EinsamkeitWas tun gegen Einsamkeit im Alter?

Existieren wirksame Maßnahmen gegen Einsamkeit im Alter? Auch wenn die Evidenz noch nicht ausreicht, deuten sich für einige Ansätze positive Effekte an.

Alte Frau, einsam
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Einsame oder sozial isolierte ältere Menschen leiden häufiger unter Bluthochdruck, Angststörungen, Depression und Schlafstörungen.

Wissenschaftler*innen unter Federführung des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) gingen der Frage nach, welche Maßnahmen sozialer Isolation und Einsamkeit im Alter vorbeugen oder entgegenwirken könnten. Wegen mangelnder Evidenz sind keine abschließenden Aussagen zum Nutzen der Maßnahmen möglich. Aber: Für einige Ansätze deuten sich positive Effekte an:

Vier Maßnahmen mit positiven Effekten

  • In den USA zeigte ein Programm, dass persönliche oder telefonische Kontakte durch gleichaltrige ehrenamtliche Personen Angstsymptome bei älteren Menschen von durchschnittlich 71 Jahren reduzieren konnten. Das Programm lief über ein Jahr; die Kontakte erfolgten einmal pro Woche.
  • In Kanada zeigte ein Programm, dass Besuche durch ehrenamtlich tätige Studierende die Lebenszufriedenheit steigern konnten. Die Studierenden besuchten die älteren Menschen, die im Durchschnitt ca. 79 Jahre alt waren, 6 Wochen lang einmal pro Woche für drei Stunden. Sie unternahmen z.B. Spaziergänge, lasen vor oder unterstützten im Haushalt.
  • In Finnland wurde ein dreimonatiges Programm erprobt, in dem die Teilnehmer*innen im Alter von durchschnittlich 80 Jahren zwischen verschiedenen Angeboten wählen konnten: therapeutisches Schreiben und Psychotherapie, Sport und Diskussion von Gesundheitsthemen oder Beschäftigung mit Kunst, Musik, Theater und Malerei. Die Angebote fanden in Gruppen statt und wurden professionell betreut. Die Teilnehmer*innen des Programms fühlten sich gesünder, und es gab innerhalb von 2 Jahren nach dem Programm sogar weniger Sterbefälle als bei Personen, die das Programm nicht erhalten hatten.
  • In China wurde ein Präventionsprogramm für ältere Menschen entwickelt, deren erwachsene Kinder aus dem gemeinsamen Haushalt ausgezogen waren. In von Fachleuten geführten Gruppentreffen sollte das Interesse an sozialer Interaktion gesteigert und gegenseitige Hilfe gefördert werden. Das Programm dauerte 7 Monate und konnte die soziale Unterstützung der Teilnehmer*innen steigern.

Die Wissenschaftler vom UKE konnten insgesamt 14 Studien zur Fragestellung identifizieren, davon 6 zur Prävention bei Menschen, die ein erhöhtes Risiko für soziale Isolation hatten, und 8 zur Therapie bei Menschen, die bereits sozial isoliert waren. Diese Studien untersuchten unterschiedliche Angebote: Besuche oder Telefonate mit Ehrenamtlichen, Sportkurse, Freizeitangebote, eine Tablet-Schulung, psychotherapeutische Unterstützung und die Begleitung durch Gesundheitslotsen.

Allerdings haben die vorliegenden Studien Schwächen und sind nicht sehr aussagekräftig, sodass sich schlecht beurteilen lässt, wie hilfreich die untersuchten Angebote sind, so die Wissenschaftler*innen. Die vier im Kasten oben aufgeführten Studien deuten aber positive Effekte an – davon drei zur Therapie und eine zur Prävention.

Ob die Maßnahmen weitere Vorteile haben, bleibt unklar. Zudem wurde in keiner der Studien untersucht, ob die Maßnahmen auch negative Auswirkungen hatten.

Die große Uneinheitlichkeit und methodische Schwächen der vorliegenden Studien lassen keine eindeutigen Aussagen zu der Frage zu, welche Maßnahmen helfen.

Hintergrund

Die Untersuchung wurde im Auftrag des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) durchgeführt. Die Anfrage eines Bürgers war Ausgangspunkt des ThemenCheck-Berichts.

Etwa 10 Prozent der Erwachsenen berichten, dass sie sich oft einsam fühlen. Einsamkeit kann, insbesondere wenn sie auf Dauer besteht, ein Risikofaktor für schlechte Gesundheit und geringe Lebensqualität sein. Deshalb hat sich auch die Bundesregierung des Themas angenommen und angekündigt, bis zum Ende der Legislaturperiode eine Strategie gegen Einsamkeit vor allem bei älteren Menschen zu erarbeiten.

Zwar fühlen sich ältere Menschen nicht häufiger einsam als jüngere, sie sind aber öfter Veränderungen ausgesetzt, die soziale Isolation und belastende Gefühle von Einsamkeit begünstigen – wie etwa eine knappe Rente, der Verlust beruflicher Kontakte mit dem Eintritt ins Rentenalter, der Wegzug von Angehörigen, Krankheiten, eingeschränkte Mobilität sowie abnehmendes Hör- und Sehvermögen. Ältere Menschen, die sozial isoliert oder einsam sind, leiden häufiger unter Bluthochdruck, Angststörungen, Depressionen und Schlafstörungen. Zudem sterben sie oft früher.

Vor diesem Hintergrund stellte ein Bürger im Rahmen des ThemenChecks Medizin die Frage, ob es wirksame Maßnahmen zur Vorbeugung und Reduzierung sozialer Isolation im Alter gibt.

Der ThemenCheck Medizin

Interessierte Einzelpersonen können im ThemenChecks Medizin Vorschläge für die Bewertung von medizinischen Verfahren und Technologien einreichen. In einem Auswahlverfahren, an dem auch Bürger*innen beteiligt sind, werden aus allen eingereichten Vorschlägen jedes Jahr bis zu fünf neue Themen ausgewählt. Laut gesetzlichem Auftrag sollen dies Themen sein, die für die Versorgung von Patient*innen von besonderer Bedeutung sind.

Quelle: Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen