Therapeutische Hautpflege bei atopischer Dermatitis
Die atopische Dermatitis (AD) ist die häufigste chronische Erkrankung im Kindesalter, die sich noch dazu sehr früh manifestiert: bei etwa der Hälfte der Betroffenen in den ersten 6–12 Lebensmonaten und in über 70–85 % der Fälle vor dem 5. Lebensjahr. Bis zum frühen Erwachsenenalter sind glücklicherweise aber etwa 60 % der erkrankten Kinder wieder beschwerdefrei.
Im Babyalter zeigt sich Neurodermitis vor allem durch Ekzeme und Entzündungen, gerötete, nässende Herde mit Bläschen, Schuppen und Krusten im Gesichtsbereich, am Rumpf, an den Extremitäten (Arme und Beine), den Handgelenken und dem Kopf (nicht zu verwechseln mit dem harmlosen Kopfgneis!).
Bei älteren Kindern und Erwachsenen hingegen treten die Hautveränderungen (trockene, schuppige Haut mit schubartigen Rötungen und Entzündungen) typischerweise in den Gelenkbeugen, den Handrücken und im Gesicht-Nacken-Bereich auf.
Neurodermitis hat eine multifaktorielle Entstehung: Neben der Neigung zur Allergiebereitschaft zeigt die Haut Störungen im Aufbau und in der Barrierefunktion sowie der bakteriellen Besiedelung, dazu kommen individuelle Triggerfaktoren, die einen Entzündungsschub auslösen können.
Bei vielen Neurodermitis-Erkrankten kommt es möglicherweise durch einen Enzymdefekt im Fettsäurestoffwechsel zu einem Mangel an der wichtigen Gamma-Linolensäure (GLA). Dadurch bedingt fehlt diese Fettsäure auch im Hautaufbau und es kommt zu einer fehlerhaften Ausbildung der Hautbarriere. Hinzu kommt meist noch eine verminderte Talg- und Schweißdrüsenfunktion (typisch im Baby- und Kleinkindalter), sodass wichtige Substanzen für den schützenden Hydrolipidfilm fehlen.
Das bewirkt, dass die Haut extrem trocken, rissig, reizanfällig und letztendlich entzündlich wird. Durch die Lücken in der Barriereschicht kann ungehindert Feuchtigkeit verdunsten und die Haut wird immer trockener. Allergene, Krankheitserreger oder irritierende Substanzen können eindringen und Entzündungsreaktionen auslösen. Diese führen zu Juckreiz, Schmerzen und weiteren Barrierestörungen [2].
Hautpflege bei Neurodermitis
Gerade im Bereich der Hautpflege können Betroffene enormen Einfluss auf den Verlauf und die Schwere von Neurodermitis nehmen. Unumgänglich ist dabei eine gut verträgliche und hautschützende Basispflege, um die Haut in Ruhephasen möglichst lange beschwerdefrei zu halten und die physiologische Barrierefunktion zu unterstützen.
Die Darreichungsform wird abhängig vom Hautzustand gewählt, meist werden fette Wasser-in-Öl-(W/O-)Cremes verwendet – je akuter und nässender die Haut sich zeigt, auch leichtere Öl-in-Wasser-(O/W-)Zubereitungen, Lotionen und feuchte Umschläge. Vor allem Nachtkerzen-, Hanf- und Borretschsamenöl haben sich zur Basispflege bewährt, da diese reich an Gamma-Linolensäure sind und auf diese Weise die Haut von außen nähren und pflegen, aber auch stabilisierendes Avocadoöl [9] sowie schützende und feuchtigkeitsbindende Sheabutter [1].
In akuten Phasen mit Entzündung, Juckreiz, möglicherweise sogar Nässen und Wundsein der Haut muss individuell für Heilung und Regeneration gesorgt werden. Im Akutfall bewährt haben sich im naturheilkundlichen aromatherapeutischen Sinne feuchte Umschläge mit Lavendel-, Melissen-, Rosen- oder Nerolihydrolat [1].
Zur Linderung der Beschwerden und zur Hautpflege im subakuten und chronischen Stadium haben sich Ölmischungen und Cremes mit ätherischen Ölen aus Cistrose (Cistus ladanifer), Karottensamen (Daucus carota), Lavendel (Lavandula angustifolia), Neroli (Citrus × aurantium) und Rose (Rosa damascena) bewährt [1][3].
Aromamischungen aus der Apotheke – eine sichere Wahl
Die qualifizierte und fachkundige Herstellung von galenischen Zubereitungen in der Apotheke setzt neben einer nach dem Arzneibuch geprüften Rohstoffqualität immer eine Plausibilitätsprüfung gemäß § 7 Apothekenbetriebsordnung bezüglich Dosierung, Applikationsart, Stabilität und Haltbarkeit eines Rezepturarzneimittels voraus. Neben dem Herstelldatum sind die Haltbarkeit und evtl. eine Aufbrauchfrist auf dem Behältnis vermerkt.
Hilfreich für die Anwender*innen sind genaue Angaben wie „verwendbar bis“, „nicht mehr verwenden nach“ oder auch „Wochen/Monate verwendbar“. Darüber hinaus gewährleistet die pharmazeutische Herstellpraxis in der Apotheke eine sorgfältige Durchführung unter optimalen hygienischen Bedingungen.
Rezeptur: Aromapflegeöl bei atopischer Dermatitis
- 1 Tr. Cistrose (Cistus ladanifer)
- 1 Tr. Karottensamen (Daucus carota)
- 3 Tr. Lavendel (Lavandula angustifolia)
- 2 Tr. Neroli (Citrus × aurantium) 10 % (in Jojobawachs)
- 10 ml Nachtkerzen- oder Hanfsamenöl
- 40 ml Avocadoöl
Autorin
Natalie Stadelmann ist PTA, Fachberaterin für Kosmetik und Dermopharmazie (IHK) und Expertin in den Bereichen Ernährung, Gesundheitsvorsorge, Naturheilkunde und Aromatherapie; Vizepräsidentin von Forum Essenzia e.V., dem Verein für Förderung, Schutz und Verbreitung von Aromatherapie, Aromapflege und Aromakultur e.V.
Sie ist Buchautorin und bietet Workshops, Fortbildungen und Seminare für PTA/Apotheker*innen, Hebammen, Pflegefachkräfte, Erzieher*innen und im Rahmen betrieblicher Präventionsprogramme ebenso an wie für Eltern, Familien, Kindertagesstätten und Schulen. Dabei vermittelt sie positiv und praxisnah, was Babys und Kinder für ihr gesundes Wachstum brauchen.
Literatur
[1] von Braunschweig R. Das große Buch für die gesunde Haut. Wiggensbach: Stadelmann; 2022
[2] Pinter A. DAV Akademie. Atopische Dermatitis: Mehr als eine Hauterkrankung. Derma-Gipfel 2021. Stuttgart: 16.06.2021
[3] Bühring U. Praxis-Lehrbuch der modernen Heilpflanzenkunde. Stuttgart: Haug; 2020