
Das Risiko für Knieverletzungen sinkt mit besserem Trainingszustand und genauso verhält es sich auffällig oft auch mit Schmerzen.
Das Knie ist das größte Gelenk des menschlichen Körpers und für uns von zentraler Bedeutung, da es an einer Vielzahl von Bewegungsabläufen beteiligt ist. Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko, mit diesem Gelenk Probleme zu bekommen. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Die Ursachen sind vielfältig und die Liste möglicher Beschwerden lang. Im Sport treten immer wieder Verletzungen und Überlastungen auf. Doch auch Bewegungsmangel und Übergewicht zählen zu den möglichen Auslösern von Unannehmlichkeiten im Knie.
Dabei zeigt sich immer wieder das gleiche Muster: Das Risiko für Verletzungen sinkt mit besserem Trainingszustand und genauso verhält es sich auffällig oft auch mit Schmerzen. Vielleicht denken Sie jetzt: »Mein Arzt hat mir aber gesagt, dass ich Arthrose habe und mein Gelenk verschlissen ist!« Das ist keine Diagnose, auf der Sie sich ausruhen können, tut mir leid. Dann müssen Sie erst recht trainieren!
Es gibt jede Menge Menschen, die schon ab ihrem dreißigsten Lebensjahr teilweise deutliche Verschleißerscheinungen an den Knien zeigen, ohne Schmerzen zu haben. Meist ist es gar nicht das Gelenk selber, das schmerzt, sondern die umliegenden Muskeln und Faszien. Und die sprechen hervorragend auf gezieltes und gut dosiertes Training an. Die großen Vorteile solcher Aktivitäten: Schon die Bewegung lindert Schmerz, weil die Nerven durch die Aktivität neue Reize erfahren und sich »auf etwas anderes konzentrieren müssen«. Die Durchblutung und damit die Nährstoffversorgung verbessern sich. Das fördert die Regeneration und kleine Schäden können repariert werden. Ihre Gelenke werden wieder belastbarer, weil starke und geschmeidige Muskeln undFaszien sie besser schützen. Die Gefahr von Fehlbelastungen nimmt deutlich ab.
Wie fit sind Ihre Knie?
Der folgende Test unterstützt Sie dabei, Ihren Trainingszustand besser einzuschätzen und das richtige Programm nach dem Ampelsystem auszuwählen. Führen Sie von jeder Übung so viele Wiederholungen wie möglich durch. Beenden Sie die Übung, wenn Ihnen eine korrekte Ausführung nicht mehr möglich ist. Notieren Sie die Wiederholungszahl in der Tabelle (s.u.). Testen Sie stets beide Beine.
Fitnesstest: Einbein-Kniebeuge

Darum geht es: Gesäß- und Oberschenkelmuskeln sind gefragt! Eine saubere Übungsausführung ist wichtig.
Ausgangsposition: Sie stehen hinter einem Stuhl und legen Ihre Hände auf die Rückenlehne. Ein Bein ist leicht angehoben.
Ausführung: Senken Sie sich mit dem Standbein in eine Kniebeuge von 60 Grad. Dabei bleibt das Knie sauber über dem Fuß. Vermeiden Sie Ausweichbewegungen in Richtung eines X- oder O-Beines! Halten Sie den Oberkörper aufrecht. Strecken Sie das Bein wieder.
Fitnesstest: Beinabspreizer
Darum geht es: Die Hüftmuskulatur aktiviert die seitliche Schenkelfaszie und gibt so den Knien Stabilität von außen.
Ausgangsposition: Sie liegen in Seitlage auf einer Matte. Das untere Bein ist in Knie und Hüft e 90 Grad gebeugt, das obere gestreckt. Der untere Arm liegt unter dem Kopf, der obere stützt vor dem Körper und gibt so mehr Sicherheit. Der Bauchnabel wird sanft eingezogen, ohne eine tiefe Atmung zu verhindern. Kopf, Becken und Fußknöchel des oberen Beines bilden eine Linie. Die Fußspitze ist angezogen.
Ausführung: Sie heben das gestreckte Bein nach oben und lassen es wieder sinken, ohne es abzulegen. Die Bewegung soll nur in der Hüft region stattfinden. Der Rücken bleibt schön stabil.

Fitnesstest: Beckenheber
Darum geht es: Die hinteren Schenkelmuskeln müssen zusammen mit dem Gesäß ordentlich arbeiten. Im gestreckten Bein wird die vordere Oberschenkelmuskulatur aktiviert.
Ausgangsposition: Sie befinden sich in Rückenlage. Ein Bein ist gebeugt und aufgestellt, das andere liegt gestreckt auf dem Fußboden. Die Arme liegen neben dem Oberkörper.
Ausführung: Sie heben Ihr Becken langsam vom Boden ab, bis Oberkörper, Hüft e und Knie eine Linie bilden. Das gestreckte Bein wird mit angehoben und verlängert diese Linie. Sie senken das Becken wieder bis kurz vor den Boden und heben es dann wieder an. Führen Sie die Bewegung langsam und fließend in ruhigem Atemrhythmus durch. Atmen Sie während der Beckenhebung aus.

