PräventionDarmkrebs: zunehmende Inzidenz bei jungen Menschen

In westlichen Industrienationen erkranken immer mehr junge Menschen an Darmkrebs. Warum nehmen viele das Angebot zur Darmkrebsprävention nicht an?

Darm als Puzzle, welches von Händen in blauen Handschuhen und Instrumenten zusammengesetzt wird.
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Warum nutzen so wenige Menschen die Darmkrebs-Früherkennung und wieso erkranken immer mehr junge Erwachsene?

Darmkrebs gehört nach wie vor zu den häufigsten Tumorerkrankungen der Frauen und Männer in Deutschland und liegt bei den Frauen bei der Erkrankungshäufigkeit an Platz zwei, bei den Männern an dritter Stelle mit jährlich 26 000 beziehungsweise 34 000 Neuerkrankungen. 

Zunahme von Darmkrebs bei jungen Menschen

Ein Phänomen, was in den westlichen Industrienationen in den letzten Jahren verstärkt beobachtet wird, ist eine Zunahme der Darmkrebsinzidenz bei jüngeren Patient*innen, early-onset kolorektale Karzinome (EO-CRC). Hierbei handelt es sich um kolorektale Karzinome, die vor dem 50. Lebensjahr auftreten. Aktuelle Studien zeigen, dass der Anteil dieser Patient*innen in den Vereinigten Staaten derzeit ungefähr 12 % ausmacht und Daten aus Deutschland zeigen ebenfalls einen jährlichen Anstieg dieser früh auftretenden kolorektalen Karzinome um ungefähr 1,2 %,mit  einem geschätzten Anteil von 5 % der Gesamtdickdarmkrebsfälle.

Adipositas als Risikofaktor

Die Ursachen hierfür sind höchstwahrscheinlich multifaktoriell und abschließend nicht geklärt. Es gibt aber eindeutige Belege, dass eine Zunahme der Adipositas ein Risikofaktor ist, und es wird ein Zusammenhang zwischen der  frühzeitigen Exposition der bekannten Risikofaktoren für das kolorektale Karzinom und dem frühen Auftreten diskutiert. [1, 2]

Früherkennungsmaßnahmen zur Darmkrebsvorsorge

Im Oktober 2002 wurden Früherkennungsmaßnahmen für die Darmkrebsvorsorge in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass diese Früherkennungsmaßnahmen in den letzten Jahren zu einer deutlichen Senkung der Inzidenz der kolorektalen Karzinome geführt haben. So zeigt eine Untersuchung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), dass die altersstandardisierte Inzidenz der kolorektalen Karzinome bei Männern um 22,4 % und bei Frauen um 25,5 % zurückgegangen ist. Die Mortalität sank bei Männern um 35,8 % und bei Frauen um 40,5 %.

Obwohl die Wirksamkeit der Darmkrebsprävention in vielen Studien nachgewiesen wurde, liegt die Inanspruchnahme nur bei knapp über 20 %. Wenn man Darmspiegelungen hinzunimmt, die als diagnostische Untersuchung bei Beschwerden durchgeführt wurden, kommt man nach Zahlen der AOK nur auf ungefähr 46 % der  Männer und 54 % der Frauen bis 65 Jahren, die in den letzten 10 Jahren eine Darmspiegelung erhalten haben. [3]

Die Ursachen für diese weiterhin unbefriedigende Inanspruchnahme dieses wirksamen Vorsorgeprogrammes sind vielfältig. Insgesamt kann aber gesagt werden, dass der Zugang zur Darmkrebsvorsorge für die Anspruchsberechtigten vereinfacht werden muss. Es gibt Beispiele aus dem europäischen Ausland, dass sich durch eine andere Organisation erhöhte Teilnahmeraten erzielen lassen. So nutzen beispielsweise in den Niederlanden fast 70 % der Anspruchsberechtigten das Darmkrebsscreening. 
Neben der Organisation des Einladungsverfahrens spielt auch die Information und Motivation der Anspruchsberechtigten eine große Rolle, hierbei haben die Hausärztinnen und Hausärzte eine wesentliche Rolle in der Motivation.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e.V. (DGIM)

[1] Sinicrope FA. Increasing Incidence of Early-Onset Colorectal Cancer. N Engl J Med 2022; 386(16):1547-1558

[2] Tanaka LF, Hechenbichler Figueroa S, Popova V, Klug SJ, Buttmann-Schweiger N. The rising incidence of early-onset colorectal cancer. Dtsch Arztebl Int 2023; 120:59-64

[3] Tillmanns H, Schillinger G und Dräther H. Inanspruchnahme von Früherkennungsleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung durch AOK-Versicherte im Erwachsenenalter von 2007 bis 2021, Berlin, Oktober 2022, Pressemitteilung des WidO vom 28.11.2022