Inhalt
Unsere durchschnittliche Lebenserwartung ist zwar enorm gestiegen. Doch Vitalität und Fitness gestalten sich noch sehr unterschiedlich. Um das biologische Alter günstig zu verändern oder bis ins hohe Alter eine gute Lebensqualität zu erreichen, können wir einiges tun. Denn: Etwa die Hälfte der vorzeitigen Todesfälle hängen mit dem Lebensstil zusammen.
Healthy Aging und Lebensstil
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beschreibt, dass es beim Healthy Aging um die Schaffung von Umgebungen und Möglichkeiten geht, die es den Menschen ermöglichen, ihr Leben lang das zu sein und zu tun, was ihnen wichtig ist. Neben der körperlichen und psychischen Gesundheit, ist damit also auch die Mobilität, Unabhängigkeit und die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben verbunden.
Das gesunde Altern (engl. Healthy Aging) wird von vielen Faktoren beeinflusst, wie z.B. von der Umgebung, in der wir leben. Einige Einflüsse (darunter die Genetik) können weniger durch das eigene Zutun reguliert werden als andere (Bewegung, gesunde Ernährung, Arztbesuche, Rauchen etc.) Es gibt also eine gute Chance, die eigene Gesundheit über die Lebensspanne hinweg zu optimieren, um möglichst gesund zu altern. Hier spielt der Lebensstil eine große Rolle.
Neben der Bewegung, der sozialen Eingebundenheit und ausreichend Schlaf gehört u.a. auch die Ernährung dazu. Bereits kleine Veränderungen in den entsprechenden Bereichen können einen großen Beitrag leisten, gesund zu altern.
Ernährungsweisen und Ernährungsbedürfnisse
Immer mehr zeichnet sich ab, dass die Ernährung einen wichtigen Einfluss im Hinblick auf Alterungsprozesse sowie altersbedingte Krankheiten hat. Studien zeigen, dass die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, neurodegenerativen und kognitiven Problemen durch bestimmte Diäten mit Anti-Aging-Wirkung verlangsamt oder verhindert werden kann. Zum Beispiel durch eine gesundheitsförderliche Zusammensetzung aus Makronährstoffen (Fette, Kohlenhydrate, Proteine) und Mikronährstoffen (Mineralien, Vitamine).
Bestimmte Ernährungsweisen wie die Mittelmeerdiät können eine wichtige Stellschraube darstellen – durch sie werden z.B. das Auftreten bestimmter Krankheiten verhindert und günstig auf die Alterungsprozesse eingewirkt.
Auch Fasten ist ein interessantes Element zur Unterstützung des gesunden Alterns.
Zudem verändern sich die Ernährungsempfehlungen mit zunehmendem Alter: Der Ernährungsstil sollte auf die Bedürfnisse älterer Menschen abgestimmt sein.
Ungesunde vs. gesunde Ernährung
Ungesunde Ernährung spielt eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dazu zählen z.B.:
- die westliche Ernährung,
- eine zu geringe Aufnahme von Obst und Gemüse,
- eine überhöhte Aufnahme von Natrium, gesättigten Fettsäuren und Zucker.
In tierexperimentellen Laborstudien zeigt sich, dass diese Ernährungsweise die Zellalterung sowie das Risiko altersbedingter Krankheiten und die Lebensdauer der Tiere verkürzt. Beim Menschen hervorgehende gesundheitliche Probleme wie Übergewicht, Diabetes, Bluthochdruck und Dyslipidämie können das Herz und Kreislauf-System stark belasten. Auch können Entzündungsprozesse im Körper entstehen bzw. angeheizt werden.
Laut aktuellen Erkenntnissen wird ein sich negativ auswirkender Zusammenhang zwischen Entzündungen und dem Gebrechlichkeitsstatus bei älteren Erwachsenen gesehen.
