Inhalt
Die Prävalenz von Diabetes mellitus Typ 2 steigt in Deutschland und weltweit wie bei kaum einer anderen Erkrankung an. Nach der letzten Erhebung des Robert Koch-Instituts im Jahr 2012 haben rund 7,2 % der deutschen Bevölkerung einen bekannten Diabetes mellitus Typ 2. Hinzu kommen weitere 2,1 % an bisher nicht diagnostizierten Erkrankten [1]. Eng gekoppelt damit nimmt auch die Prävalenz von Adipositas in Deutschland und weltweit kontinuierlich zu [2]. Adipositas, insbesondere die viszerale Adipositas, begünstigt die Entstehung einer Insulinresistenz im hohen Maße.
Innerhalb des Abdomens finden sich vergrößerte, entdifferenzierte Adipozyten-Verbände, die bei der Entstehung vieler assoziierter Erkrankungen eine entscheidende Rolle spielen. Dies gilt insbesondere für das metabolische Syndrom und kardiovaskuläre Erkrankungen [3], aber auch für verschiedene Adipositas-assoziierte Krebserkrankungen [4]. Das viszerale Fett ist ein hochaktives, hormonproduzierendes Organ, aus dem zahlreiche Zytokine, sogenannte Adipokine, abgegeben werden. Zu ihnen gehört auch eine Reihe entzündungsfördernder Zytokine, z. B. Tumor-Nekrose-Faktor-alpha (TNF-alpha), Interleukin-6 (IL6) und Leptin [5]. Aber auch das blutdrucksteigernde Protein Angiotensinogen, der thrombosefördernde Plasminogenaktivator-Inhibitor-1 (PAI-1) sowie Resistin, das die Insulinresistenz verstärkt, werden hier gebildet [6].
Ein protektives Molekül, das Adiponektin, wird dagegen vermindert abgesondert [7]. Adiponektin beeinflusst die Oxidation freier Fettsäuren sowie die Insulinsensitivität günstig und trägt dazu bei, einer Atherosklerose vorzubeugen. Vor wenigen Jahren wurde ein zweites protektives Adipokin, das Sfrp5, im Mausmodell identifiziert. Dieses besitzt antientzündliche Eigenschaften und wird bei Adipositas ebenso wie Adiponektin vermindert ausgeschüttet [3], [8].
Zusammenfassung
Hafer spielte viele Jahrzehnte lang eine wichtige Rolle in der diätetischen Therapie von Diabetes mellitus. Mit der Entdeckung des Insulins durch Frederick G. Banting und Charles H. Best 1921 und im weiteren Verlauf durch die Verbreitung oraler Antidiabetika geriet Hafer als Therapeutikum zunehmend in Vergessenheit. Doch in den vergangenen 15 Jahren erlebt er eine regelrechte Renaissance, insbesondere in der Behandlung der Insulinresistenz bei Diabetes mellitus Typ 2. Standen zunächst die guten klinischen Erfahrungen im Vordergrund, konnten in den letzten Jahren immer mehr wissenschaftliche Daten zur Wirksamkeit sowie Erkenntnisse zu möglichen Wirkmechanismen auf molekularbiologischer Ebene gewonnen werden.
Faktoren für Insulinresistenz
Neben der Adipokin-vermittelten Insulinresistenz können viele weitere Faktoren eine Insulinresistenz begünstigen. Dazu gehören Bewegungsmangel, Lebererkrankungen, Hypertriglyceridämie, genetische Faktoren oder bestimmte Medikamente. Diese Faktoren verhindern die Signalübertragung, die entsteht, wenn Insulin an den membranständigen Insulinrezeptor bindet, um das Glukosetransportprotein-4 (GLUT-4) an die Zellmembran zu führen. In der Folge kann die im Blut zirkulierende Glukose nicht mehr ausreichend in die Zellen transportiert werden. Der Blutzuckerspiegel ist erhöht.
Körperliche Bewegung hingegen lässt den intrazellulären Quotienten von ATP / AMP abfallen, wodurch die AMP-aktivierte-Proteinkinase steigt. GLUT-4 kann so in die Zellmembran geführt werden und dabei die Insulin-Rezeptor-Signalübertragung übergehen [9]. Dies erklärt die unmittelbare blutzuckersenkende Wirkung von sportlicher Betätigung. Im klinischen Alltag ist die Insulinresistenz häufig eine große Herausforderung, da auch mit hohen Insulindosen keine ausreichende Kontrolle des Glukosestoffwechsels erreicht wird. Gleichzeitig fördern die zugeführten hohen Insulinmengen eine weitere Gewichtszunahme [10] – es entsteht ein Teufelskreis.
