KunstherzImplantierbares Kunstherz überbrückt Wartezeit auf Spenderorgan

Patient*innen mit schwer geschädigten Herzen warten oft lange auf Spenderherzen. Komplett implantierbare Kunstherzen könnten die Wartezeit überbrücken helfen. 

Stethoskop liegt auf einem gedruckten EKG
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Die Wartezeit auf ein Spenderherz beträgt durchschnittlich 6 Monate, was für schwer herzkranke Patient*innen oft zu lang ist.

Erstmals hat das Team der Herzchirurgie am Universitätsklinikum Heidelberg zwei Patient*innen mit vollständigen Kunstherzen versorgt. Diese neuesten Geräte ersetzen das biologische Herz vollständig und funktionieren mithilfe hochentwickelter Robotik. Die Patient*innen, deren schwer geschädigtes Herz keine ausreichende Leistung mehr erbrachte, haben den Eingriff gut überstanden und erholen sich derzeit.

Lange Wartezeiten auf Spenderherzen

Die Wartezeit auf ein Spenderherz beträgt durchschnittlich 6 Monate, was für schwer herzkranke Patient*innen oft zu lang ist. Um diese kritische Phase zu überbrücken, setzten die Heidelberger Herzchirurgen auf das moderne Kunstherz „Carmat Aeson“ der Firma Carmat. Dieses System wird wie ein natürliches Herz in den Brustkorb implantiert und übernimmt vollständig die Herzfunktion. Nur ein Kabel zur Stromversorgung ragt aus dem Bauch heraus und verbindet das Kunstherz mit Akkus, die die Patienten in einer Umhängetasche tragen.

Fortschrittliches Herzersatzsystem

Das „Carmat Aeson“ kann beide Herzkammern ersetzen. Bisherige Unterstützungssysteme konnten nur die linke Herzkammer unterstützen oder die Pumpe musste außerhalb des Körpers platziert werden. Das Aeson-Kunstherz erzeugt einen pulsierenden Blutfluss und passt sich automatisch den individuellen Blutdruckwerten an. Es verfügt über Herzklappen und eine Innenauskleidung aus Rinderherzgewebe, die Gerinnselbildungen vorbeugen. Dadurch sind starke Gerinnungshemmer nicht erforderlich.

Herausforderung für Chirurgenteam

Die Implantation des Kunstherzens ist technisch anspruchsvoll und erfordert höchste Präzision. Die Verbindungen zu den natürlichen Gefäßen müssen absolut dicht sein, und das System muss korrekt gestartet sowie überwacht werden. Das Heidelberger Team hatte sich bereits im März 2023 in Paris von der Herstellerfirma schulen lassen und führte die Operationen im Juni und Juli 2024 erfolgreich durch. Beide Patient*innen erholten sich schnell und konnten bereits kurze Zeit später auf die Normalstation verlegt werden.

Patient*innen berichten von positiven Erfahrungen

Einer der Patient*innen, ein 58-Jähriger, dessen Herz durch eine Autoimmunerkrankung schwer geschädigt war, berichtet, dass er das Kunstherz kaum wahrnimmt, abgesehen von einem leichten Geräusch, an das er sich gewöhnen musste. Zuvor war er mehrere Wochen ans Bett gefesselt, da sein Herz nur noch 15 Prozent der normalen Leistung erbrachte. Nun kann er sich wieder frei bewegen und berichtet von einer erheblichen Verbesserung seiner Lebensqualität.

Blick in die Zukunft

Das Team der Heidelberger Herzchirurgie, das jährlich über 1600 Operationen am Herzen durchführt, blickt optimistisch in die Zukunft. Europaweit leben bereits 30 Menschen mit dem Carmat-Kunstherzen, einige von ihnen seit mehr als 6 Monaten. In Heidelberg hängt der zukünftige Einsatz dieses Systems von der weiteren Entwicklung der beiden Patient*innen ab. Die bisherigen Erfolge lassen jedoch hoffen, dass das Kunstherz in Zukunft häufiger zur Überbrückung der Wartezeit auf ein Spenderorgan eingesetzt werden kann.

Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg