SchlaganfallOnline-Therapie für Schlaganfallpatient*innen mit Neglect

Eine neue Online-Therapie hilft Patient*innen mit Neglect nach Schlaganfall, visuelle Reize schneller zu erfassen und ihren Alltag besser zu bewältigen.

animierte, menschliche Umrisse mit Blitz im Kopf
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Menschen mit Neglect sind häufig nicht in der Lage, mehrere Dinge gleichzeitig visuell zu erfassen.

Neuropsycholog*innen der Universität des Saarlandes haben eine Online-Therapie entwickelt, die Menschen mit der Wahrnehmungsstörung Neglect nach einem Schlaganfall unterstützt. Die Therapie kann Betroffenen helfen, wieder besser mehrere Dinge gleichzeitig visuell zu erfassen und so ihre Lebensqualität zu verbessern.

Hintergrund: Neglect

Das sog. Neglect-Syndrom wird häufig durch Schlaganfälle oder Kopfverletzungen verursacht.

Betroffene können einen Teil ihrer Außenwelt oder ihres eigenen Körpers nicht mehr wahrnehmen. Sie sehen die Gegenstände zwar mit ihren Augen, können diese Informationen jedoch nicht vollständig im Gehirn verarbeiten.

Besonders problematisch ist die Unfähigkeit, mehrere Dinge gleichzeitig zu erfassen, was den Alltag stark beeinträchtigt.

„Für verschiedene Symptome der akut an einem Neglect erkrankten Menschen gibt es bereits wirksame Behandlungen, nicht jedoch für chronische Restsymptome des Neglects wie diese häufig auftretende Wahrnehmungsstörung“, erklärt Studienleiter Prof. Georg Kerkhoff.

Neue Therapieform für chronische Symptome

Die neue Therapie wurde an der Neuropsychologischen Hochschulambulanz der Universität des Saarlandes entwickelt und erprobt.

In 2 Studien mit insgesamt 31 Patient*innen zeigte sich, dass bereits nach 18 Therapiestunden deutliche Verbesserungen erzielt wurden. „Schon nach etwa 18 Therapiestunden konnten alle Betroffenen wieder besser mehrere visuelle Dinge gleichzeitig erfassen, wie etwa verschiedene Gegenstände oder Personen auf einem Bild“, berichtet Kerkhoff.

Zwei Drittel der Teilnehmer*innen konnten nach der Therapie sogar in ihren früheren Beruf zurückkehren.

Hybride Therapieform: Effektiv und flexibel

Das Besondere an der neuen Therapie ist die schrittweise Einführung einer neuen Blickstrategie, die es den Patient*innen ermöglicht, visuelle Reize schneller und effizienter zu erfassen. Die Übungseinheiten beginnen mit der Anzeige verschiedener Reize nacheinander und steigern die Schwierigkeit bis hin zur gleichzeitigen Präsentation mehrerer Reize.

Diese Methode kann nicht nur in der Klinik, sondern auch als Home-Training genutzt werden. „Für die Therapie zu Hause ist lediglich ein PC mit einem Internetzugang nötig“, erklärt Kerkhoff. Dadurch wird die Behandlung auch für Menschen in abgelegenen ländlichen Gebieten zugänglich.

Potenzial für Betroffene

Jährlich erkranken in Deutschland etwa 50.000 Menschen an Neglect. Die neue Online-Therapie bietet eine vielversprechende Möglichkeit, diesen Betroffenen zu helfen, ihre Alltagskompetenzen zurückzugewinnen und gegebenenfalls wieder ins Berufsleben zurückzukehren. „Mit dieser neuen Form der ‚hybriden‘ Therapie des Rest-Neglects könnten in Zukunft noch viel mehr Betroffene behandelt werden“, sagt Kerkhoff. Dies könnte zu einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität und der beruflichen Wiedereingliederung führen.

Veröffentlichung der Studienergebnisse

Die Ergebnisse der Studien wurden in den Fachzeitschriften „Zeitschrift für Neuropsychologie“ sowie „Neurologie & Rehabilitation“ veröffentlicht. Die Forschung wurde in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität München und dem Zentrum für ambulante Neuropsychologie und Verhaltenstherapie in Berlin durchgeführt. Die neue Therapieform könnte einen Fortschritt in der Behandlung von chronischen Wahrnehmungsstörungen darstellen und vielen Patient*innen helfen, ihre Unabhängigkeit wiederzuerlangen.

Quelle: Universität des Saarlandes

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