Hafer enthält außergewöhnlich viel Kieselsäure, die wahrscheinlich die Barrierefunktion der Darmwand verbessert – eine gestörte Barrierefunktion wird als wichtiger Faktor bei der Entstehung von Diabetes diskutiert.
Hafer und Insulinresistenz
Hafer wurde bis in die 1970er-Jahre des letzten Jahrhunderts verbreitet zur Behandlung von Diabetes und Hyperglykämien eingesetzt. In den folgenden Jahren geriet er allerdings zunehmend in Vergessenheit. Erst in den vergangenen 15 Jahren erlebte er zur Behandlung von Diabetikern eine Renaissance [11]. In dieser Zeit konnten zunehmend Erkenntnisse über die Wirkung und Wirkmechanismen von Hafer in Bezug auf den Glukosestoffwechsel gewonnen werden, auch wenn noch viele Fragen offen sind.
Zur Historie von Hafer
Hafer (Saat-Hafer, Avena sativa) gehört zur Familie der Süßgräser (Gramineae oder auch Poaceae). Die ersten Nachweise für seine Nutzung wurden in Polen und der nördlichen Schwarzmeerregion gefunden, in der Zeit um 5000 vor Christus. Bis in das Mittelalter wurde er ausschließlich nördlich des Mains angebaut. Und auch heute noch stammt der überwiegende Teil der Welternte vom Anbau auf der Nordhalbkugel, insbesondere in Russland und Kanada. Auf der Speisekarte der Germanen stand der Hafer ganz oben, weshalb sie angeblich von Römern verächtlich „Haferfresser“ genannt wurden.
Da Hafer auch bei widrigen Witterungsbedingungen (Staunässe, Trockenheit, mangelnde Bodenqualität) und schlechter Nährstoffversorgung relative stabile Erträge liefert, war er bis in die Neuzeit in den klimatisch ungünstigen Regionen Deutschlands verbreitet. Mit seinen bis zu 2,5 m tiefen Wurzeln erreicht er auch tief liegende Wasser- und Mineralstoffvorräte und kann so zur Austrocknung des Ackerbodens führen. Seine Blätter sind besonders grün und saftig. Damit ist er im Gegensatz zu anderen Getreidearten auch als Grünfutter geeignet. Noch 1939 belegte Hafer nach Weizen und Mais den 3. Platz der weltweit am häufigsten angebauten Getreidearten. In Deutschland war Hafer bis Ende des Zweiten Weltkriegs nach Roggen die zweitwichtigste Getreideart. Der überwiegende Teil der Haferernte wurde als Tierfutter, insbesondere für Pferde verwendet. Da Pferde als Nutztiere durch die zunehmende Motorisierung kaum noch eine Rolle spielten, ging auch der Haferanbau im Vergleich zu den anderen Getreidearten deutlich zurück [12].
Die Inhaltsstoffe von Hafer
Der Blick auf die Inhaltsstoffe zeigt ebenfalls einige Besonderheiten von Hafer. So ist der Anteil an löslichen Ballaststoffen, insbesondere an β-Glucanen, mit bis zu 7,8 % besonders groß [13]. Lediglich Hirse erreicht einen ähnlich hohen Gehalt mit bis zu 7 % [13]. 100 g Hafer decken den Tagesbedarf von 6 der 8 essenziellen Aminosäuren. Sein Fettgehalt übertrifft mit 7 g pro 100 g Hafer den anderer Getreidesorten erheblich ([Tab. 1]). Dabei handelt es sich insbesondere um mehrfach ungesättigte Fettsäuren: 100 g Hafer decken 1/3 des Tagesbedarfs an essenziellen Fettsäuren [14]. Hafer enthält mehr Vitamin B1 als andere Getreidesorten. Sein Eisengehalt ist vergleichbar dem vieler Fleischsorten. Dazu ist er reich an Kalzium, Phosphor und Spurenelementen wie Zink und Mangan [15].
