Mehr als 400.000 künstliche Hüft- und Kniegelenk werden jährlich in Deutschland eingesetzt. Prävention und gelenkfreundlicher Lebensstil können helfen, Gelenkersatz möglichst lange zu vermeiden.
Vom Säuglingsultraschall bis hin zur Sturzprophylaxe im Alter: Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) hat zusammengefasst, wie sich Gelenke möglichst lange gesund erhalten lassen können.
Mit gesundem Lebensstil Gelenkersatz vermeiden
Der Schlüssel für möglichst lebenslang gesunde Gelenke ist ein gesunder Lebensstil. 3 Maßnahmen vom Säuglingsultraschall bis zur Sturzprävention im Alter können helfen, lebenslang beweglich zu bleiben. Ziel ist, Fehlstellungen wie eine unreife Hüfte oder X- und O-Beine zu erkennen, die Knochenernährung zu sichern und die Gelenke richtig zu belasten.
3 Untersuchungen für weniger Gelenkverschleiß
Die Fachgesellschaft empfiehlt:
- Hüftsonografie für frühe Diagnostik: Die Ultraschalluntersuchung der Hüften bei Neugeborenen, dient der Früherkennung von Hüftdysplasie. Diese Fehlstellung kann unbehandelt im späteren Leben zu Arthrose führen. Eine frühzeitige Diagnose ermöglicht eine rechtzeitige Behandlung und kann somit langfristige Gelenkschäden verhindern. Eltern sollten diese kostenlose Untersuchung für ihr Kind nutzen.
- X- und O-Beine abklären lassen: X- und O-Beine können zu Fehlbelastungen und damit zum frühzeitigen Verschleiß der Knorpel am Kniegelenk führen. Eltern sollten sich die Fußstellung ihrer Kinder genau anschauen. Bei Auffälligkeiten sollten sie das Kind von einem Facharzt oder einer Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie untersuchen lassen. Im Kindesalter kann mit Schuheinlagen und Physiotherapie noch viel korrigiert werden.
- Sturzprophylaxe durch Messung von Knochendichte und Vitamin-D-Spiegel: Im Alter können Stürze den Einsatz einer Endoprothese nach sich ziehen. Deshalb empfiehlt sich für ältere Menschen eine Sturzprophylaxe. Sie beinhaltet u.a. die Messung der Knochendichte und des Vitamin-D-Wertes. Sprechen Sie darüber mit einer Fachärztin oder einem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Insofern die Leistung nicht ärztlich verordnet wurde, erhält man eine Knochendichtemessung ab ca. 50 Euro, die Messung des Vitamin-D-Spiegels ist ab ca. 20 Euro. Bei schlechten Ergebnissen kann therapeutisch gut gegengesteuert werden.
„Die Kombination aus frühzeitiger Diagnostik, einer an die Gelenkgesundheit angepassten Bewegung, ergonomischen Anpassungen im Alltag, einer gesunden Ernährung, dem Vermeiden von Risikoverhalten sowie Maßnahmen zur Stärkung der Knochen ist entscheidend, um Arthrose und Osteoporose und späteren Endoprothesen vorzubeugen“, sagt Prof. Georgi Wassilew von der DGOU.
5 Tipps für einen gelenkschonenden Lebensstil
- Bewegung: Bewegung ist wichtig für gesunde Gelenke. Regelmäßige, moderate Aktivitäten wie Schwimmen, Radfahren oder Yoga stärken die Gelenke und halten sie beweglich. Hochintensive oder wiederholte Stoßbelastungen, wie sie bei manchen Sportarten oder beruflichen Tätigkeiten vorkommen, können hingegen schädlich sein und Arthrose begünstigen.
- Ergonomische Anpassungen im Alltag und Beruf: Die Anpassung des Arbeitsplatzes und die Nutzung von Hilfsmitteln können dazu beitragen, die Belastung auf die Gelenke zu verringern. So kann zum Beispiel die Verwendung eines ergonomischen Stuhls oder eines höhenverstellbaren Schreibtisches die Haltung verbessern und die Gelenke schonen.
- Gewichtskontrolle durch gesunde Ernährung: Übergewicht ist ein Risikofaktor für Arthrose, da es zu einer erhöhten Belastung der Gelenke führt. Eine ausgewogene Ernährung, reich an Omega-3-Fettsäuren, Antioxidantien und Vitaminen, unterstützt ein gesundes Körpergewicht und fördert die allgemeine Gelenkgesundheit.
- Risikoverhalten meiden: Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum beeinträchtigen die Knochen- und Gelenkgesundheit und sollten vermieden werden. Ein gesunder Lebensstil trägt maßgeblich zur Prävention von Arthrose und Osteoporose bei.
- Osteoporose vorbeugen: Eine ausreichende Versorgung mit Kalzium über die Ernährung und Vitamin D durch Sonnenlicht ist erforderlich für starke Knochen und beugt Osteoporose vor. Regelmäßige Bewegung, insbesondere Krafttraining, verbessert die Knochendichte und verringert v.a. im höheren Alter das Risiko von Knochenbrüchen.
Hintergrund
29,3 Prozent der Frauen und 24,4 Prozent der Männer leiden unter akuten Gelenkschmerzen. Mit zunehmendem Alter nimmt die Anzahl der Personen zu, die über akute Gelenkschmerzen berichten.
Dafür können Arthrose, Arthritis sowie Osteoporose verantwortlich sein. Bei der Arthrose nimmt die schützende Knorpelschicht im Gelenk immer mehr ab. Im Endstadium der Erkrankung reiben Knochen aufeinander, was sehr schmerzhaft sein kann. Gelenkknorpel sind nicht durchblutet, sie ernähren sich wie ein Schwamm. Durch Wechsel von Druck und Entlastung saugt sich der Knorpel voll und bildet den notwendigen Puffer zwischen den Knochen. Deshalb ist für die Ernährung des Knorpels die häufige Bewegung der Gelenke wichtig.
Viele Menschen, die jahrelang unter Gelenkschmerzen leiden, entscheiden sich für eine Endoprothese, die wieder mehr Lebensqualität bringt.
- Das Endoprothesenregister Deutschland (EPRD) verzeichnet 177.000 künstliche Hüftgelenke als Hüft-Erstimplantation im Jahr 2022. Der Anteil männlicher Patienten lag bei 40 Prozent, das mediane Alter bei 72 Jahren.
- Zusätzlich wurden mehr als 18.000 Hüft-Folgeeingriffe vorgenommen, der Anteil männlicher Patienten lag bei 42 Prozent, das mediane Alter bei 76 Jahren. Insgesamt wurden an der Hüfte fast 196.000 Eingriffe dokumentiert.
- 137.000 Knie-Erstimplantationen wurden im EPRD aufgeführt, der Anteil männlicher Patienten lag bei 41 Prozent, das mediane Alter betrug 69 Jahre. 14.000 Knie-Folgeeingriffe wurden dokumentiert, der Anteil männlicher Patienten lag bei 43 Prozent, das mediane Alter bei 70 Jahren. Insgesamt wurden im EPRD mehr als 151.000 Eingriffe am Knie dokumentiert.
Der medizinische Fortschritt hat die Erfolgsrate für Endoprothesen deutlich verbessert.
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie