von Volker Schmiedel
Schlaf kann nicht willentlich herbeigeführt oder erzwungen werden. Er ist etwas Passives, das wir nicht durch aktives Tun erreichen, sondern nur geschehen lassen können. Was Sie tun können, ist die Bedingungen, die Schlaf ermöglichen, optimal zu gestalten: Vertrauen Sie in die natürlichen Fähigkeiten des Körpers, der sich so viel Schlaf holt, wie er braucht. Aus Untersuchungen im Schlaflabor ist bekannt, dass Menschen mit Schlafstörungen deutlich mehr schlafen als sie meinen.
Vermeiden Sie die Formel: „Ich muss jetzt schlafen!“ Sagen Sie sich vielmehr: „Ich muss nicht schlafen! Ich möchte nur ruhen. Auch wenn ich gar nicht schlafe, finde ich beim Ruhen meine Erholung.“ Erstens stimmt dies tatsächlich, zweitens schlafen Sie besser ein, wenn Sie es gar nicht wollen.
Versuchen Sie, sich etwas Schönes vorzustellen: Eine blühende Bergwiese, auf der Sie das sanfte Flügelschlagen der Schmetterlinge beobachten. Die ermüdende Hitze in der Hängematte unter einer tropischen Palme, während die Meereswellen sacht gegen den Sandstrand schwappen. Genießen Sie diese Bilder. Ruhen Sie dabei. Sie müssen dabei nicht einschlafen, Sie dürfen es.
Nutzen Sie Ihr Bett nur für Ruhe, Entspannung und Schlaf. Gerade wenn Sie unter Schlafstörungen leiden, sollten Sie im Bett weder lesen, noch fernsehen. Andere Tätigkeiten als Schlaf (oder Beischlaf) sollten im Bett tabu sein.
Achten Sie auf Ihren biologischen Rhythmus: Schlafstörungen treten gehäuft dann auf, wenn wir gegen unsere natürliche Ordnung verstoßen. Aktivität, Passivität, Mahlzeiten, körperliche Aktivität sollten daher täglich zu etwa den gleichen Zeiten stattfinden. Abends sollten Sie etwa zur selben Zeit ins Bett gehen, morgens zur selben Zeit aufstehen. Ein Mittagsschlaf sollte bei Schlafstörungen unbedingt vermieden werden, da der natürliche Rhythmus (tagsüber aktiv – nachts passiv) sonst durcheinandergerät.
Die Schlafdauer sagt nichts über die Schlafqualität aus: Ein besserer Maßstab ist das Befinden am nächsten Tag. Sind Sie völlig zerschlagen oder lediglich etwas erschöpft und können ihren gewohnten Tätigkeiten ohne weiteres nachgehen? Fühlen Sie sich tagsüber nicht besonders müde und zerschlagen, dann war der Schlaf quantitativ und qualitativ zumindest ausreichend.
Die folgenden 10 Tipps unterstützen Sie auf natürliche Weise beim Einschlafen.
1. Genussmittel meiden
Alkohol in geringen Mengen, z.B. eine Flasche Bier oder ein Glas Rotwein, kann schlaffördernd wirken. In größeren Mengen stört Alkohol jedoch das natürliche Schlafprofil. Der Ablauf von Tiefschlaf- und Traumschlafphasen gerät durcheinander. Der Schlaf ist nicht mehr erholsam. Ein gelegentlicher Schlummertrunk ist erlaubt, regelmäßiger Gebrauch von Alkohol als Schlafmittel hingegen aufgrund des Gewöhnungseffekts nicht sinnvoll.
Koffein kann als anregende Droge Schlafstörungen verstärken. Oft reicht es aber nicht aus, koffeinhaltige Getränke am Abend zu meiden. Von Schlafstörungen geplagte Menschen sollten versuchsweise nach dem Mittagessen konsequent auf jegliche koffeinhaltigen Getränke verzichten – und auch koffeinhaltige Schmerzmittel.
2. Kein schweres Essen am Abend
Bereits der griechische Philosoph Demokrit wusste: „Bei genügsamer Kost wird die Nachtruhe nicht verkürzt.“ Wer unter Schlafstörungen leidet, sollte abends nicht viel und nichts Schweres essen. Am besten ist es, gegen 18 Uhr die letzte feste Mahlzeit einzunehmen. Viele Menschen werden unruhiger, wenn sie abends noch Rohkost zu sich nehmen.
Bei Schlafstörungen empfiehlt sich daher: kein rohes Obst, Gemüse oder Salat nach 15 Uhr.
Das sogenannte Dinner-Canceling, also das Abendessen ganz ausfallen zu lassen, kann helfen, Schlafstörungen zu minimieren. Man hat festgestellt, dass beim Verzicht auf die Abendmahlzeit die Werte des Schlafhormons Melatonin in der Nacht höher sind.
3. Synthetische Schlafmittel vermeiden
Die Einnahme synthetischer Schlafmittel (Tranquilizer) sollte die Ausnahme bleiben, z. B. um bei anhaltenden starken Schlafstörungen mal wieder eine Nacht halbwegs durchschlafen zu können. Als Dauerlösung sind sie ungeeignet, da sich Schlafstörungen bei regelmäßiger Einnahme erst manifestieren. Bei längerem Gebrauch ist ein normaler Schlaf praktisch nicht mehr möglich, abruptes Absetzen hat wesentlich stärkere Schlafstörungen als vor Beginn der Einnahme zur Folge.