Wie alle Gräser ist auch der Hafer reich an Kieselsäure. So findet sich in den Stengelknoten etwa ein Kieselsäuregehalt von 10 %, im Kelchblatt 8 %. Auch die Haferkörner sind mit 2,12 % der Trockenmasse bzw. 53,97 % bezogen auf deren Asche sehr reich an Kieselsäure. Im Vergleich dazu findet sich in der Asche von Weizenkörnern nur 5,91 %, in Roggenkorn-Asche maximal 2,95 % Siliziumdioxid. Und selbst die Gerstenkorn-Asche enthält mit 31,20 % nur etwa 60 % des Kieselsäuregehalts des Hafers. Umgekehrt enthält die Asche von Schachtelhalm, der kieselreichsten Pflanze überhaupt, 40–76 % Siliziumdioxid [16]. Dies ist aus dem Grund interessant, da es Hinweise darauf gibt, dass die orale Aufnahme von Kieselsäure die Barrierefunktion der Darmwand verbessert [17], die wiederum als ein wichtiger Faktor bei der Entstehung von Diabetes mellitus Typ 2 und Typ 1 diskutiert wird [18].
Wirkungen von Hafer im menschlichen Organismus
Im menschlichen Organismus führt der hohe Anteil an löslichen Ballaststoffen, insbesondere an β-Glucanen, dazu, dass der Speisebrei zähflüssiger wird. Dadurch:
- verläuft die Verdauung und die Aufnahme von Stärken, Lipiden und Proteinen sowie deren Metaboliten langsamer [19];
- kommt es zu einer Senkung des Gesamtcholesterins und des LDL [20], [21];
- steigt der Zuckerspiegel im Blut langsamer an. Der glykämische Index sowie die Blutzuckerwerte nach den Mahlzeiten sind niedriger [22], [23];
- entsteht schneller ein Sättigungsgefühl.
In In-vivo- und Tierversuchen hatte Vollkorn-Haferkost einen günstigen Einfluss auf die Zusammensetzung der Darmflora, das sogenannte Mikrobiom [24], [25]. Sie führte u. a. zu einem höheren Anteil von Lactobazillen und Bifidobakterien und kann somit als präbiotisch bezeichnet werden.
Über das Wechselverhältnis der Darmflora zu verschiedenen Erkrankungen wie dem metabolischen Syndrom und Diabetes mellitus Typ 2 hat sich das Wissen in den letzten Jahren weiter erhöht. Im Tierversuch konnte gezeigt werden, dass sich das Mikrobiom von adipösen Mäusen von dem normalgewichtiger Mäuse charakteristisch unterscheidet und dass normalgewichtige Mäuse nach einer Transplantation von Stuhl adipöser Mäuse bei gleicher Nahrungszufuhr an Körpergewicht zunehmen [9].
Charakteristisch für das Mikrobiom von Typ-2-Diabetikern ist die relative Armut an Butyrat-produzierenden Darmbakterien. Bei Butyrat handelt es sich um ein Salz der Buttersäure, die im Darm durch den bakteriellen Abbau von präbiotischen Kohlenhydraten entsteht. Es gehört neben Propionat und Acetat zur Gruppe der kurzkettigen Fettsäuren. Butyrat dient den Darmepithelien als Energielieferant und wirkt außerdem antikanzerogen [26]. Durch konzentrierte Hafer-β-Glucane zeigte sich eine Zunahme der kurzkettigen Fettsäure Butyrat im Dickdarm [21]. Damit kann also den bei Diabetikern charakteristischen Veränderungen des Mikrobioms entgegengewirkt werden.
Wirkmechanismen von Hafer
Wirkung auf die Darmflora
Mittlerweile liegt zur Anwendung von Haferkost in der Behandlung von Diabetes mellitus Typ 2 eine Metaanalyse vor, die einen positiven Effekt in der klinischen Anwendung zeigt [27]. Eine weitere Metaanalyse hat die Effekte von Haferkost mit denen von extrahierten Hafer-β-Glucanen hinsichtlich der Stoffwechselkontrolle bei Diabetes verglichen und einen Vorteil für Haferkost gegenüber dessen Einzelbestandteil β-Glucan gefunden [13].
