
Lernen fällt leichter, wenn es Freude macht. Dabei könnte eine Tasse Rosmarintee behilflich sein.
Das Glücksempfinden, der oft übersehene Partner des Lernens
Wer für Klausuren oder Prüfungen lernt, fühlt sich oft vom Leben abgeschnitten. Es scheint unnatürlich, über dem Lernstoff zu brüten. Der Kopf mag nichts behalten, der Körper schmerzt, man fühlt sich den Anforderungen nicht gewachsen. Das ist schade. Denn für unser Gehirn ist Lernen nichts Ungewöhnliches, im Gegenteil: Lernen ist das Grundprinzip unseres Gehirns, es ist ein Lernorgan. Es wertet ständig Informationen aus der Umgebung aus, vergleicht sie mit Erinnerungen und speichert Wichtiges ab. So können Gefahren erkannt und Chancen genutzt werden.
Die ständige Lernbereitschaft des Gehirns sicherte im Laufe der Evolution das Überleben. Damit dieser entscheidende evolutionäre Vorteil auch voll zum Zuge kommt, sind Lernen im Gehirn eng mit Freude und Glück verbunden. Begreifen macht Spaß, etwas zu verstehen, freut uns. Selbst die Erwartung einer Erkenntnis, die Neugierde, macht uns gute Laune.
Wahrscheinlich stimmst Du diesen Zeilen inhaltlich zu, doch beim Pauken für die Schule oder die Universität fühlt sich das vielleicht anders an. Vom Glück keine Spur, dazu noch der Leistungs- und Zeitdruck ... Pflanzen könnten das ändern. Sie könnten dafür sorgen, dass wir konzentrierter und aufnahmebereiter sind und dass das Lernen wieder mit seinem Partner im Gehirn verknüpft wird: dem Glücksempfinden.
Bereits vorgestellt habe ich in diesem Blog die positiven Auswirkungen der Rosenwurz (Rhodiola rosea) auf das Lernen. In diesem Beitrag stelle ich Dir eine andere Option vor, eine Pflanze, die vielleicht schon im Gewürzregal Deiner Küche auf Dich wartet: der Rosmarin.
Rosmarin und unser Gehirn: Studien und Wirkweise
Der würzige Rosmarin wird seit der Antike als Wachmacher geschätzt. Bekannt sind seine anregenden Eigenschaften auf unseren Kreislauf und unser Gehirn. Er gilt in der Erfahrungsheilkunde als Tonikum für Geist und Körper und wird volksheilkundlich unter anderem bei Erschöpfung, Müdigkeit, Nervenschwäche, Niedergeschlagenheit, Winterblues oder schwachem Gedächtnis eingesetzt.
Die potenziell gedächtnisstärkende Wirkung verschaffte dem Rosmarin auch einen Platz in der Alzheimerfoschung [1]. Auch der positive Nutzen beim Lernen wird neuerdings untersucht. In einer 2018 publizierten iranischen Studie mit 68 Studierenden bekam die Hälfte davon einmal täglich 500 mg Rosmarin. Die andere Gruppe erhielt ein Placebo. Die Probanden fühlten sich mit dem Rosmarin – im Vergleich zur Placebogruppe – wacher und ausgeschlafener, was das Lernen leichter erleichterte [2].
In einer Studie der Northumbria University von 2016 wurde herausgefunden, dass sich der Duft von Rosmarin auf das Gedächtnis auswirkt: 150 gesunde Personen ab 65 Jahren wurden in mit ätherischen Rosmarinöl parfümierte Räume oder in einen Kontrollraum ohne Duft gebracht. Sie wurden gebeten, Tests zur Beurteilung ihres prospektiven Gedächtnisses durchzuführen. Zusätzlich absolvierten sie einen Stimmungstest. Diejenigen, die sich in dem nach Rosmarin duftenden Raum aufgehalten hatten, zeigten ein deutlich verbessertes prospektives Gedächtnis. Ihre Testergebnisse waren um 15 % höher als die derjenigen, die sich in dem Raum ohne Rosmarinduft aufgehalten hatten. Sie waren außerdem aufmerksamer.
Doch wie fördert der Rosmarin die Leistung unseres Gehirns? Diverse Inhaltsstoffe des Rosmarins überwinden die Blut-Hirn-Schranke und können im Gehirn ihre Wirkung entfalten. Dazu zählen die Terpene seines ätherischen Öls. Diese fördern Studien zufolge die Bildung des Botenstoffs Dopamin, der Antrieb und Motivation steigern kann. Das 1,8-Cineol des ätherischen Öls erhöht den Neurotransmitter Acetylcholin, der Gedächtnis und Aufmerksamkeit stärkt [3]. Auch die Rosmarinsäure des Rosmarins steigert den Gehalt an Acetylcholin, indem sie das Enzym Acetylcholinesterase hemmt, das diesen Botenstoff abbaut.
Wie eingangs erwähnt, ist eine gute Stimmung entscheidend für den Lernerfolg. Wer guter Dinge ist, lernt schneller und besser. In den letzten Jahren interessiert sich die Forschung auch für die stimmungsaufhellenden Effekte von Rosmarin. Diese dürften einerseits mit dem ätherischen Öl zu tun haben, das den Dopaminstoffwechsel anregt. Dopamin kann gute Laune bereiten und sorgt dafür, dass sich Nervenzellen vernetzen und Gelerntes besser behalten.
