
Giersch ist ein Kraftpaket an Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen.
Giersch finden und erkennen
Den Giersch (Aegopodium podagraria) musst du nicht lange suchen. Da er halbschattige, feuchte und nährstoffreiche Plätze liebt, wächst er bevorzugt in Gärten unter Bäumen und Büschen. Aber auch in Parks und an Waldrändern breitet sich die robuste Wildpflanze meist flächendeckend aus. Vielerorts gilt er als „Gärtnerschreck“, da er sich aufgrund der zahlreichen Wurzelausläufer kaum „ausrotten“ lässt.
Der mehrjährige Giersch gehört zur Familie der Doldenblütengewächse. Im März und April siehst Du nur die bodennahen Blätter. Die Gierschblätter besitzen einige ganz typische Merkmale, die sie unverwechselbar machen. Sowohl der Stiel als auch die Blätter entwickeln beim Zerreiben einen würzigen, möhrenartigen Duft. Der unbehaarte Blattstiel ist dreieckig und V-förmig. Wenn Du ein Blattstiel zwischen den Fingern rollst, spürst Du deutlich seine Dreikantigkeit. Das Blatt selbst ist ebenfalls dreigeteilt und die einzelnen Blattfiedern sind in sich wiederum zwei- bis dreigeteilt. Auch die Blätter sind nicht behaart.
Von Ende Mai bis Ende Juli entfalten sich die Blütendolden mit kleinen weißen Blüten. Gierschblüten sind wahre Insektenmagneten, unzählige verschiedene Arten (Wildbienen, Fliegen, Käfer, Wanzen, Falter) sind dort anzutreffen. Nach der Befruchtung entwickeln sich kümmelähnliche zweiteilige Spaltfrüchte.
Der unbehaarte Blattstiel des Giersch ist dreieckig und V-förmig. Das Blatt selbst ist ebenfalls dreigeteilt und die einzelnen Blattfiedern sind in sich wiederum zwei- bis dreigeteilt.
Nicht ärgern, sondern essen
Auch wenn sich einige Gärtner und Gärtnerinnen über das „lästige Unkraut“ ärgern, so gibt es doch auch viele Menschen, die sich sehr darüber freuen. Denn in der Wildkräuterküche, die seit einigen Jahren eine Renaissance erlebt, gilt der Giersch als Delikatesse.
Und das zu Recht: Er ist zweifellos eines der besten und wertvollsten Wildgemüse. Die von März bis April erscheinenden jungen Blätter und die saftigen Blattstiele sind eine Wucht: fein-würzige Aromen, die an Möhren mit einem Hauch Petersilie erinnern. Besonders lecker sind die ganz jungen noch glänzend-hellgrünen Blätter, die sich gerade entfaltet haben. Diese kannst Du als Salatzugabe nutzen oder wie Blattspinat zubereiten.
Die Verwertungsmöglichkeiten, ob solo oder gemischt mit anderen Wildkräutern wie Brennnessel oder Löwenzahn, sind äußerst vielseitig: Suppen, Pesto, Kräuterbutter, Aufläufe, pikante Kuchen (Pizza, Quiche), oder als Füllung von Pfannkuchen, Ravioli und Maultaschen.
Da Giersch geschmacklich sehr mild daherkommt, kann er in großen Mengen eingesetzt werden, z.B. ganz wunderbar in „Grünen Smoothies“.
Wenn die Blätter älter werden und eine dunkelgrüne Farbe annehmen, ist ihr Aroma wesentlich herber und sie eignen sich dann kaum mehr für den rohen Genuss. Sobald der Blütenstängel erscheint, ist die Zeit der Blatternte vorbei; es sei denn, der Bestand wird gemäht und treibt dann erneut aus. Auf diese Art ist es möglich fast ganzjährig jungen Giersch zu sammeln.
Ab Mai entfalten sich die winzigen weißen Blüten des Doldenblütlers. Auch sie sind von kulinarischer Bedeutung. Vor allem, wenn sie sich noch im knospigen Zustand befinden. Dann schmecken sie sehr würzig und leicht scharf. Gib sie kleingeschnitten als Würze über die Speisen oder Du tauchst sie wie Holunderblüten in Pfannkuchenteig und frittierst sie.
Nicht nur lecker, sondern auch gesund
Giersch ist ein richtiges Kraftpaket an Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen. Er gehört zu den Protein- und Provitamin-A-haltigsten heimischen Wildpflanzen. Auch bezüglich seines Gehalts an Vitamin C (148 mg/100 g) reiht er sich in den Charts der wertvollsten Wildgemüse unter den Top Ten ein. Kein Kultur-Salat oder Blattgemüse kann da mithalten. Er enthält beispielsweise 5-mal so viel Protein und 18-mal so viel Vitamin C wie Endiviensalat. Außergewöhnlich ist der hohe Kaliumgehalt (528 mg/100 g), was auch seine harntreibende Wirkung erklärt.