Eine gesundheitsförderliche Ernährung kann im Gegenzug das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um bis zu 30 % senken. Die Mittelmeerdiät zeigt hier in mehreren Studien positive und präventive Effekte auf die Entwicklung von Herz-Kreislauf-Problemen haben. Unter anderem durch die gewichtsreduzierende Wirkung im Hinblick auf die Normalisierung des Körpergewichts.
Ebenso wird in diesem Zusammenhang auch die Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren (Eicosapentaensäure, Docosahexaensäure) empfohlen. Eine minimale Zielzufuhr liegt bei kombinierten 500 mg Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) pro Tag. Eine moderate Zufuhr (ca. 10 g/Tag) Linolsäure wird empfohlen. Auch Natrium und Kalium stellen wichtige Nahrungsbestandteile zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Problemen dar.
Ernährungsstrategien für Healthy Aging
Um das gesunde Altern zu unterstützen, gibt es verschiedene Ernährungsmöglichkeiten.
Intermittierendes Fasten
In Studien zeigt sich, dass das intermittierende Fasten z.B. deutliche und weitreichende positive Auswirkungen hat. Darunter eine verbesserte Lebensqualität, eine verringerte Müdigkeit und eine Senkung von IGF-1 (steuert Wachstum und Reifung), welcher als Beschleuniger der Tumorentwicklung wirken kann.
Idealerweise sollte ein tägliches Essenszeitfenster von 11–12 Stunden eingehalten werden. Unter Fasten wird der Verzicht auf bestimmte Lebensmittel oder ein gesamter Verzicht auf Lebensmittel über einen kürzeren oder längeren Zeitraum verstanden. Dies hat nachweislich mehrere positive Auswirkungen auf das Altern. Ein 12- bis 24-stündiger Essensverzicht löst in den Zellen eine Autophagie aus, die nicht nur Energie liefert, sondern auch den Zellen hilft, sich zu erneuern und dadurch den Alterungsprozess verlangsamt. Positive Folgen dieser Veränderungen sind eine verbesserte Stoffwechselfunktion, weniger Entzündungen, eine verringerte oxidative Schädigung und ein verbessertes Proteingleichgewicht (Proteostase).
Fasten wird als mögliche unterstützende Therapie bei Krebstherapien diskutiert. Interessanterweise wird eine Beeinträchtigung der Autophagie (Entsorgungssystem) mit mehreren Krankheiten in Verbindung gebracht – darunter Alzheimer, Parkinson, Diabetes, Krebs, chronisch entzündlichen Erkrankungen oder Depressionen.
Zudem zeigen eine generelle Kalorienreduktion, eine erhöhte Ballaststoffaufnahme, eine Einschränkung der Aufnahme von Methionin, der reichliche Verzehr von Obst und Gemüse und damit die Aufnahme wichtiger sekundärer Pflanzenstoffe, die Zufuhr von Hülsenfrüchten und Ölsaaten, die reich an gesundheitsförderlichen Fetten sind (z. B. Nüsse), positive Auswirkungen auf die Gesundheit. Vor allem ist es hier wichtig, frische Nahrungsmittel zu verspeisen und auf verarbeitete Lebensmittel weitgehend zu verzichten. Die Ernährung sollte größtenteils pflanzlich basiert sein, wobei 45–60 % des täglichen Kalorienbedarfs durch unraffinierte, komplexe Kohlenhydrate, 10–15 % durch überwiegend pflanzliche Proteine und 25–35 % durch überwiegend pflanzliche Fette gedeckt werden.
Mittelmeerdiät
Auch wurde eine Ernährungsstrategie für gesundes Altern entwickelt, die auf der mit Vitamin D ergänzten Mittelmeerdiät basiert. Diese Diät scheint das Auftreten altersbedingter Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Osteoporose zu verringern, sowie auch Entzündungen im Körper zu reduzieren.
