Die erste Muttermilch, das Kolostrum, ist für jedes Baby wichtig – ganz gleich ob es gestillt wird oder nicht. Denn die Neugeborenenmilch hilft, das anfangs noch unreife Immunsystem des Kindes aufzubauen. „Kolostrum ist mit seiner hohen Nähr- und Immunstoffkonzentration für Babys echtes Superfood – jeder Tropfen zählt und ist wertvoll“, sagt Maria Flothkötter, Leiterin des Netzwerks Gesund ins Leben im Bundeszentrum für Ernährung. „Daher sollte möglichst jeder Säugling Kolostrum erhalten, unabhängig davon, ob die Mutter stillen möchte oder nicht.“
Kolostrum stärkt den Aufbau des kindlichen Immunsystems und die Darmfunktion, schützt das Baby vor Gelbsucht und unterstützt seine gesunde Entwicklung.
Verantwortlich hierfür sind zahlreiche Nährstoffe und bioaktive Substanzen. Dazu zählen beispielsweise Immunglobuline, die von der Frau in die Muttermilch übergehen. Sie schützen das Neugeborene vor Krankheiten, die die Mutter bereits durchgemacht hat. „Interessant ist, dass sich die Zusammensetzung des Kolostrums je nach geografischer Lage und den dort auftretenden Krankheiten unterscheiden kann“, so Flothkötter.
Über 200 komplexe Kohlenhydrate fördern das Darmmikrobiom
Über 200 komplexe Kohlenhydrate fördern die natürliche Entwicklung des Darmmikrobioms. Sie sorgen dafür, dass sich wichtige Bifidobakterien im Darm des Babys ansiedeln – ein guter Schutz vor Bauchweh und Durchfall. Kolostrum ist zudem reich an Vitaminen und Mineralstoffen, die entscheidend für die Entwicklung von Gehirn, Sehkraft und Herz sowie für den Knochenaufbau des Säuglings sind. Da die Neugeborenenmilch abführend wirkt, senkt sie auch das Risiko einer Gelbsucht, die durch einen Überschuss des gelben Blutfarbstoffs Bilirubin verursacht werden kann. Denn mit dem ersten Stuhlgang – dem sogenannten Kindspech – wird Bilirubin ausgeschieden.
Mit ausreichend Zeit findet das Baby in den ersten Stunden nach der Geburt eigenständig zur Brust, beginnt zu saugen und holt sich sein Kolostrum. Dieses ist perfekt auf seine individuellen Bedürfnisse und seinen Entwicklungsstand angepasst: Der gerade mal kirschgroße und kaum dehnbare Magen kann nur kleinste Mengen fassen. Aufgrund der hohen Nähr- und Immunstoffkonzentration des Kolostrums reichen schon fünf bis sieben Milliliter je Stillmahlzeit aus, um das Baby optimal zu versorgen und zu sättigen. „Es ist von der Natur ideal eingerichtet: Von einer größeren Menge Milch wäre das Baby zu Anfang auch überfordert: Es muss erst einmal lernen, Atmen, Trinken und Schlucken zu koordinieren“, erläutert Flothkötter.
Diese kleinen Mengen können einfach von Hand gewonnen und mit einem Löffel oder Becher an das Neugeborene verfüttert werden. So können auch Babys, die nicht gestillt werden, von den besonderen Inhaltstoffen der Neugeborenenmilch profitieren.
Bereits während der Schwangerschaft wird Kolostrum gebildet. So ist es unmittelbar nach der Geburt verfügbar. Ab dem fünften Tag nach der Geburt verändert sich in der Regel die Zusammensetzung der Muttermilch. Es bildet sich zunächst eine Übergangsmilch, die innerhalb von zwei Wochen nach der Geburt zur reifen Muttermilch wird. Sie ist dünnflüssiger als Kolostrum, liefert im Vergleich mehr Fett und Laktose und immer noch jede Menge Nähr- und Immunstoffe. Kommt ein Baby vor dem errechneten Geburtstermin zur Welt, beginnt dieser Übergang später und die Milch bleibt länger im Stadium der Neugeborenenmilch. Frühgeborene erhalten so über einen längeren Zeitraum eine Extra-Portion immunologisch wirksamer Stoffe. Kolostrum ist für ihre gesunde Entwicklung besonders wertvoll.
Das Netzwerk Gesund ins Leben empfiehlt werdenden Eltern, sich bereits während der Schwangerschaft über das Stillen und den besonderen Wert der ersten Muttermilch zu informieren.
Quelle: Gudrun Kinzel, www.bzfe.de