Post COVIDNoch immer großer Handlungsbedarf bei Post-COVID-Patient*innen

2023 startete in Thüringen eine rollende Post-COVID-Ambulanz, um betroffene Patient*innen besser versorgen zu können. Nach einem Jahr liegen nun Erkenntnisse vor.

Post-Covid_Ambulanz-Bus in Weimar
Hellmann/UKJ

Die rollende Post-COVID-Ambulanz in Weimar.

In Thüringen leiden schätzungsweise noch immer etwa 80.000 Menschen an den Spätfolgen einer Corona-Infektion. Betroffene sind noch Monate später in ihrer Leistungs- und Belastungsfähigkeit eingeschränkt, und das im körperlichen, geistigen und seelischen Bereich. Da sich die Erkrankung in sehr unterschiedlichen Symptomen äußert, gibt es nicht die eine ursächliche Therapie. Das Konzept der rollenden Post-COVID-Ambulanz in Thüringen kann dennoch auf erste Fortschritte verweisen.

Erste Erkenntnisse des Thüringer WATCH-Projekts 

Im November 2023 startete in Thüringen der Bus des WATCH-Projekts als mobile, voll ausgestattete Post-COVID-Ambulanz. Das Ziel des am Universitätsklinikum Jena koordinierten Projektes ist die Entwicklung neuer Versorgungsformen für Post-COVID-Betroffene insbesondere im ländlichen Raum. Dazu werden die wohnortnahe Untersuchung mit einer umfassenden telemedizinischen Betreuung Zuhause kombiniert.

Insgesamt 345 Patienten sind seit Beginn im WATCH-Projekt eingeschlossen. Damit ist mehr als die Hälfte der etwa 600 verfügbaren Plätze in dem Projekt bereits nach einem Jahr belegt. 56 Hausärzte, koordiniert über die kassenärztliche Vereinigung Thüringen, nehmen bislang im Projekt teil, diese vermitteln die Teilnahme am WATCH-Programm.

52 Busfahrten an 15 verschiedenen Standorten wurden umgesetzt, 6 weitere Standorte sind aktuell geplant. Bis November 2025 wird der Bus in allen Thüringer Landkreisen – bis auf Nordhausen – Station gemacht haben.

Insgesamt 6 Krankenkassen - die AOK PLUS, die BARMER und die Techniker Krankenkasse als Konsortialpartner sowie die IKK classic, IKK gesund plus und DAK-Gesundheit als Kooperationspartner, unterstützen das innovative Versorgungsprojekt in hohem Maße.

Nach wie vor großer Behandlungsbedarf

Projektleiter Prof. Andreas Stallmach resümiert: „Der Behandlungsbedarf ist nach wie vor groß. Sowohl Ärzte als auch Post-COVID-Patienten wissen, dass die Behandlung langwierig und vor dem Hintergrund des komplexen Krankheitsbildes auch anstrengend ist. Aber wir sehen positive Effekte in WATCH. Betroffene nehmen Verbesserungen ihrer Situation wahr. Diese sind hochwahrscheinlich auf die ganzheitliche Betreuung als auch auf das telemedizinische Konzept, welches Betroffene Zuhause in Abhängigkeit vom jeweiligen Befinden ganz flexibel in ihren Tagesablauf integrieren können, zurückzuführen.“

Studienleiter Dr. Philipp Reuken ergänzt: „Der Zugang zu spezialisierter Diagnostik und der zeitintensiven Therapie ist für viele begrenzt und für die Betroffenen in ländlichen Regionen besonders beschwerlich. Umso mehr wiegt daher der Umstand, dass die Patienten entsprechend weite und aufwendige An- und Abreisen zu den Spezialisten vermeiden können. Das nimmt ihnen einen entscheidenden Anteil ihrer Sorgen. Hinzu kommt, dass die Betroffenen durch den rehabilitativen Charakter des Programms lernen, mit den Einschränkungen umzugehen, was ebenso zu einem besseren Gesamtempfinden beiträgt.“ 

Das gesamte WATCH-Programm dauert 24 Wochen, davon 12 Wochen mit Interventionsmaßnahmen. Teilnehmende erhalten nach der Vermittlung durch den Hausarzt einen wohnortnahen Termin im Bus. Hier absolvieren sie umfassende Untersuchungen und Tests sowie eine Schulung für die telemedizinische Betreuung. 

Bei einem zweiten Bustermin erfolgt die Einweisung in das Behandlungsprogramm, das die Teilnehmenden zum Großteil zu Hause absolvieren. Dieses ganzheitliche Behandlungsprogramm mit den Modulen Brain, Body und Soul umfasst computerbasierte Trainingseinheiten für die geistige Fitness, ein digitales Sportrehabilitationsprogramm, das über Smartwatch-Daten kontrolliert wird, und verhaltenstherapeutische Übungen.

Regelmäßige Webinare bieten währenddessen die Möglichkeit für Zwischeninformationen und Rückfragen. 

Ein dritter Besuch im Bus dient schließlich der Abschlussuntersuchung.

WATCH steht für Mobile WohnortnAhe Versorgung zur Steuerung der sektorübergreifenden Therapie bei Post-COVID-19 in Thüringen und wird als Innovationsfonds-Projekt des Gemeinsamen Bundesausschusses mit rund 5,8 Millionen Euro gefördert.

Quelle: Uniklinikum Jena