NährstofftherapieOrthomolekulare Medizin bei entzündlichen Hauterkrankungen

Die orthomolekulare Medizin ist ein wichtiger Therapiebaustein bei Neurodermitis und Psoriasis. Werden im Mangel liegende Nährstoffe substituiert, können deutliche Symptombesserungen erzielt werden.

frisches Obst und verschiedene Kapseln/Tabletten
K. Oborny/Thieme

Nicht immer reicht eine gesunde Ernährung. Eine Laboranalyse zeigt, ob bestimmte Nährstoffe im Mangel liegen und substituiert werden sollten.

von Antje Göttert

Zusammenfassung

Entzündliche Hauterkrankungen manifestieren sich insbesondere in den Industriestaaten häufig. Verantwortlich werden hierfür u.a. unser Lebensstil und die Ernährungsgewohnheiten gemacht. Nicht selten ist bei einer Laboranalyse der Mikronährstoffe ein Mangel von Vitaminen, Mineralstoffen oder Spurenelementen festzustellen, bedingt z.B. durch die Ernährung, eine eingeschränkte Nährstoffaufnahme über den Darm oder einen erhöhten Verbrauch. Letzteres ist bei Sportlern, Rauchern, kranken Menschen und Menschen im übermäßigem Dauerstress möglich und kann auch auf die Stoffwechselstörung Hämopyrrollaktamurie zurückzuführen sein.

Die orthomolekulare Medizin ist ein wichtiger Baustein in der Therapie chronisch entzündlicher Hauterkrankungen. Sie befasst sich mit dem Einsatz von Vitalstoffen, um den Körper mit optimalen Mengen zu versorgen, Krankheiten vorzubeugen und zu behandeln. Auch bei entzündlichen Hauterkrankungen wie der Neurodermitis und der Psoriasis wird sie eingesetzt. Der Beitrag beschreibt die Anwendung in einer hautfachärztlichen Praxis mit einem holistischen Ansatz und informiert über die Studienlage zum Thema.

Die in der hautärztlichen Praxis am häufigsten auftretenden entzündlichen Hauterkrankungen sind die Neurodermitis und die Psoriasis. Bei deren Behandlung ist die orthomolekulare Medizin ein wichtiger Ansatz.

Hauterkrankungen

Neurodermitis

Die Neurodermitis wird auch als atopisches Ekzem bezeichnet. Mit einer Häufigkeit von 10–15 % im Kindesalter und 2–5 % im Erwachsenenalter zählt sie zu den häufigsten Hauterkrankungen. Sie ist genetisch determiniert und manifestiert sich hauptsächlich an den Gelenkbeugen, im Gesicht und am Hals.

Bei der Neurodermitis ist u.a. die natürliche Barrierefunktion der Haut beeinträchtigt und es werden körpereigene Stoffe freigesetzt, die entzündungsfördernd wirken. Die Haut reagiert auf innere und äußere Reize mit Entzündungen. Die Patienten leiden unter empfindlicher, trockener und juckender Haut. Auslösende Faktoren können psychischer Stress [1], hormonelle Veränderungen, Infekte, Allergene, Nahrungsmittelzusatzstoffe, synthetische Kleidung, grobe Wolle, eine Besiedlung mit Staphylococcus aureus, Schweiß, klimatische Veränderungen, Störungen im Säure-Basen-Haushalt, Darmfunktions- und Stoffwechselstörungen sein.

Psoriasis

Die Psoriasis oder Schuppenflechte ist eine nicht ansteckende, chronische Autoimmunerkrankung mit genetischer Disposition und einer Prävalenz von etwa 2 %. Die Erkrankung wird durch exogene und endogene Triggerfaktoren ausgelöst. Hierzu zählen – ähnlich wie bei der Neurodermitis – psychischer Stress, hormonelle Veränderungen, Schadstoffbelastungen, Reizungen der Haut, Störungen im Säure-Basen-Haushalt, Darmfunktionsstörungen und Stoffwechselstörungen.