Auswertung des Tests

Sehen Sie in der Tabelle (s.o.) nach, ob Sie die für Ihr Alter geforderten Wiederholungszahlen erreicht haben. Falls ja, tragen Sie sich für die Übung einen Punkt ein. Bei Einbein-Kniebeuge und Beckenheber gilt die Zahl nur als erreicht, wenn beide Beine sie schaffen. Sie richten sich hier also nach dem Schwächeren im Team. Zählen Sie die Punkte zusammen – das Ergebnis ordnet Sie als Einsteiger (1 Punkt), Fortgeschrittenen (2 Punkte) oder Experten (3 Punkte) ein.
Nun können Sie in dem entsprechenden Programm starten. Trainieren Sie 2–3 Mal wöchentlich und steigern Sie ggf. die Wiederholungen bis zur vollen Erschöpfung Ihrer Muskulatur. Wiederholen Sie den Test nach acht Wochen oder früher, wenn Ihnen die Übungen inzwischen leicht fallen bzw. Sie sehr viele Wiederholungen schaffen. Wenn Sie im Test eine höhere Punktzahl erreichen, können Sie Ihr Training intensivieren.
Achten Sie grundsätzlich auf eine saubere und kontrollierte Bewegungsausführung. Wann immer Sie bei irgendeiner Übung Unbehagen empfinden, gilt das Motto: »Die Bewegung kleiner und langsamer durchführen!« Bleibt das ungute Gefühl, entscheiden Sie sich vorerst gegen diese Übung und probieren Sie zu einem späteren Zeitpunkt nochmals aus.
Knieübungen fürs Büro
Schwache Knie, weil Sie viel sitzen müssen? Woher denn! Nutzen Sie dieses kleine Büroprogramm, um Ihren Beinen neue Kraft und Beweglichkeit zu verleihen.
Kleines knackiges Knieprogramm
Beginnen Sie im aufrechten Sitz an der Stuhlkante. Ihr Oberkörper ist gestreckt, die Füße stehen vor den Knien.
- Heben Sie nun Ihr rechtes Bein an und übergeben Sie einen Stift unter dem Schenkel von der rechten Hand in die linke. Stellen Sie das Bein wieder ab und führen Sie das Ganze auch links durch. Machen Sie 20 Wiederholungen auf jeder Seite.
- Legen Sie den Stift zurück auf den Tisch. Heben Sie nun die Beine im Wechsel an und führen Sie den Oberschenkel so dicht wie möglich an den Bauch. Bleiben Sie im Rücken gerade. Machen Sie 20 Wiederholungen auf jeder Seite.
- Stellen Sie die Füße nun etwas hinter die Knie. Verlagern Sie den gestreckten Oberkörper nach vorne und stehen Sie vom Stuhl auf. Die Knie bleiben leicht gebeugt. Sie senken das Gesäß wieder, berühren minimal den Stuhl und stehen wieder auf. Machen Sie 12–15 Wiederholungen.
- Sie bleiben stehen und schieben den Stuhl beiseite. Hinter sich benötigen Sie etwas Platz. Stützen Sie sich mit den Händen auf dem Tisch ab und strecken Sie Ihre Beine im Wechsel nach hinten aus. Machen Sie 20 dieser sogenannten Kickbacks pro Seite. Halten Sie Ihren Körper dabei gerade und stabil.


Frische Wadenpower
Gönnen Sie sich frische und sehr gut durchblutete Waden. Mit diesen Übungen bekommen Ihre Beine einen wohlverdienten Frischekick.
- Setzen Sie sich aufrecht an die Stuhlkante. Die Füße stehen unter den Knien oder etwas davor. Rollen Sie beide Füße ab, bis sie nur noch mit den Zehen Bodenkontakt haben. Rollen Sie zurück und heben Sie die Vorfüße an, bis nur noch Ihre Hacken Bodenkontakt haben. Machen Sie 20–30 Wiederholungen.
- Strecken Sie das rechte Bein aus und kreisen Sie 15 Mal mit dem Fuß nach außen und 20 Mal nach innen. Machen Sie das Gleiche mit dem linken Fuß.
- Stellen Sie sich hin und gehen Sie 20–30 Mal in den Zehenstand. Das trainiert die Wadenpower und pumpt verbrauchtes Blut aus den Beinen.
- Schieben Sie den Stuhl beiseite. Stützen Sie sich mit den Händen auf dem Tisch ab und gehen Sie in eine weite Schrittstellung. Strecken Sie das hintere Bein sanft , bis Sie ein wohliges Dehnungsgefühl empfinden. Verharren Sie für 8–12 tiefe Atemzüge. Lösen Sie diePosition ganz langsam auf und üben Sie genauso auf der anderen Seite. Machen Sie 2–3 Durchgänge pro Seite.


Sie wollen Ihren Knien etwas gutes tun und regelmäßig trainieren? Werden Sie jetzt selbst aktiv: mit dem kleinen Knie-Coach! Er motiviert und unterstützt Sie mit vielen abwechslungsreichen Übungen und wertvollen Tipps, die Ihnen helfen, Ihre Schmerzen effektiv zu lindern.
Autor
Arndt Fengler – selbsternannter "Drückerkönig" – ist leidenschaftlicher Osteopath, Physiotherapeut sowie Lehrer für Kinesiologisches Taping und Faszientherapie. In der Arbeit mit Menschen hat er seine Berufung gefunden und er gibt sein Wissen gerne in seinen Büchern und Fortbildungen weiter. Er arbeitet in eigener Praxis in Hannover und in der Schweiz.