Die Anti-Aging-Wirkung zeigt sich z.B. auch durch die Fähigkeit, das Verkürzen der Chromosomen-Telomere zu verhindern, sowie die Lipidperoxid-, Wasserstoffperoxid- und Tumor-Nekrose-Faktor-Spiegel zu senken. Wichtige in der Mittelmeer-Diät vorkommende Nahrungsbestandteile wie Curcumin, Astaxanthin, Resveratrol, Hydroxytyrosol, Oleuropein und Spermidin wirken sich positiv auf den Abbau geschädigter Mitochondrien aus und fördern den Aufbau neuer Mitochondrien. Derzeit wird an der Rolle der Mitochondrien im Hinblick auf „Anti-Aging“ und Langlebigkeit geforscht.
Zu den am konsequentesten bewiesenen Auswirkungen der Mittelmeerdiät gehören:
- ein starker antioxidativer Schutz gegen oxidativen Stress und Entzündungen,
- eine lipidsenkende Wirkung,
- die krebsvorbeugende Wirkung sowie
- eine verbesserte Freisetzung von Metaboliten der Darm-Mikrobiota, was sich positiv auf den Stoffwechsel auswirkt.
Generell zeigt sich, dass das Mikrobiom im Darm eine Schlüsselrolle im Hinblick auf altersbedingte, neurodegenerative Krankheiten sowie hinsichtlich der Gebrechlichkeit einnimmt. Weiter können von den Mikrobiota veränderte Stoffwechselprodukte Entzündungen hervorrufen und altersbedingte kognitive Dysfunktionen bedingen.
Weitere Studien zeigen, dass eine Einschränkung der Aufnahme von Methionin (in pflanzlichen & tierischen Lebensmitteln) altersbedingte Erkrankungen verzögern kann.
Denn zu den negativen Auswirkungen der essenziellen Aminosäure Methionin gehören z.B. die Fähigkeit über unterschiedliche Wege den oxidativen Stress im Körper zu erhöhen und damit die Alterungsprozesse zu beschleunigen.
Veränderter Energiebedarf im Alter
Wichtig ist zu erwähnen, dass die täglich benötigte Kalorienzufuhr mit zunehmendem Alter ändert. Der durchschnittliche Energiebedarf hängt auch von den anthropometrischen Parametern und der körperlichen Aktivität ab. Neben der angemessenen Kalorienzufuhr ist auf die Zusammensetzung der Nährstoffe zu achten.
Die Proteinverwertung nimmt ab 60 Jahren ab, wodurch der Bedarf an Protein mit steigendem Alter zunimmt (0,9 – 1,1 g/kg KG). Auch die Zufuhr von Vitamin D wird mit dem Alter wichtiger, um das Osteoporoserisiko zu senken.
Ebenso nimmt mit fortschreitendem Alter die Magensäure ab, was zu einer Verringerung der Vitamin B-12-Aufnahme führen kann – die Folgen sind z.B. Müdigkeit und depressive Verstimmungen. Hier können z.B. mit Vitamin-B12 reiche Lebensmittel wie Orangensaft, Milch oder Joghurt vermehrt zum Einsatz kommen.
Auch die Einnahme von Zink wird im fortgeschrittenen Alter empfohlen, da es das Immunsystem unterstützt und entzündungshemmend wirkt.
Ausreichend Trinken
Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr spielt im Alterungsprozess eine wichtige Rolle. Dehydration ist mit einer erhöhten Krankenhauseinweisung, Morbidität und Mortalität verbunden. Durch die körperlichen und kognitiven Veränderungen während des Alterungsprozesses, sind ältere Menschen anfälliger für Hypohydratation – sie besitzen zu wenig Körperwasser. Dies kann sich schädlich auf das Herz-Kreislauf-System auswirken, z.B. auch auf den Blutdruck und die Leistungsfähigkeit. Es können gesundheitliche Probleme wie Harnwegsinfekte, Verstopfung, Thrombosen, Nierenfunktionsstörungen oder neurodegenerative Erkrankungen auftreten.
