EntspannungAtem-Entspannung für Körper und Geist

Mehr Entspannung, Ausgeglichenheit und Energie - weniger Stress: Kombinierte Atem- und Dehnübungen sorgen für körperliche, seelische und geistige Entspannung. 5 Übungen zum sofort Loslegen.

Steine Yin Yang im Sand.
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Der Atem ist unsere wichtigste Energiequelle, denn er versorgt den Körper mit dem lebenswichtigen Sauerstoff.

von Heike Höfler

Jeder Mensch profitiert von Atemübungen. Menschen mit Atemwegserkrankungen wie Asthma, chronische Bronchitis oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen spüren über den allgemein entspannenden Effekt hinaus auch eine positive Wirkung auf Ihre Gesundheit. 

Dehnstellungen und Dehnbewegungen

Dehnstellungen und Dehnbewegungen sind ideale Entspannungsübungen. Dehnen löst verspannte Muskeln, erhöht die Beweglichkeit und fördert die Durchblutung. Folgen Sie dabei Ihrem Atem. Der Effekt: ein spürbar besseres Körpergefühl und rückkoppelnd seelische und geistige Entspannung.

Bevor Sie beginnen

Entspannung – ob körperlich, seelisch oder geistig – stellt sich vor allem in der Ausatemphase ein. Deshalb kann eine lange Ausatmung die Entspannung verstärken. Verlängern Sie die Ausatmung während einer Dehnung, so wirkt das besonders effektiv. Die meisten Dehnungsatemübungen können Sie auf zwei Arten üben: Sie können in der Dehnhaltung bleiben und den Atem kommen und gehen lassen oder Sie verbinden die Dehnung mit einer Bewegung.
Halten Sie eine Dehnlage immer einige Sekunden. Als Richtwert gilt für alle Übungen: 30 Sekunden (Minimum: 20 Sekunden) bis drei Minuten – gerne auch länger, wenn Sie sich dabei wohlfühlen. Lassen Sie den Atem in der eingenommenen Position ungezwungen und frei fließen. Beobachten Sie ihn. Sie werden schnell feststellen, dass er vor allem in die gedehnten Muskeln strömt und dadurch an wunderbarer Weite gewinnt. Ein weiter, gelöster Atem schenkt uns auch Weite im Denken, Gelassenheit und Ruhe. Erleben Sie die Ausatemphase als reinen Entspannungsvorgang und lassen Sie mit jeder Ausatmung noch ein bisschen mehr los. Die Ausatemphase vertieft die Dehnung und Entspannung.

Atmen Sie bei allen Übungen immer durch die Nase ein und durch die Nase aus. Um die Ausatmung zu verlängern ist es vor allem am Anfang gut, durch die weich geöffneten Lippen auszuatmen (Lippenbremse). Nehmen Sie sich nach jeder Übung Zeit, der Wirkung nachzuspüren. Gerade in der Nachspürphase können sich die Ruhe und die Entspannung weiter vertiefen. Sie können den Körper leichter wahrnehmen und gewinnen ein neues Körperbewusstsein.

Praxis

Ohne Zwang

Stellen Sie sich den Atem bei den Übungen als Wasser vor. Er fließt automatisch dorthin, wo Raum und Weite ist. Er strömt in gedehnte Körperwände, löst sie von Anspannungen, schafft Atemraum und ein allgemeines Gefühl von Weite. Dabei gewinnt er an Freiheit und Tiefe. Alles ohne Zwang, der Atem wird sozusagen in diese Räume gelockt.

Das brauchen Sie für die Übungen

  • Eine Matte oder eine andere nicht zu weiche Unterlage
  • Ein Handtuch

So beginnen und beenden Sie die Übungen

Beginnen Sie jede Übungsphase aus folgender Ausgangsstellung heraus und kommen Sie zum Nachspüren immer in diese Grundposition zurück: Legen Sie sich auf eine Matte oder Decke auf den Boden. Wenn Sie mögen, geht das auch draußen im Gras oder auf einer anderen ebenen Fläche. Sie liegen in Rückenlage, die Füße sind etwa hüftbreit aufgestellt. Die Arme liegen bequem neben dem Körper auf dem Boden, die Handflächen zeigen nach oben.

Weite für den ganzen Körper

Legen Sie sich auf den Boden, grätschen Sie die Beine (Füße etwas mehr als hüftbreit auseinander) und führen Sie beide Arme nach hinten, sodass sie weit auseinander und mit den Handrücken auf dem Boden aufliegen. Schieben Sie Arme und Beine auseinander und bleiben Sie dann in dieser Position liegen. Beobachten Sie Ihren Atem (30 Sekunden bis drei Minuten). Stellen Sie dann die Beine auf und legen Sie die Arme neben sich. Spüren Sie der Übung nach. Wie fühlt sich der Atem jetzt an? Wo spüren Sie ihn jetzt? Genießen Sie die Ruhe in sich, die sich dabei vertieft.