Anwendung von Hafer in der Praxis
In der Diabetologie des Gemeinschaftskrankenhauses Havelhöhe Berlin gibt es für Typ-2-Diabetiker mit ausgeprägter Insulinresistenz seit mittlerweile über 10 Jahren 2 sogenannte Hafertage. Dabei wird den Patienten an 2 aufeinander folgenden Tagen zu den 3 Hauptmahlzeiten je 3–4 Kohlenhydrat-Einheiten (60–80 g) Haferkost gereicht. Diese besteht aus in Wasser oder Gemüsebrühe gekochten Vollkorn-Haferflocken. Dazu erhalten sie optional Rohkost (Gurke oder Kohlrabi). Frische Kräuter, Gewürze wie Pfeffer, Curry, Kurkuma oder Zimt, aber auch gehobelte Mandeln zum Beispiel können die Mahlzeiten verfeinern. Während der beiden Hafertage sollen die Patienten keine anderen Nahrungsmittel zu sich nehmen und Säfte, gesüßte Getränke sowie Milch meiden.
Zu beachten ist allerdings, dass es während der Hafertage zu einem drastischen Abfall des Blutzuckerspiegels kommen kann. Daher wird initial die Insulindosis um etwa 20–40 % reduziert und der Blutzucker engmaschig kontrolliert, um Hypoglykämien zu vermeiden. Häufig kann während der beiden Hafertage die Insulintherapie sogar vollständig ausgesetzt werden. Bei Patienten mit ausgeprägter Resistenz und hohen Insulindosen kann es daher indiziert sein, die Haferdiät unter stationären Bedingungen durchzuführen. Am 3. Tag erhalten die Patienten wieder Normalkost mit der Empfehlung, möglichst mediterrane Speisen zu wählen.
Da die positive Wirkung von 2 Hafertagen auf die Insulinresistenz auch noch 4 Wochen nach der Intervention anhält [11], wird den Patienten, die auf die Intervention gut ansprechen, empfohlen, monatlich 2 Hafertage durchzuführen. Als mögliche Variante kann auch 1 Hafertag pro Woche sinnvoll sein.
Tagesblutzucker reduziert
Im Jahr 2013 werteten wir die Daten aller Patienten aus, die zwischen Mai 2010 und Juli 2012 die 2 Hafertage pro Monat erhielten. Dabei gingen Werte von 27 Patienten mit Insulinresistenz in die Analyse ein, 13 Frauen und 14 Männer. Das durchschnittliche Alter lag bei 60,96 Jahren. Einer der Patienten war ein Typ-1-Diabetiker. Es zeigte sich, dass die mittlere Tagesinsulindosis von 137,52 IE auf 104,61 IE am 4. Tag nach Intervention gesenkt werden konnte (Z=–3,46, p = 0,001). Das entspricht einer Reduktion um 24 %. Gleichzeitig sank der mittlere Tagesblutzucker von 186,85 mg / dl auf 151,65 mg / dl (Z=–2,95, p = 0,003; jeweils zweiseitiger Test nach Wilcoxon) [37].
Natürlich kann Haferkost aufgrund der günstigen Einflüsse auf den Lipidstoffwechsel und die Darmflora auf guter wissenschaftlicher Grundlage auch Typ-2-Diabetikern mit nur moderater Insulinresistenz sowie präventiv auch Gesunden empfohlen werden [38].
In einer weiteren Studie konnte durch eine 30-tägige Studiendiät mit 100 g Hafer zusätzlich zu einer gesunden Kost mit geringem Fett- und hohem Ballaststoffanteil nach der 12-monatigen Nachbeobachtungszeit im Vergleich zur gesunden Kost allein eine größere Gewichtsreduktion, ein niedrigerer HbA1c- sowie ein niedrigerer Triglycerid-Wert erreicht werden [28]. Damit ist für Hafer sowohl eine unmittelbare als auch eine langfristige positive Wirkung bei Diabetes mellitus Typ 2 belegt.
Verminderte Glukoseaufnahme
Neben den günstigen Eigenschaften auf die Darmflora sind in den letzten Jahren weitere Wirkmechanismen des Hafers in Bezug auf seine antidiabetischen Eigenschaften identifiziert worden. So wurde in vitro eine hemmende Wirkung von Hafer-β-Glucan auf die Expression des SGLT-1-Rezeptors (sodium-glucose-linked transport protein-1) sowie des Glukose-tranporteproteins-2 (GLUT-2) in den Darmzellen gezeigt [29]. Darüber hinaus hemmt Hafer-β-Glucan die Alpha-Glucosidase [30]. Das führt mutmaßlich dazu, dass weniger Glukose aus dem Darmlumen aufgenommen wird.
