
Etwa 8500 Menschen in Deutschland warten auf ein Spenderorgan.
In Ländern, in denen die Widerspruchsregelung gelte, seien mehr Organe verfügbar, berichtete der Transfusionsmediziner Prof. Rainer Blasczyk auf einer Pressekonferenz. Es brauche in Deutschland eine Politik, die mutig genug ist, das Transplantationsgesetz dahingehend zu ändern.
Rund 8500 Menschen stehen in Deutschland auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Täglich sterben im statistischen Schnitt 2,5 von ihnen, weil das lebensrettende Organ fehlt.
Hürden durch das Transplantationsgesetz
Prof. Rainer Blasczyk, Leiter des Instituts für Transfusionsmedizin und Transplantat Engineering an der Medizinischen Hochschule Hannover, warnt: „Die Mortalitätsraten auf den Wartelisten für Leber und Lunge sind im Vergleich zu anderen Eurotransplant-Ländern sogar mehr als doppelt so hoch. Und im Gegensatz zur Dialysetherapie bei Niereninsuffizienz gibt es für diese Organe keine Ersatztherapie.
Hinzu kommt, dass vor allem bei der Lebertransplantation auch die Überlebensraten der transplantierten Empfänger niedriger sind als im europäischen Ausland. „Das liegt daran, dass die Organknappheit bedingt, dass jeweils nur die Schwerstkranken mit den schlechtesten Prognosen transplantiert werden können“, erläutert Blasczyk.
Ein Ausweg wäre die Lebendspende – zumindest für die Nierentransplantation. „Aber genau hier geht die Problematik weiter: Die Qualität der Nieren-Lebendtransplantationen ist in Deutschland nicht gut, da sie mit besonders vielen Mismatches verbunden ist“, erklärt Blasczyk. Den Grund dafür sieht der Experte im veralteten Transplantationsrecht in Deutschland, welches ein Näheverhältnis (Verwandte, Partner) zwischen Spender und Empfänger verlangt. „Im Vordergrund steht also die Frage nach dem Verwandtschaftsverhältnis und nicht die Fragen, welche Spenderniere am besten zum Empfänger passt“, so der Transfusionsmediziner.
Abhilfe könnte die Cross-over-Spende ermöglichen, die in Deutschland nicht erlaubt ist, in Ländern mit modernerem Transplantationsrecht hingegen ist sie eine Selbstverständlichkeit. Dabei werden die lebend gespendeten Organe so verteilt, dass ein bestmöglicher Match für die Patient*innen erreicht wird, sodass das neue Organ möglichst gut vom Transplantierten angenommen und eine Abstoßung unwahrscheinlicher wird.
Innovative Verfahren bei der Organtransplantation
Die erste Innovation hat Tarnkappen für Organe entwickelt. Anstatt das Immunsystem beim Empfänger herunterzufahren, damit es sich nicht gegen das neue Organ „wendet“, wird das Spenderorgan, während es noch außerhalb des Körpers ist, gentechnisch verändert. Dadurch ist es nach Einsetzen in den Empfänger für dessen Immunzellen nicht erkennbar und damit nicht angreifbar. „Dies ist eine neue Dimension in der Organtransplantation“, so der Experte.
Die zweite Innovation löst das Problem der Antikörper-vermittelten Abstoßung, welche für die Mehrzahl der späten Organverluste verantwortlich ist. Dazu werden Patienten-eigene Immunzellen durch gentechnische Veränderung in Killerzellen umgewandelt. Diese können passgenau exakt diejenigen Zellen des Immunsystems eliminieren, die ansonsten Antikörper gegen das Transplantat bilden würden. Alle anderen Antikörper-produzierenden Zellen bleiben dabei verschont, so dass das Immunsystem des Empfängers voll funktionstüchtig bleibt.
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie