
Die Genehmigung von ärztlich verordnetem medizinischem Cannabis durch die Krankenkasse soll künftig bei bestimmten Facharzt- und Zusatzbezeichnungen entfallen.
Die erste Verordnung von Cannabisprodukten muss bislang i.d.R. von der Krankenkasse genehmigt werden. Bei Folgeverordnungen ist sie nur bei einem Produktwechsel notwendig.
Der Gemeinsame Bundesauschuss (G-BA) hat jetzt festgelegt, bei welcher Qualifikation verordnende Ärzt*innen der Genehmigungsvorbehalt der Krankenkasse entfällt: Gelistet sind 16 Facharzt- und Schwerpunktbezeichnungen sowie 5 Zusatzbezeichnungen.
Bei Ärzt*innen, die diese Facharzt-, Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnung führen, geht der G-BA davon aus, dass sie die Voraussetzungen für eine Cannabisverordnung abschließend einschätzen können. Bestehen jedoch Unsicherheiten, können auch diese Vertragsärzt*innen eine Genehmigung der Verordnung bei der Krankenkasse beantragen.
Bei welchen Qualifikationen entfällt der Genehmigungsvorbehalt?
Die ärztliche Qualifikation ist erfüllt bei diesen Facharzt-, Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnungen:
- Fachärztin/Facharzt für Allgemeinmedizin
- Fachärztin/Facharzt für Anästhesiologie
- Fachärztin/Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit Schwerpunkt Gynäkologische Onkologie
- Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin
- Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Angiologie
- Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Endokrinologie und Diabetologie
- Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie
- Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Hämatologie und Onkologie
- Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Infektiologie
- Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie
- Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie
- Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Pneumologie
- Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie
- Fachärztin/Facharzt für Neurologie
- Fachärztin/Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin
- Fachärztin/Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie
- Geriatrie
- Medikamentöse Tumortherapie
- Palliativmedizin
- Schlafmedizin
- Spezielle Schmerztherapie
Warum kann freiwillig eine Genehmigung der Krankenkasse beantragt werden?
Eine Verordnung von medizinischem Cannabis ist generell nur möglich, wenn andere Leistungen, die den Krankheitsverlauf oder die schwerwiegenden Symptome positiv beeinflussen können, nicht zur Verfügung stehen und wenn Aussicht auf einen positiven Effekt von Cannabis-Arzneimitteln besteht.
Ob diese Voraussetzungen bei einer Patientin oder einem Patienten gegeben sind, kann im Einzelfall von der Krankenkasse anders bewertet werden als von den behandelnden Ärztinnen und Ärzten. Deshalb können auch fachlich ausreichend qualifizierte Ärztinnen und Ärzte eine Genehmigung der Verordnung bei der Krankenkasse beantragen, auch um finanziellen Rückforderungen der Krankenkasse (Regress) vorzubeugen.
Eine abschließende Prüfung, ob auch eine wirtschaftlichere Auswahl des Cannabis-Produkts möglich gewesen wäre, ist mit einer Genehmigung aber nicht verbunden.
Ab wann gilt der Beschluss?
Der Beschluss tritt in Kraft, wenn das Bundesministerium für Gesundheit ihn innerhalb von 2 Monaten rechtlich nicht beanstandet und der G-BA ihn im Bundesanzeiger veröffentlicht hat.
Hintergrund: Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen bei Medizinal-Cannabis
Gesetzlich Versicherte haben unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf eine Verordnung von Cannabis: in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten sowie auf Arzneimittel mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon.
Mit dem Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) wurde der G-BA beauftragt, das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen zu regeln, bei denen der Genehmigungsvorbehalt der Krankenkasse entfällt.
Prof. Josef Hecken vom G-BA zeigt sich zufrieden mit der Umsetzung des gesetzlichen Auftrags: Der bürokratische Aufwand verringere sich erheblich, ohne Einbußen bei der Patientensicherheit.
Auf der Homepage der G-BA sind Antworten auf häufige Fragen zur Verordnung von medizinischem Cannabis zusammengestellt.
Quelle: Gemeinsamer Bundesausschuss