Ebenfalls in vitro konnte für bestimmte Haferproteine eine hemmende Wirkung auf die Dipeptidylpeptidase IV (DPP-4) gezeigt werden, die denen von Buchweizen und Gerste überlegen war [31]. DPP-4 ist das Enzym, das für den Abbau von Glucagon-like Peptide 1 (GLP-1) zuständig ist, einem potenten Inkretinhormon, das u. a. die Insulinausschüttung stimuliert und gleichzeitig die Ausschüttung von Glukagon hemmt [32]. Synthetisch hergestellte DPP-4-Hemmer werden in Deutschland als orale Antidiabetika vermarktet.
Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass in einem Mausmodell für Typ 1 Diabetes, bei dem die Betazellen der Bauchspeicheldrüse durch Streptozotocin-Nicotinamid geschädigt sind, beobachtet wurde, dass Hafer-β-Glucan die Betazellen „repariert“ und ihre Integrität verbessert [30]. In der Leber wiederum wurde auf die Gluconeogenese eine hemmende und auf die Glykolyse eine aktivierende Wirkung durch Hafer-ß-Glucan gesehen, die der Wirkung des Diabetes-Medikaments Metformin ähnelt [30].
Blutdrucksenkende Wirkung
Für einen weiteren Bestandteil von Hafer, das Polyphenol Avenanthramid, wurde eine antiproliferative Wirkung auf glatte Gefäßmuskel- und Endothelzellen der Hauptschlagader gezeigt. Gleichzeitig wurde die Stickstoffmonoxid-Synthase-mRNA in beiden Geweben hochreguliert, wodurch sich die Stickstoffmonoxid-Produktion erhöht. Dadurch kann die schützende Wirkung von Hafer vor Arteriosklerose [33] sowie seine blutdrucksenkende Wirkung erklärt werden [34].
Bei Ratten zeigte sich durch Hafer-β-Glucan eine ausdauersteigernde und regenerationsfördernde Wirkung auf die Skelettmuskulatur [35]. Weiterhin war die Zeit bis zur gänzlichen Erschöpfung unter körperlicher Belastung bei Ratten, die Futter mit 30 % Haferanteil erhielten, im Vergleich zu einer Kontrollgruppe um 20 % länger. Dies ging einher mit einer höheren Glykogen-Konzentration in Muskel- und Leberzellen sowie einem niedrigeren Spiegel an TNF-α, IL-6, IL-10 und Kortisol. Die Autoren folgerten, dass die reduzierte Entzündungsantwort auf Belastung bei haferhaltigem Futter eine schnellere Regeneration erklären kann [36]. Ob die günstige Wirkung des Hafers auf die Insulinresistenz auch durch die Verbesserung der Muskelfunktion mit erhöhter Glukoseaufnahme in den Muskelfaserzellen erklärt werden kann, muss in zukünftigen Studien weiter geklärt werden.
Fazit
Hafer ist eine äußerst interessante therapeutische Option bei Typ-2-Diabetikern mit ausgeprägter Insulinresistenz, um die therapeutischen Ziele in der Blutzuckereinstellung zu erreichen. Aufgrund der vielen günstigen Auswirkungen auf den Blutzucker- und Lipidstoffwechsel, die Darmflora und den Gewichtsverlauf, kann Hafer als Nahrungsbestandteil allen Diabetikern und präventiv auch Gesunden empfohlen werden. In den letzten Jahren wurden verschiedene Wirkmechanismen des Hafers entdeckt. Dazu gehören eine SGLT-1 und GLUT-2 hemmende Wirkung mit konsekutiver Hemmung der Glukoseaufnahme aus der Nahrung. Außerdem wurde eine DDP-4 hemmende Wirkung von einzelnen Haferproteinen sowie ein günstiger Einfluss auf die Darmflora gefunden.
Autoren
Dr. Roland Zerm
Arzt für Innere Medizin, Diabetologie, Anthroposophische Medizin (GAÄD) und Geriatrie.
PD Dr. med. Matthias Kröz
Facharzt für Innere Medizin und Schlafmedizin
Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass keine wirtschaftlichen oder persönlichen Verbindungen bestehen.
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