Flankenatem in der Halbmondlage

Nehmen Sie die zuvor beschriebene Position (Weite für den ganzen Körper) ein und ziehen Sie dann beide Arme und beide Beine zur rechten Seite – bis Ihr Körper die Form einer Mondsichel nachbildet. Dehnen Sie nur so weit es sich angenehm anfühlt und das Becken noch entspannt auf der Unterlage aufliegt. Spüren Sie die Dehnung in der linken Seite? Lassen Sie den Atem fließen und beobachten Sie ihn. Wahrscheinlich werden Sie wahrnehmen, wie er vermehrt in die gedehnte Seite strömt. Nach einiger Zeit kehren Sie in die Ausgangsstellung zurück (Beine aufstellen, Arme neben den Körper legen) und spüren nach. Vergleichen Sie beide Körperseiten und achten Sie auf die unterschiedlichen Körperwahrnehmungen in der gedehnten und der ungedehnten Seite. Nehmen Sie den Unterschied bewusst wahr. In welcher Seite können Sie den Atem vermehrts püren? Wie fühlt sich die andere Seite an? Danach die Übung zur anderen Seite ausführen.
Variation: Rollen Sie ein Handtuch zusammen und nehmen Sie es zwischen die Hände. Begeben Sie sich wieder in die Dehnposition und halten Sie das Handtuch dabei gespannt.

Drehung für die Wirbelsäule

Diese Übung lockert verspannte Rumpfmuskeln und macht die Wirbelsäule beweglicher: Legen Sie in Rückenlage bei aufgestellten Füßen die Hände unter den Kopf. Dann die Knie zur linken Seite sinken lassen und gleichzeitig den Kopf nach rechts drehen. Erspüren Sie die Drehung in der Wirbelsäule und die Dehnung in der rechten Körperseite, lassen Sie den Atem entspannt und gelöst fließen. Mit jeder Ausatmung lassen Sie sich tiefer sinken. Nach einiger Zeit kommen Sie in die Ausgangslage zurück und spüren nach. Vergleichen Sie beide Körperseiten miteinander. Wie fühlt sich die gedehnte und beatmete Körperseite an? Wie die andere? Wo können Sie mehr Atembewegung spüren? Üben Sie dann auch die andere Seite.

Dehnung in der Diagonalen

Begeben Sie sich in die Rückenlage, die Füße sind hüftbreit aufgestellt. Strecken Sie den linken Arm nach hinten, als wollten Sie die Wand hinter sich berühren. Gleichzeitig verlängern Sie das rechte Bein, indem Sie die rechte Ferse nach vorne schieben. Der rechte Arm liegt mit dem Handrücken nach unten neben dem Körper auf dem Boden, die Fingerspitzen und die rechte Schulter schieben Sie in Richtung Fuß. Mit jedem Ausatemzug lassen Sie die gedehnten Körperteile schwerer auf den Boden sinken. Der Atem fließt dabei frei. Beobachten Sie Ihren Atem. Wo können Sie ihn besonders gut wahrnehmen? Fühlen Sie sich eins mit Ihrem Atem. Nach einiger Zeit in die Ausgangsstellung zurückkehren und nachspüren. Dann die andere Seite üben.

Dehnen und einrollen

Begeben Sie sich in die diagonale Ganzkörperdehnung und atmen Sie einige Male gelöst und ruhig ein und aus. Noch einmal einatmen und dann beim Ausatmen das gestreckte rechte Bein gebeugt zum Körper ziehen und mit der linken Hand das Knie zum Bauch ziehen. Das linke Bein lassen Sie aufgestellt. Bleiben Sie so einige Atemzüge lang liegen und beobachten Sie Ihren Atem. Mit jeder Einatmung schmiegt sich das Kreuz angenehm dem Boden an, mit jeder Ausatmung lassen Sie den unteren Rücken tiefer sinken. Hier im Kreuzbereich werden Sie den Atem jetzt vermehrt spüren. Dann stellen Sie beide Beine auf und spüren aufmerksam nach. Wo können Sie nun vermehrt die Atembewegung erspüren? Dann üben Sie gegengleich. Diese Übung regt die Rückenatmung an und hilft bei Kreuzschmerzen.

Heike Höfler
staatl. geprüfte Sport- und Gymnastiklehrerin
Bewegungs- und Atemtherapeutin

Höfler H. Atem-Entspannung Mehr Energie und Wohlbefinden durch bewusstes Atmen. Über 70 einfache Übungen. 3. Aufl. Stuttgart: Trias; 2019