Außerdem enthält er zahlreiche wertvolle „Phytochemicals“, die als Radikalfänger dienen und zudem das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und bestimmten Krebserkrankungen senken können. Giersch ist sozusagen ein Power-Paket für Deine Gesundheit!
Bekannt in der Volksmedizin
Unsere Vorfahren nutzten den Giersch auch in der Volksmedizin: Wegen seiner entzündungshemmenden und harntreibenden Wirkung verordnete man einen daraus zubereiteten Tee bei rheumatischen Erkrankungen, Harnwegsinfekten, Diabetes und als Begleiter bei Frühjahrs- und Fastenkuren. Im Mittelalter nahm man die Blätter nicht nur innerlich als Tee, sondern man legte sie zerstoßen als Umschlag auf die schmerzenden Glieder. Bis heute nimmt man Giersch bei kleinen Hautverletzungen und Insektenstichen, indem man die Stellen mit dem Saft zerquetschter Blättern abtupft.
Für Heilzwecke (Tee, Tinktur) sammelt man den Giersch zu einem anderen Zeitpunkt als für Genusszwecke. Die Blätter werden im Mai geerntet, wenn sich die ersten Blütendolden zeigen. Auch die Blütendolden können verwendet werden. Du kannst dir den Tee (Herba Aegopodii) aber auch in der Apotheke besorgen.
Rezept: Frühlings-Pesto mit Giersch
Zutaten
- 80 g junge Gierschblätter
- 40 g junge Löwenzahnblätter
- 1 Knoblauchzehe
- 150 ml Olivenöl
- 2 EL Zitronensaft
- 40 g Sonnenblumenkerne
- 40 g Pecorino oder Parmesan
- 1/2 TL Meersalz
Zubereitung
Die Sonnenblumenkerne in einer trockenen Pfanne anrösten und anschließend mit einem Wiegemesser grob hacken. Die Wildkräuter und Knoblauch so fein wie möglich schneiden. Nun alle Zutaten zusammen mischen. Du kannst aber auch alles im Mixer zerkleinern. Passt sehr gut zu Pasta, Salatsoßen oder als Brotaufstrich.
In Gläser abgefüllt, mit etwas Öl bedeckt und im Kühlschrank gelagert hält das Pesto mindestens 1 Monat.
Und zum Schluss ...
Der Giersch gehört zu Top Ten der heimischen essbaren Wildpflanzen. Du kannst ihn sowohl als gesundes, leckeres Gemüse als auch als Heilpflanze einsetzen. Er enthält so viele Vitamine und Mineralien, dass man ihn sogar als Superfood bezeichnen kann. Mit diesem Wissen lassen sich vielleicht auch vom Unkraut genervte Gärtner und Gärtnerinnen umstimmen: Am besten das Ärgernis aufessen, statt sich zu ärgern!
Wichtiger Hinweis!
Wie jede Wissenschaft ist die Heilpflanzenkunde ständigen Entwicklungen unterworfen. Soweit in diesem Beitrag medizinische Sachverhalte, Anwendungen und Rezepturen beschrieben werden, handelt es sich naturgemäß um allgemeine Darstellungen, die eine individuelle Beratung, Diagnose und Behandlung durch eine Ärztin, einen Arzt oder eine/einen Apothekerin nicht ersetzen können. Jede/Jeder Nutzende ist für die etwaige Anwendung und vorherige sorgfältige Prüfung von Dosierungen, Applikationen oder sonstigen Angaben selbst verantwortlich. Autoren und Autorinnen und Verlag haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass diese Angaben bei ihrer Veröffentlichung dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung für Schäden oder andere Nachteile ist jedoch ausgeschlossen.
Für die meisten Heilpflanzen fehlen Studien zu Unbedenklichkeit bei der Anwendung in der Schwangerschaft und während der Stillzeit, sowie bei Säuglingen, (Klein-)Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Alle beschriebenen Anwendungen sollten daher, sofern nicht ausdrücklich im Beitrag anders beschrieben, bei diesen Personen und in diesen Lebensphasen nicht ohne ärztliche Zustimmung angewendet werden.
- Jakubczyk K, Łukomska A, Czaplicki S et al. Bioactive Compounds in Aegopodium podagraria Leaf Extracts and Their Effects against Fluoride-Modulated Oxidative Stress in the THP-1 Cell Line Pharmaceuticals 2021; https://doi.org/10.3390/ph14121334
- Beiser R. Wildkräuter. Stuttgart: Trias; 2017
- Beiser R. Geheimnisse der Unkräuter. Stuttgart: Ulmer; 2023
Rudi Beiser
Wildkräuter- und Heilpflanzenexperte