- Es empfehlen sich kalorienarme Getränke wie Wasser oder ungesüßter Tee.
- Die deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) nennt einen Richtwert von mindestens 1,5 Liter täglich.
- In punkto Alkohol wird ein Limit von 100 g pro Woche empfohlen, um das Sterblichkeitsrisiko zu senken. Neben der Menge spielt auch die Qualität des Alkohols eine wichtige Rolle – hochprozentige Getränke wirken sich schädlicher aus als Bier und Wein.
Interessant im Hinblick auf Healthy Aging ist auch ein Blick auf die Blue Zones dieser Welt. In den sog. Blauen Zonen leben die Menschen überdurchschnittlich lange und sind gleichzeitig gesund und glücklich. Und auch hier ist neben vielen anderen Aspekten ein moderater Alkoholkonsum keine Seltenheit.
Healthy-Aging-Tipps für den Alltag
- Ballaststoffaufnahme erhöhen (u.a. besser Sättigung, Stärkung des Mikrobioms
- Aufnahme sekundärer Pflanzenstoffe (u.a. Kakaoflavonole in dunkler Schokolade, Schwefelverbindungen in Knoblauch, Anthocyan-Flavonoide in Beeren und Trauben) durch Obst und Gemüse
- vorwiegend pflanzliche Ernährung
- Antioxidantien-Aufnahme (Vitamin C und E, Beta-Carotin z.B. in Zitrusfrüchten, Granatapfel etc.)
- ausreichende Omega-3-Zufuhr (Nüsse, Samen, fettreicher Fisch für die kognitive Leistungsfähigkeit)
- Samen und Nüsse generell (L-Arginin)
- am besten nicht mehr als 1 TL Salz/Tag
- Konsum von raffiniertem Zucker stark einschränken (Glukosespiegel)
- Rauchverzicht
- Konsum gesättigter Fette einschränken (Senkung LDL-Cholesterin)
- mäßiger Alkoholkonsum
- mäßige Kalorienaufnahme
- regelmäßige körperliche Aktivität
- Entspannungs- und Ruhephasen
- ausreichenden Schlaf
- soziale Eingebundenheit
- Erfüllung, positive Lebenseinstellung
- regelmäßige Arztbesuche/Vorsorge
Autorin
Johanna Zielinski ist Diplom-Ökotrophologin (Ernährungswissenschaften) und absolviert derzeit eine Weiterbildung im Bereich Psychologie. Journalistische Stationen erfolgten beim WDR sowie einem privaten Radiosender. Sie ist als Ernährungsberaterin sowie als freie Autorin und Sprecherin tätig.
- Andreo-López MC, Contreras-Bolívar V, Muñoz-Torres M et al. Influence of the Mediterranean Diet on Healthy Aging. Int J Mol Sci 2023; 24(5):4491
- Fekete M et al. Effect of interval training with non-invasive ventilation in severe chronic obstructive pulmonary disease - a prospective cohort study with matched control group. Ann Palliat Med 2021; 10:5289–5298
- Kim HK at al. Effects of Health Status, Depression, Gerotranscendence, Self-Efficacy, and Social Support on Healthy Aging in the Older Adults with Chronic Diseases. Int J Environ Res Public Health 2022; 19(13):7930
- Moqri M et al. Biomarkers of aging for the identification and evaluation of longevity interventions. Cell 2023;186(18):3758-3775
- Plummer JD et al. Intermittent methionine restriction reduces IGF-1 levels and produces similar healthspan benefits to continuous methionine restriction. Aging Cell 2022;21
- WHO. https://www.who.int/news-room/questions-and-answers/item/healthy-ageing-and-functional-ability (abgerufen am 20.09.2024)
- Wood AM et al. Risk thresholds for alcohol consumption: combined analysis of individual-participant data for 599912 current drinkers in 83 prospective studies. Lancet 2018; 391: 1513–23