Es kommt zu einer epidermalen Hyperproliferation und Keratinisierung, wodurch sich juckende und gerötete Plaques entwickeln, bevorzugt an Ellbogen und Knien, an der Kopfhaut und in der Sakralregion. Auch exanthematische und intertriginöse Varianten kommen vor. In etwa 20 % geht die Psoriasis mit einer Gelenkbeteiligung einher. Komorbiditäten sind kardiovaskuläre Erkrankungen und das metabolische Syndrom. Therapeutisch werden bei der Psoriasis in lokaler Anwendung u.a. die Vitamin-D3-Analoga Calcipotriol und Tacalcitol erfolgreich eingesetzt. In schweren Fällen werden systemisch Ciclosporin, Methotrexat und Sulfasalazin empfohlen. Zu beachten ist, dass die Behandlung mit Ciclosporin zu einem Magnesiummangel, die mit Methotrexat und Sulfasalazin zu einem Folsäuremangel führen kann.

Parameter der orthomolekularen Medizin

In meiner hautfachärztlichen Praxis setze ich sowohl bei der Neurodermitis als auch bei der Psoriasis die orthomolekulare Medizin ein. Wichtiger Ausgangspunkt ist eine ausführliche Anamnese, die Erfassung der Lebens- und Ernährungsgewohnheiten und der psychosozialen Situation. Es erfolgt eine labormedizinische Analyse aus dem Vollblut und im Behandlungsverlauf eine Kontrolle der Mikronährstoffe, ggf. eine Fettsäureanalyse sowie eine Analyse der Darmflora und der Verdauungsleistung. Hinsichtlich einer orthomolekularen Medizin sind folgende Parameter im Fokus:

Zink

Zink ist ein essenzielles Spurenelement. Wir brauchen es nur in kleinen Mengen, die allerdings regelmäßig mit der Nahrung aufgenommen werden müssen. Zink hat vielfältige Funktionen im menschlichen Körper, da es an mehr als 300 Enzymreaktionen beteiligt ist. Zink ist vor allem für Zellsysteme wichtig, bei denen eine schnelle Zellteilung erfolgt, also Haut, Schleimhäute und das Immunsystem. Es hat eine große Bedeutung für die Barrierefunktion der Haut. Ein Zinkmangel kann zu diversen Problemen an Haut und Schleimhäuten und zu Haarausfall führen, die Infektanfälligkeit erhöhen, die Entgiftungsfähigkeit einschränken, die Stimmung trüben und vieles mehr.

Bei einer Mischkost beträgt der Tagesbedarf für Frauen 7 mg pro Tag und für Männer 11 mg pro Tag. Bei einer pflanzenbasierten Kost mit einem hohen Anteil an Phytinsäure ist der Bedarf höher. Phytinsäure, die in Getreide, Ölsaaten und Hülsenfrüchten steckt und sich an Zink bindet, kann die Verwertbarkeit von Zink reduzieren. Ein Einweichen der genannten Nahrungsmittel über mehrere Stunden verhindert dies. Es stößt den Keimprozess an, das Enzym Phytase wird aktiviert, wodurch die Phytinsäure abgebaut wird. Bei einem Zinkmangel sollte mit einem organischen Zinksalz substituiert werden, z.B. mit Zinkorotat 3 × 20 mg tgl. Bei der Substitution von Zink ist zu beachten, dass Zink die Aufnahme des Kupfers beeinträchtigen kann. Es sollte also der Kupferspiegel beachtet und ggf. auch Kupfer substituiert werden. Nach 4 Wochen erfolgt eine erneute Laboranalyse.

Mit einer starken Schuppung der Haut, wie sie sowohl bei der Neurodermitis als auch bei der Psoriasis vorkommt, geht ein Zinkverlust einher. Eine verminderte Aufnahme von Zink und anderen Mikronährstoffen kann durch eine Dysbiose der Darmmikrobiota verursacht sein. Auch Medikamente wie Laxantien, Antazida, Diuretika, ACE-Hemmer und Glukokortikoide sowie Milchprodukte können die Aufnahme von Mikronährstoffen einschränken.

