MikrobiomFlohsamen: Mit Schleimstoffen für ein gesundes Darmmikrobiom

Wir sind nicht allein – zum Glück: In unserem Darm wimmelt es von wichtigen Symbionten. Diese könnten von der Einnahme von Flohsamen profitieren.

Flohsamenschalen in einer weißen Schale, arrangiert mit frischen Zweigen auf einem Holzuntergrund
farfalla2017/stock.adobe.com

Flohsamen sind eine einfache Möglichkeit, das Darmmikrobiom zu unterstützen und die Verdauung zu regulieren.

Darmfreundschaften: Unsere Symbiose mit Darmbakterien

Der Zustand unseres Darmmikrobioms beeinflusst viele Aspekte unserer Gesundheit und unseres Wohlbefindens, von der Verdauung bis hin zur Immunabwehr. Unser Darmmikrobiom setzt sich aus vielen verschiedenen Bakterienstämmen zusammen. Die meisten davon leben mit uns in einer Symbiose: Wir bieten ihnen Lebensraum und Nahrung, sie helfen uns beim Verdauen der Nahrungsbestandteile und beim Verdrängen unerwünschter Keime, sie trainieren unser Immunsystem und halten unsere Darmschleimhaut gesund. Sie können zudem einen positiven Effekt auf unser zentrales Nervensystem haben. Ein gesundes Darmmikrobiom mit zahlreichen Symbionten kann dafür sorgen, dass wir uns gut fühlen, konzentriert arbeiten und effektiv regenerieren. 

Es gibt also viele Gründe, sich um die Mitbewohner im Darm zu kümmern! Hier hat die Naturheilkunde einiges zu bieten, insbesondere die Phytotherapie. Viele pflanzliche Inhaltsstoffe wirken sich positiv auf die Zusammensetzung des Darmmikrobioms aus, wie Du z.B. meinem Beitrag Mit dieser Teemischung stärkst Du Deine Darmflora entnehmen kannst.

Darmsymbionten haben eine Gruppe der pflanzlichen Inhaltsstoffe besonders gern: die Schleimstoffe. Schleimstoffe sind komplexe Polysaccharide, die beim Kontakt mit Wasser Schleime bilden. Viele Schleimstoffe bieten die Wegeriche aus der botanischen Familie der Wegerichgewächse. 

Die Wegeriche, die Könige des Schleims

Wahrscheinlich kennst Du den Breitwegerich (Plantago major) sehr gut. Er fühlt sich dort wohl, wo wir spazieren und wandern: Er steht auf Wanderwegen, am Gehsteig, auf der Grundstückszufahrt und an der Bushaltestelle. Wenn wir versehentlich auf ihn treten, nimmt er meist keinen großen Schaden. Er ist robust gebaut. Zudem kann er uns bei feuchtem Wetter auch noch ein paar blinde Passagiere mitgeben. Sobald seine Samen reif sind und in Kontakt mit etwas Feuchtigkeit kommen, bilden seine Schleimstoffe einen feinen, klebrigen Schleimfilm. Der kann dafür sorgen, dass sich seine Samen auf die Unterseite Deiner Sohlen heften. Dadurch kannst Du – ohne es zu wissen – zu deren Verbreitung beitragen.

Auch andere Wegericharten bilden schleimhaltige Samen, so der Flohsamen-Wegerich (Plantago afra), das Indische Flohsamen (Plantago ovata) und der Sand-Wegerich (Plantago arenaria, Synonym: Plantago indica). 

Medizinisch gebräuchlich sind v.a. die Samen vom Flohsamen-Wegerich (Flohsamen - Psyllii semen) und vom Indischen Flohsamen (Plantaginis ovatae semen). Kommission E, ESCOP und HMPC begrüßen deren Einsatz bei chronischer Verstopfung, zur Erweichung des Stuhls bei schmerzhaftem Stuhlgang und beim Reizdarmsyndrom. Die Samenschalen der Indischen Flohsamen (Plantaginis ovatae seminis tegumentum) werden zudem zur Unterstützung der Behandlung einer Hypercholesterinämie empfohlen. Sie können überschüssiges Cholesterin im Darm binden und so zur Senkung der Blutfettwerte beitragen [1]. 

Nicht in den offiziellen Monografien erwähnt ist die positive Wirkung der Schleimstoffe von Flohsamen (also die Samen von Flohsamen-Wegerich/Plantago afra) auf das Darmmikrobiom, auf die bisherige Erkenntnisse von Studien und der Erfahrungsheilkunde schließen lassen. 

Wie Flohsamen Darmsymbionten gedeihen lassen

Verschiedene Tierstudien zeigten, dass Flohsamen die Zusammensetzung der Darmflora verbessern können [2]. Es zeigte sich etwa, dass das Darmmikrobiom dank Flohsamen deutlich mehr kurzkettige Fettsäuren bildete [3]. Kurzkettige Fettsäuren sind für unsere Gesundheit eine wertvolle Ressource. Sie fördern eine für uns günstige Zusammensetzung des Darmmikrobioms und fördern die Aktivität und die Gesundheit unserer Darmschleimhautzellen. 

In Studien an Menschen ließen sich die günstigen Veränderungen auf das Darmmikrobiom durch Flohsamen besonders bei Menschen mit Verstopfung nachweisen. Bei Menschen mit bereits gesundem Darmmikrobiom sind die Effekte von Flohsamen geringer [4].