Der stimmungsaufhellende Effekt von Rosmarin dürfte auch mit seiner Wirkung auf unser Darmmikrobiom in Verbindung stehen. Ein Ungleichgewicht im Darmmikrobiom kann die Darmschleimhaut reizen, was die Freisetzung von Entzündungsbotenstoffen zur Folge hat. Diese wiederum können – einmal ins Gehirn gelangt – die Stimmung des Betroffenen senken. Rosmarin konnte in ersten Grundlagenstudien das Gleichgewicht des Darmmikrobiom fördern und Entzündungsprozesse der Darmschleimhaut senken [4].
So wendest Du den Rosmarin an
Medizinische Anwendung finden getrocknete Rosmarinblätter (Rosmarini folia) und das ätherische Öl des Rosmarins. Für die Unterstützung beim Lernen empfehle ich das Trinken der Rosmarinblätter als Tee. Damit nehmen wir alle relevanten Bestandteile des Rosmarins zu uns: das ätherische Öl und die Rosmarinsäure. Letztere ist auch für den zusammenziehenden Effekt im Mundraum mit verantwortlich, die Du beim Trinken eines Rosmarintees wahrnimmst. Die Rosmarinblätter besorgst Du Dir am besten in einer Apotheke.
Rezept: Rosmarintee als Lernhilfe
Zubereitung und Dosierung
2- bis 3-mal täglich 1 EL Rosmarinblätter (Rosmarini folia) mit 250 ml heißem Wasser zugedeckt 10 Minuten ziehen lassen und vor den Mahlzeiten trinken.
Wichtig: Während der Schwangerschaft den Rosmarintee nicht anwenden, da dieser durchblutungsanregend auf die Beckenorgane wirkt! Bei Gallenwegsbeschwerden (Gallensteinleiden, Verschluss der Gallenwege, Gallenblasenentzündung u.a.) darf Rosmarin nur nach Rücksprache mit einem Arzt angewandt werden.
Der Rosmarin wirkt in Studien zwar stimmungsaufhellend – er ist aber kein Ersatz für eine Therapie eventueller Depressionen, die auch mit Problemen beim Lernen einhergehen können. Wenn Du Dich aufgrund einer anhaltenden Niedergeschlagenheit beim Studieren schwer tust, sprich mit Deiner Ärztin oder Deinem Arzt darüber.
Die Monografien von ESCOP, HMPC und Kommission E empfehlen getrocknete Rosmarinblätter bei Verdauungsbeschwerden und leichten Bauchkrämpfen, zur Verbesserung der Leber- und Gallefunktion. Die Anwendung als Lernhilfe geschieht aufgrund der positiven Erkenntnisse der Erfahrungsheilkunde.
Und zum Schluss
Alles, was uns Freude macht, fällt uns leicht. Leider zählt das Büffeln für Tests und Prüfungen für die Meisten nicht dazu. Höchste Zeit, das zu ändern! Dabei könnte Dir der Rosmarin behilflich sein. Erste Studien lassen vermuten, dass er über den Dopaminstoffwechsel den wichtigen Partner des Lernens wachküssen dürfte: das Glücksempfinden. Daneben könnte sich Rosmarin auf Konzentration und Merkfähigkeit auswirken. Zeit für eine Tasse Tee?
Wichtiger Hinweis!
Wie jede Wissenschaft ist die Heilpflanzenkunde ständigen Entwicklungen unterworfen. Soweit in diesem Beitrag medizinische Sachverhalte, Anwendungen und Rezepturen beschrieben werden, handelt es sich naturgemäß um allgemeine Darstellungen, die eine individuelle Beratung, Diagnose und Behandlung durch eine Ärztin, einen Arzt oder eine/einen Apothekerin nicht ersetzen können. Jede/Jeder Nutzende ist für die etwaige Anwendung und vorherige sorgfältige Prüfung von Dosierungen, Applikationen oder sonstigen Angaben selbst verantwortlich. Autoren und Autorinnen und Verlag haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass diese Angaben bei ihrer Veröffentlichung dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung für Schäden oder andere Nachteile ist jedoch ausgeschlossen.
Für die meisten Heilpflanzen fehlen Studien zu Unbedenklichkeit bei der Anwendung in der Schwangerschaft und während der Stillzeit, sowie bei Säuglingen, (Klein-)Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Alle beschriebenen Anwendungen sollten daher, sofern nicht ausdrücklich im Beitrag anders beschrieben, bei diesen Personen und in diesen Lebensphasen nicht ohne ärztliche Zustimmung angewendet werden.
- Habtemariam S. The Therapeutic Potential of Rosemary (Rosmarinus officinalis) Diterpenes for Alzheimer's Disease. Evidence-based complementary and alternative medicine : eCAM 2016; 2680409
- Nematolahi P, Mehrabani M, Karami-Mohajeri S et al. Effects of Rosmarinus officinalis L. on memory performance, anxiety, depression, and sleep quality in university students: A randomized clinical trial. Complement Ther Clin Pract 2018; 30:24-28
- Lizarraga-Valderrama LR. Effects of essential oils on central nervous system: Focus on mental health. Phytotherapy research 2021; 35(2), 657–679
- Guo Y, Xie J, Li X et al. Antidepressant Effects of Rosemary Extracts Associate With Anti-inflammatory Effect and Rebalance of Gut Microbiota. Front Pharmacol 2018; 2;9:1126
Sebastian Vigl
Heilpraktiker mit dem Therapieschwerpunkt Phytotherapie