4. Ausreichend Bewegung
Schon in der Bibel steht: „Wer arbeitet, dem ist der Schlaf süße.“ (Prediger Salomo Kap. 5 Vers 11). Die meisten von uns kennen körperlich erschöpfende Tätigkeiten kaum noch von der Arbeit, sondern nur noch von sportlicher Betätigung. Viele Menschen fallen zum Beispiel nach einer 30-Kilometer-Wanderung oder einem Tag auf der Skipiste abends ins Bett und schlafen sofort ein. 3-mal pro Woche ½ bis 1 Stunde Sport baut nicht nur Kalorien, sondern auch Stress ab.
Je aktiver wir am Tag sind, desto eher fordert der Körper in der Nacht sein Recht auf Passivität und Regeneration. Aber auch hier gilt: Gelassenheit geht vor Leistungsdenken. Sport spät am Abend, besonders bei wettbewerbsorientierten Leistungen, kann „aufdrehen“ und Schlafstörungen verstärken.
5. Kalte Güsse und warme Fußbäder
Angeblich hat Pfarrer Sebastian Kneipp sogar den Papst von Schlafstörungen befreit. Ein kalter Unterschenkelguss vor dem Zubettgehen kühlt die Füße ab. Reaktiv kommt es aber zur Erwärmung, das Blut wird aus dem Kopf abgezogen, was gerade bei Grüblern für Entspannung sorgt.
Bei sehr kalten Füßen kann ein ansteigendes warmes Fußbad Wunder tun: Gießen Sie angenehm warmes Wasser in eine Fußbadewanne und geben dann alle paar Minuten heißes Wasser hinzu, sodass es die Füße gerade noch gut tolerieren. Auf diese Weise erreichen Sie schrittweise ansteigende Temperaturen, die gleich zu Beginn nicht möglich gewesen wären. Die Füße und der Körper werden gut erwärmt, meist stellt sich eine wohlige Entspannung ein.
Für Entspannung und warme Füße sorgt auch ein warmes Lavendelfußbad: Füllen Sie eine Fußbadewanne mit warmem bis heißen Wasser (es sollte noch gut erträglich sein). Geben Sie 1 EL Lavendeltinktur hinzu. Das warme Wasser wirkt entspannend, der Lavendelduft steigt auf und wirkt als Aromatherapie beruhigend auf das zentrale Nervensystem.
Manche Menschen mit Schlafstörungen schwören auf die vegetativ ausgleichende Wirkung der Sauna. Doch hier ist Vorsicht geboten: Zu starke Reize können anregen. Probieren Sie es aus und beobachten Sie die Wirkung auf Ihre Schlafstörungen.
6. Das richtige Bett und eine schlaffördernde Umgebung
„Wie man sich bettet, so liegt man“ besagt ein deutsches Sprichwort. Viele Menschen mit Schlafstörungen haben ein zu hartes oder zu weiches Bett. Das Kopfkissen kann zu flach oder zu dick sein. Lassen Sie sich vom Fachhändler beraten. Seriöse Händler lassen auf ihren Matratzen auch schon mal Probeschlafen.
Haben Sie viele Elektrogeräte im Schlafzimmer? Probieren Sie einfach mal ohne „Elektrosmog“ zu schlafen. Wenn sich Ihre Schlafstörungen ändern, überlegen Sie, ob Sie auf Elektrogeräte im Schlafzimmer verzichten können.
Schlafen Sie im Urlaub oder bei Freunden besser? Dann ist vielleicht der Schlafplatz Schuld. Schlafen Sie doch einmal mit dem Kopf am Fußende, stellen Sie das Bett an einen anderen Platz im Schlafzimmer oder in der Wohnung. Werden darunter die Schlafstörungen weniger? Probieren geht auch hier über studieren.
7. Pflanzliche Heilmittel
Die milde, schlaffördernde Wirkung pflanzlicher Mittel ist belegt. Wichtig ist bei allen pflanzlichen Mitteln jedoch eine ausreichend hohe Dosierung. Mit selbst zubereiteten Tees oder Tinkturen aus der Apotheke lässt sich diese Dosierung oft genauso gut erreichen wie mit industriellen Fertigpräparaten.
Baldriantee:
2 TL Baldrianwurzel auf 1 Tasse Wasser
Baldriantinktur:
1–2 TL Baldrianwurzel in Kräutertee geben
Fertigpräparate finden Sie hinter der DocCheck-Schranke.
Fertigpräparate
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8. Homöopathie
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9. Herunterfahren und entspannen
Bereiten Sie Geist und Körper langsam auf die Ruhezeit vor: Dies kann z.B. durch Entspannungsübungen geschehen. Suchen Sie sich ein Verfahren, mit dem Sie gut zurechtkommen. Körperlich aktive Menschen bevorzugen möglicherweise eher körperorientierte Verfahren wie Muskelentspannungstraining nach Jacobson, Yoga oder Tai-Chi. Mehr introvertierten Menschen kann Autogenes Training oder Meditation besser liegen.
10. Die richtige Einstellung
„Schlaf ist für den Menschen, was das Aufziehen für die Uhr“ behauptete der Philosoph Arthur Schopenhauer. Wir gewinnen unsere verbrauchte Energie – körperlich, geistig und seelisch – beim Schlafen zurück. Aber noch einmal: Wir können den Schlaf nicht erzwingen, wir können ihn nur zulassen. Dazu müssen wir auch loslassen – von unseren Gedanken und Sorgen: „Denken Sie das Richtige – oder gar nichts!“ (Erich Fried). Oder auch: „Wenn man schlafen geht, soll man die Sorgen in die Schuhe stecken“ (Anonymus). Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
Autor
Dr. med. Volker Schmiedel
Paramed
CH-6340 Baar
www.dr-schmiedel.de