
Einweg-E-Zigaretten haben sehr wahrscheinlich ein sehr hohes Suchtpotenzial.
Auf dem Markt gibt es immer mehr Nikotinpräparate. Neben Tabakerhitzern und Nikotinbeuteln erfreuen sich E-Zigaretten großer Beliebtheit. Vor allem Einweg-E-Zigaretten, sog. Disposables, werden für Jugendliche und junge Erwachsene ansprechend und als weniger schädliche Alternative zu herkömmlichen Zigaretten vermarktet: in bunten Farben und mit attraktiven Aromen.
Wie groß ihr Suchtpotenzial tatsächlich ist, hat ein Forscherteam des LMU Klinikums gemeinsam mit dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) untersucht.
Studie mit 18 jungen Erwachsenen
An der randomisierten, 4-armigen Crossover-Studie nahmen 18 Proband*innen im Alter von 19 bis 28 Jahren teil. Es wurden 2 E-Zigaretten mit einer herkömmlichen Zigarettenmarke verglichen:
- die Einweg E-Zigaretten Elfbar 600 mit 20 mg/ml Nikotin (Erdbeere-Kiwi-Aroma bzw.Tabak-Aroma)
- die Pod E-Zigarette myBlu mit 18 mg/ml Nikotin (Tobacco-Roasted-Blend-Aroma)
- herkömmliche Zigaretten mit 0,8 mg Nikotin (Marlboro Red)
Die Proband*innen konsumierten alle Produkte unter standardisierten Bedingungen 5 Minuten lang nach Belieben. Während des 30-minütigen Versuchsablaufs wurden fortlaufend Zugparameter, Herz-Kreislauf-Daten und subjektive Empfindungen erfasst; parallel dazu wurden mehrere Blutproben zur Bestimmung der Nikotinkinetik abgenommen.
Nikotinwerte erreichen schnell Zigaretten-Niveau
- Die Disposables der Marke Elfbar erreichten Höchstkonzentrationen im Blutplasma von 7,1 ng/ml (Erdbeere-Kiwi-Aroma) und 6,9 ng/ml (Tabak-Aroma).
- Herkömmliche Zigaretten erreichten eine Konzentration von 8,1 ng/ml.
- Wiederbefüllbare Pod-Systeme (myBlu) lagen mit 3,1 ng/ml deutlich darunter.
Besonders beunruhigend: Der Nikotinspiegel stieg bei den Einwegprodukten bereits in der ersten Minute nach Konsumbeginn am stärksten an. Die maximale Nikotinkonzentration wurde nach nur 5 (Elfbar 600 Strawberry-Kiwi) bzw. 6 (Elfbar 600 Tobacco) Minuten erreicht. Das ist deutlich schneller als bei klassischen Zigaretten (8 Minuten).
Für das Suchtpotenzial eines Produkts ist vor allem der schnelle Anstieg der Nikotinkonzentration in der akuten Phase, also in den ersten Minuten nach Beginn des Konsums, entscheidend. Aufgrund ihrer schnellen Nikotinanflutung vermuten die Forschenden, dass Einweg-E-Zigaretten die Konsumvariante mit dem stärksten Suchtpotential von allen getesteten Produkten seien.
Die Probanden bewerteten die Disposables außerdem als befriedigender und äußerten eine höhere Lust zum erneuten Konsum im Vergleich zu einer herkömmlichen Zigarette. Besonders die Erdbeere-Kiwi-Variante erfreute sich großer Beliebtheit.
Forderung nach verstärkter Regulierung
"Dass die neuen Einweg-E-Zigaretten eine so schnelle und hohe Nikotinabgabe bieten, überrascht nicht nur, es beunruhigt uns sehr", sagt Dr. Tobias Rüther. "Gerade junge Erwachsene laufen Gefahr, durch die hohe, schnelle Nikotinabgabe dieser Produkte in eine dauerhafte Abhängigkeit zu geraten."
Dr. Rabenstein, Christin Falarowski und Anna Rahofer von der LMU München berichten: "In unserer klinischen Arbeit in der Tabakambulanz sehen wir zunehmend junge Erwachsene, die von diesen neuen Produkten stark abhängig sind und vorher nicht geraucht haben. Viele berichten, sie hätten über Influencer auf Social-Media-Kanälen von diesen neuen Produkten erfahren."
Die Forschenden fordern eine verstärkte Beobachtung von Verkaufs- und Konsumtrends sowie eine Verschärfung der Regulierungen. Etwa durch Beschränkungen bei Aromen, Verpackungsgestaltung und Werbeformen inklusive Social Media. Zusätzlich empfiehlt das Forschungsteam flächendeckende Aufklärungskampagnen über die Risiken von Einweg- E-Zigaretten. Nur mit klaren Regeln und gezielter Prävention könne verhindert werden, dass eine neue Generation ungewollt nikotinsüchtig werde, so Rüther.
Hintergrund
Tabakkonsum bleibt weltweit die führende vermeidbare Todesursache – allein in Deutschland sterben nach Schätzungen des Deutschen Krebsforschungszentrums jedes Jahr rund 127.000 Menschen an den Folgen des Rauchens. Weltweit sind es laut WHO über 8 Millionen.
Quelle: LMU Klinikum München