GLP-1-Rezeptor-Agonisten (GLP-1-RA), sog. Abnehmspritzen, helfen schätzungsweise bis zu 850.000 Menschen mit Diabetes Typ 2 in Deutschland, ihr Gewicht zu reduzieren und den Blutzucker besser zu kontrollieren. Trotzdem ist eine individuelle Diabetesberatung nach wie vor unverzichtbar, betont der Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland.
Nur allein mit Medikamenten lassen sich ein Diabetes Typ 2 und mögliche Folgeerkrankungen nicht ausreichend und nachhaltig behandeln. Hierfür sei eine strukturierte Versorgung sinnvoll, die auch Aspekte wie Bewegung und Ernährung beinhaltet.
Medikamente allein haben Grenzen
GLP-1-RA, die als Spritzen verabreicht werden, unterstützen den Körper dabei, den Blutzuckerspiegel zu regulieren und gleichzeitig den Appetit zu zügeln. „Diese Medikamente wirken nicht nur auf den Zuckerstoffwechsel, sondern auch auf das Gewicht und bewirken eine Reduktion von kardiovaskulären Komplikationen bei Menschen mit Diabetes Typ 2“, erklärt die Diabetologin Prof. Julia Szendrödi von der Universitätsklinik Heidelberg.
Dennoch habe diese Therapie ihre Grenzen: Ohne eine Lebensstilanpassung, wie Ernährungsumstellungen und Bewegung, könne das volle Potenzial der Medikamente nicht ausgeschöpft werden.
Ganzheitliche Betreuung bei Diabetes notwendig
Erhalten Diabetes-Patient*innen zusätzlich zur medikamentösen Therapie eine intensive Schulung und Beratung durch Diabetes-Berater*innen, erzielen sie langfristig bessere Behandlungserfolge. Das zeigen Untersuchungen [1][2]. Zudem seien eine regelmäßige Kontrolle und individuelle Therapieanpassungen entscheidend, erklärt Dr. Lars Hecht vom Verband der Diabetesberatungs- und Schulungsberufe.
Auch auf psychosoziale Faktoren, wie Stress oder der Zugang zu gesunden Lebensmitteln, müsse in der Behandlung eingegangen werden.
Besonders wichtig sei es, die Patientinnen und Patienten im Blick zu behalten, wenn sie eine Kombination aus Medikamenten zu sich nehmen. Werden GLP-1-RA beispielsweise mit Insulin kombiniert, muss die Therapie angepasst werden um Unterzuckerungen zu vermeiden. Zudem müssen weiterhin regelmäßige Untersuchungen zur Überwachung von Blutdruck, Cholesterin und Nierenfunktion stattfinden. „Nur so können kardiovaskuläre Komplikationen, die bei Menschen mit Diabetes häufig auftreten, verhindert werden“, erläutert Szendrödi.
Viele Diabetespatient*innen brechen medikamentöse Therapie ab
Die Diabetologin betont, dass viele Menschen die medikamentöse Behandlung mit GLP-1-RA nach wenigen Monaten abbrechen. Die Gründe dafür seien vermutlich eine erhöhte Erwartungshaltung zum Gewichtsverlust oder auftretende Nebenwirkungen, so Szendrödi. Auch deshalb sei eine enge Therapiebegleitung notwendig.
Menschen, die gut in die Therapie eingebunden sind, leiden weniger häufig an Folgeerkrankungen und müssen seltener ins Krankenhaus.
Kombination aus Medikamenten und Beratung
GLP-1-Rezeptor-Agonisten bieten große Chancen bei der Behandlung von Diabetes, doch sie sind kein Ersatz für eine umfassende Beratung und Betreuung. Hecht fasst zusammen: „Die Abnehmspritze ist ein wichtiger Fortschritt, aber sie ersetzt nicht die individuelle Beratung. Wir müssen den Menschen helfen, ihre Krankheit zu verstehen und ihnen zeigen, wie sie mit Diabetes gut leben können – nur so lässt sich die Therapie langfristig erfolgreich gestalten.“ Dabei helfen strukturierte Schulungen durch Diabetesberater*innen, die auch eine gemeinsame Entscheidungsfindung und das Umfeld der Patient*innen berücksichtigen.
Quelle: Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland
Literatur
- National Standards for Diabetes Self-Management Education and Support: American Diabetes Association (ADA). 2022 Standards of Medical Care in Diabetes. Diabetes Care 2022; DOI: 10.2337/dc22-Sint
- Chatterjee S, Khunti K, Davies MJ. Impact of Diabetes Education and Self-Management. Type 2 diabetes management and the role of diabetes education in improving health outcomes. Diabetes Therapy 2018; DOI: 10.1007/s13300-018-0328-3