Der mit 1500 Euro dotierte Valerius-Preis der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) und dem Deutschen Ärzteverlag geht in diesem Jahr an Jörg Riedl aus Lübeck. Der Krankenhaus-Apotheker im Universitären Cancer Center Schleswig-Holstein am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein hat den besten Fachbeitrag aus nicht-ärztlichen Berufsgruppen veröffentlicht.
Nichtmedikamentöse Maßnahmen sinnvolle Ergänzung
Unter dem Titel „Palliative komplementäre Maßnahmen auf der Intensivstation – alles Voodoo oder sinnvolle Ergänzung der Therapie?“, erschienen 2020 im DIVI-Magazin des Deutschen Ärzteverlags, macht Riedl deutlich: Nichtmedikamentöse Maßnahmen, etwa zur Symptomkontrolle von Schmerz oder zur Delirvermeidung, können eine sinnvolle Ergänzung zur intensivmedizinischen Standardtherapie darstellen. Den Preis nahm Riedl im Rahmen des virtuellen DIVI-Jahreskongresses 2021 entgegen.
Patient*innen in der palliativen Erkrankungsphase leiden häufig unter belastenden Symptomen und unerwünschten Nebenwirkungen durch die Einnahme vieler Arzneimittel. Nichtmedikamentöse Maßnahmen wie Aromatherapie, Akupressur und Akupunktur, Auflagenwickel oder Hand- und Fußmassagen können einen unterstützenden Beitrag leisten.
„Während diese Maßnahmen in der Palliativpflege und Physiotherapie bereits umfassend eingesetzt werden, sind sie in der Intensivmedizin noch nicht etabliert. Hier in Lübeck haben wir also geschaut: Wie können wir mit den Ressourcen, die wir haben, komplementärmedizinisch unterstützen, ohne dass zum Beispiel räumliche Veränderungen vorgenommen oder neues Personal eingestellt werden muss“, erklärt Jörg Riedl. Das kann in der Praxis ganz unterschiedlich aussehen – von olfaktorischer Stimulation durch die Aufnahme von Aromen über die Entspannungsförderung mittels sanfter Massagen bis hin zum feuchten Wadenwickel, um Fieber zu senken.
Noch mehr evidenzbasierte Studien nötig
Eine Studie zeigt, dass entsprechende Palliative-Care-Konzepte nicht nur zu einer höheren Behandlungszufriedenheit und reduzierten Belastungsreaktionen von Behandlern und Angehörigen beitragen, sondern auch einen positiven Effekt auf die Verweildauer in Klinken hat. Noch fehlen aber umfangreiche evidenzbasierte Studien, die womöglich für eine weitere Awareness und Akzeptanz von komplementärmedizinischer Unterstützung in der Intensivmedizin sorgen könnten.
„Ich kann aus unserer Erfahrung sagen: Mit einfachen und schnell umsetzbaren Mitteln lässt sich schon viel erreichen. Die DIVI hat schon 2010 in ihrem Positionspapier festgeschrieben, dass ein klinischer Pharmazeut routinemäßig in multidisziplinäre Teams integriert sein soll. Flächendeckend gesehen ist das noch ein weiter Weg bis dahin, aber einige Schritte sind wir schon gegangen.“, so der Preisträger.
"Das Ziel sollte sein, das Beste aus beiden Welten – der pharmakologischen und der nicht-pharmakologischen Welt – zum Wohle der Patienten zu vereinen."
Die DIVI hat den Valerius-Preis erstmals 2013 vergeben. Die Namensgeberin Therese Valerius war selbst eine Pionierin: Sie legte den Grundstein der heutigen Fachweiterbildungen, indem sie ein Weiterbildungskonzept entwickelte und 1972 an der Uniklinik Mainz den ersten Weiterbildungslehrgang „Anästhesie und Intensivtherapie“ ins Leben rief. Nun ehrt der Valerius-Preis neue Pionierinnen und Pioniere unter den nicht-ärztlichen Autorinnen und Autoren für herausragende Forschungsarbeiten.
Quelle: Pressemitteilung/Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin