
Frauen haben tendenziell einen leichteren Schlaf als Männer.
Männer und Frauen erleben Schlafstörungen unterschiedlich. Studien belegen, dass das Geschlecht einen wesentlichen Einfluss auf die Art und Häufigkeit von Schlafproblemen hat. Auch die gemeinsame Nachtruhe in einem Bett wirkt sich nicht bei allen Paaren gleich aus: Manche profitieren davon, bei anderen wird der Schlaf gestört.
Die Schlafmedizinerin Prof. Kneginja Richter hat auf einer Pressekonferenz erklärt, was das für Paare und gesunden Schlaf bedeuten kann.
Schlafstörungen bei Frauen sind anders
Frauen sind besonders häufig von Ein- und Durchschlafproblemen (Insomnie) betroffen. Hormonelle Schwankungen, eine erhöhte emotionale Empfindsamkeit und die komplexe Schlafarchitektur während der Schwangerschaft, Mutterschaft sowie Menopause verstärken diesen Effekt zusätzlich.
"Wechseljahre können Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen und diverse körperliche und psychische Beschwerden auslösen. Darauf vorbereitet zu sein ist das Wichtigste, das heißt mentale Resilienz trainieren und Schlafstörungen durch richtiges Verhalten im Bett vorbeugen - das ist möglich", erklärt Prof. Kneginja Richter.
Auch Albträume und das Restless-Legs-Syndrom treten bei Frauen signifikant häufiger auf.
Welche Schlafstörungen bei Männern dominieren
Bei Männern dominieren dagegen andere Schlafstörungen: Vor allem die obstruktive Schlafapnoe – eine nächtliche Atmungsstörung – ist weit verbreitet. Anatomische Merkmale wie ein größerer Halsumfang oder mehr viszerales Fett sind begünstigende Faktoren.
Männer zeigen zudem häufiger REM-Schlaf-Verhaltensstörungen und neigen zu späteren Chronotypen, wenn sie jünger sind, was die Schlafqualität zusätzlich belasten kann. Der REM-Schlaf spielt eine zentrale Rolle für die geistige Gesundheit.
Paare, die gemeinsam schlafen, erleben häufig längere und weniger gestörte REM-Phasen, vorausgesetzt, sie stören sich nicht gegenseitig. "REM-Schlaf fördert emotionale Ausgeglichenheit, Kreativität und soziale Kompetenzen. Die Schlafmuster von Paaren synchronisieren sich im Laufe einer Liebesbeziehung, wenn die Beziehung gut ist – leider aber auch umgekehrt", so Richter.
Beziehungsqualität beeinflusst gemeinsamen Schlaf
Möglicherweise spielt das Bindungshormon Oxytocin eine wichtige Rolle, denn der intime und vertrauliche Körperkontakt in der Nacht sorgt für die Freisetzung von Oxytocin und vermittelt das Gefühl der Geborgenheit und Sicherheit beim gemeinsam schlafenden Paar. Die Qualität der Beziehung beeinflusst also direkt den gemeinsamen Schlaf.
Oxytocin, oft als "Kuschelhormon" bezeichnet, scheint eine wichtige Rolle für die Qualität des REM-Schlafs zu spielen. Laut einer Studie von Liu et al. (2025) wird während der REM-Phase Oxytocin reigesetzt, das die Verarbeitung sozialer Erlebnisse unterstützt. Besonders bei Paaren mit viel körperlicher Nähe wird die Ausschüttung verstärkt. Auch eine Studie von 2022 belegt: Intranasal verabreichtes Oxytocin verbesserte die Schlafqualität von Paaren, insbesondere bei Frauen.
Körperliche Nähe senkt den Blutdruck, steigert das Wohlbefinden und wirkt sich positiv auf die Beziehung aus.
Die geschlechtsspezifischen Unterschiede zeigen:
- Frauen schlafen deutlich sensibler in Anwesenheit eines Partners.
- Männer schlafen ohne Partnerin sogar schlechter.
Besonders Frauen nehmen Bewegungen, Geräusche und Schnarchen stärker wahr – was zu einem fragmentierten Schlaf der Frauen führen kann. Es sind evolutionsbiologische Gründe dafür zu vermuten: Frauen sind als
Mütter generell aufmerksamer gegenüber nächtlichen Reizen. Männer schnarchen häufiger und lauter, was die Nachtruhe vieler Frauen beeinträchtigt.
Getrennte Betten – Tabu oder gesund?
Kneginja Richter hat dazu eine klare Meinung: "Trotz der gesellschaftlichen Norm, gemeinsam zu schlafen, sprechen viele Ergebnisse für alternative Schlafmodelle. Getrennte Betten oder Schlafzimmer werden oft mit Beziehungsproblemen assoziiert – doch das Gegenteil kann der Fall sein. Individuelle Schlafplätze können die Schlafqualität, das Wohlbefinden und sogar die sexuelle Zufriedenheit verbessern."
Spannend ist auch der Einfluss des Chronotyps auf die Nachtruhe: Paare, die ähnliche innere Schlaf-Wach-Rhythmen haben, berichten laut Studien von besserem Schlaf und höherer Beziehungszufriedenheit. Eine Studie mit über 47.000 Paaren aus der UK Biobank zeigt, dass sich Partner langfristig aneinander anpassen – besonders dann, wenn emotionale Nähe besteht. Der Gleichklang des Chronotyps spielt dabei eine größere Rolle als der individuelle Typ selbst.
"Es ist also nicht egal, ob sich die Paare frühmorgens beim Bäcker oder in der Nacht auf einer Party kennenlernen", sagt Richter.
Fazit: Gemeinsamer Schlaf ist individuell
Kneginja Richters Fazit lautet:
"Gemeinsamer Schlaf ist individuell – und eine Beziehungsfrage. Ob gemeinsam oder getrennt – die beste Schlaflösung für Paare hängt von vielen Faktoren ab: Geschlecht, Chronotyp, Beziehungstiefe, gesundheitliche Voraussetzungen und individuelle Schlafbedürfnisse. Während manche Paare durch Nähe besser schlafen, brauchen andere räumliche Distanz für erholsamen Schlaf. Wichtig ist, dass Schlaf nicht aus gesellschaftlichem Druck heraus organisiert wird, sondern so, dass sich beide Partner wohlfühlen – emotional wie körperlich."
Quelle: Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Schlafmedizin/17.6.2025