Grundsätzlich – so eine weitere Studie mit Menschen – profitieren zwei wichtige Bakterienstämme von der Einnahme von Flohsamen: Laktobazillen und Bifidobakterien [5]. Beide Bakterienstämme sind essenziell für unsere Darmgesundheit, da sie Milchsäure bilden, die ein günstiges Milieu für Darmsymbionten schafft. 

Die geschilderten positiven Effekte der Schleimstoffe der Flohsamen werden in erster Linie mit den nährenden Effekten der Schleimstoffe in Verbindung gebracht. Die Schleimstoffe können von unseren Verdauungsenzymen nicht verdaut werden, von jenen der Darmsymbionten hingegen schon. Dadurch können Schleimstoffe ihnen als Nahrung dienen und ihre Population vermehren. Darmsymbionten dürften auch davon profitieren, dass Wegerich-Schleimstoffe die Verdauung regulieren. Dieser Effekt zeigt sich besonders bei Menschen, die unter Verstopfung leiden. Eine Verstopfung kann negative Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Darmmikrobioms haben, die leicht abführende Wirkung der Schleimstoffe wirkt dem entgegen. 

Eine Darmkur mit Flohsamen

Um die Vielfalt und die Gesundheit Deines Darmmikrobioms zu fördern, empfehle ich eine kurweise Einnahme von täglich 2-mal 5 Gramm Flohsamen (Psyllii semen) (entspricht etwa 1 TL) für 20 Tage. Du kannst die Flohsamen in Joghurt, Porridge oder ähnliches einrühren oder mit einem Glas Wasser einnehmen. Da die Schleimstoffe im Darm Wasser binden, muss während der Kur ausreichend (mindestens 2,5 Liter pro Tag) getrunken werden. 

Bitte beachten: Die Schleimstoffe der Flohsamen können die Aufnahme von Arzneistoffen stören. Nimm die Flohsamen daher in einem zeitlichen Abstand zu Medikamenten (mindestens eine Stunde) ein. Bei bekannter Allergie gegenüber Flohsamen, bei Verdacht auf Darmverschluss (Ileus), der sich durch starke Unterleibsschmerzen mit Übelkeit und Erbrechen bemerkbar macht, bei Erkrankungen der Speiseröhre wie Speiseröhrenentzündung (Ösophagitis) und bei Schluckbeschwerden dürfen Flohsamen nicht eingenommen werden. 

Und zum Schluss

Flohsamen sind eine einfache und natürliche Möglichkeit, das Darmmikrobiom zu unterstützen und die Verdauung zu regulieren. Durch ihren hohen Gehalt an Schleimstoffen tragen sie zu einer gesunden Darmflora bei. Ich empfehle eine kurweise Einnahme von Flohsamen, daneben kannst Du sie auch nach Lust und Freude in Deine Ernährung einbauen. 

Wichtiger Hinweis!

Wie jede Wissenschaft ist die Heilpflanzenkunde ständigen Entwicklungen unterworfen. Soweit in diesem Beitrag medizinische Sachverhalte, Anwendungen und Rezepturen beschrieben werden, handelt es sich naturgemäß um allgemeine Darstellungen, die eine individuelle Beratung, Diagnose und Behandlung durch eine Ärztin, einen Arzt oder eine/einen Apothekerin nicht ersetzen können. Jede/Jeder Nutzende ist für die etwaige Anwendung und vorherige sorgfältige Prüfung von Dosierungen, Applikationen oder sonstigen Angaben selbst verantwortlich. Autoren und Autorinnen und Verlag haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass diese Angaben bei ihrer Veröffentlichung dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung für Schäden oder andere Nachteile ist jedoch ausgeschlossen.

Für die meisten Heilpflanzen fehlen Studien zu Unbedenklichkeit bei der Anwendung in der Schwangerschaft und während der Stillzeit, sowie bei Säuglingen, (Klein-)Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Alle beschriebenen Anwendungen sollten daher, sofern nicht ausdrücklich im Beitrag anders beschrieben, bei diesen Personen und in diesen Lebensphasen nicht ohne ärztliche Zustimmung angewendet werden.

  1. Blaschek W, Ebel S, Hackenthal E et al. Plantago. Hagers Enzyklopädie der Arzneistoffe und Drogen. Stuttgart: WVG/Springer; 2014
  2. Hu D, Liu W, Yu W et al. Psyllium seed husk regulates the gut microbiota and improves mucosal barrier injury in the colon to attenuate renal injury in 5/6 nephrectomy rats. Ren Fail 2023; 45(1):2197076
  3. Mackei M, Talabér R, Müller L et al. Altered Intestinal Production of Volatile Fatty Acids in Dogs Triggered by Lactulose and Psyllium Treatment. Vet Sci 2022; 9(5):206
  4. Jalanka J, Major G, Murray K et al. The Effect of Psyllium Husk on Intestinal Microbiota in Constipated Patients and Healthy Controls. Int J Mol Sci 2019; 20(2):433
  5. Yang C, Liu S, Li H et al. The effects of psyllium husk on gut microbiota composition and function in chronically constipated women of reproductive age using 16S rRNA gene sequencing analysis. Aging (Albany NY) 2021; 13(11):15366-15383

Heilpraktiker mit dem Therapieschwerpunkt Phytotherapie

Erfahren Sie mehr über den Autor