird, ist laut den Forschenden ein weiterer Vorteil dieser Technologie.

Kombinations-Impfstoffe denkbar

Der MCMV-Vektor hat zudem eine hohe Kapazität, fremde Gene aufzunehmen. Diese werden gegen Virusgene ausgetauscht, die für die Integrität des Virus nicht zwingend erforderlich sind. Theoretisch sei es möglich, in das MCMV gleichzeitig mehrere verschiedene Gene eines Erregers einzuschleusen und so die Impfwirkung bzw. das Wirkspektrum gegen Varianten zu erhöhen. Auch sei denkbar, mit diesem Vektor Kombinationsimpfstoffe herzustellen. Die kombinierte Impfung gegen COVID-19 und Influenza wäre ein sinnvolles Beispiel.

Ulrike Viegener/Helmholz-Institut für Infektionsforschung