Eine weitere Ursache für einen Zinkmangel kann die Stoffwechselstörung Hämopyrrollaktamurie (HPU) sein. Die HPU ist eine familiär gehäuft auftretende, genetisch determinierte Stoffwechselstörung, die vielfältige Folgen hat. Die Synthese des Häm ist beeinträchtigt. Häm ist ein Baustein des Hämoglobins, des Cytochrom C und des Cytochrom P450. Leidet man an einer HPU, kommt es zum erhöhten Anfall des pathologischen Hämpyrrol-Lactam-Komplexes oder auch des Hämpyrrol-Zink-Chelat-Komplexes. Pyridoxal-5-Phosphat, eine aktivierte Form des Vitamin B6, Zink und teilweise auch Mangan werden chelatiert an den HPL-Komplex gebunden und über den Urin ausgeschieden. Dieser Verlust führt zu einer eingeschränkten Entgiftungsfähigkeit und diversen Folgeerkrankungen. Die Ärztin Dr. med. Luitgard Baumeister-Jesch und die Biologin und Heilpraktikerin Dr. Tina Maria Ritter haben mehrere Bücher zu diesem Thema veröffentlicht [2], [3].

Studien

Jeong Eun Kim veröffentlichte 2014 eine Studie, in der der Zinkwert im Haar von 58 Kindern mit atopischer Dermatitis gemessen wurde. Der Zinkwert war bei den Kindern mit atopischer Dermatitis gegenüber der Kontrollgruppe mit 43 Kindern signifikant erniedrigt. Eine Substitution von Zink über 8 Wochen war effektiv hinsichtlich des Rückgangs des Pruritus bei Kindern mit einem nachgewiesenen Zinkmangel [4].

Lei Li und Kollegen fanden in einer 2019 veröffentlichten Studie häufig erniedrigte Zinkwerte bei Psoriasis-Patienten und empfahlen bei einem nachgewiesenen Mangel die Substitution von Zink [5].

Selen

Selen ist essenzieller Bestandteil der Glutathionperoxidasen. Diese schützen die Zellen vor oxidativem Stress. Die Datenlage zur Wirkung von Selen bei entzündlichen Hauterkrankungen ist spärlich. Zeigt sich in der Laboranalyse der Mikronährstoffe ein Mangel, halte ich aufgrund der wichtigen Funktionen des Selens eine Substitution mit 200 μg täglich bis zu einem Wert im oberen Normbereich für empfehlenswert.

Omega-3-Fettsäuren

Die Omega-3-Fettsäuren Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) zählen zu den essenziellen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren und haben vielfältige Aufgaben im menschlichen Organismus. Sie sind u.a. am Aufbau der Zellmembran beteiligt. Sie versorgen Haut und Haare mit Feuchtigkeit und Spannkraft. Zu beachten ist, dass ungesättigte Fettsäuren schnell von freien Radikalen angegriffen und oxidiert werden können. Antioxidantien wie Vitamin E verhindern dies. Zu den ungesättigten Fettsäuren zählen neben den Omega-3- auch die Omega-6-Fettsäuren wie die Linolsäure, die Gamma-Linolensäure und die Arachidonsäure. Auch diese haben wichtige Funktionen im menschlichen Körper.

Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren sollten in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander vorliegen. Die in der westlichen Welt übliche Ernährung beinhaltet allerdings einen sehr hohen Anteil an Omega-6-Fettsäuren. Mit einer Laboranalyse der Fettsäuren lässt sich feststellen, ob ein Mangel an Omega-3-Fettsäuren besteht und ein Missverhältnis vorliegt. Gemessen werden der Omega-3-Index, der bei 8 % liegen sollte, das Omega-6/3-Verhältnis (hier ist ein Wert von 2,5 anzustreben) und diverse Fettsäuren.

Eine Ernährung, die reich an tierischen Fetten ist und damit viel Arachidonsäure enthält, führt zu einer Erhöhung der Eicosanoide. Dies sind hormonähnliche Stoffe, die an Entzündungsprozessen im Körper beteiligt sind. Zu den Eicosanoiden zählen Prostaglandine, Prostacycline, Thromboxane und Leukotriene. Liegt ein Missverhältnis der Fettsäuren zugunsten der Omega-6-Fettsäuren vor, ist eine fleischarme oder fleischlose Ernährung empfehlenswert. Durch die Zufuhr einer ausreichenden Menge an Omega-3-Fettsäuren kann die Dysbalance ebenfalls ausgeglichen und Entzündungsprozesse können positiv beeinflusst werden. Fetter Fisch wie Makrele und Lachs wird als gute Quelle für die Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA angesehen. Zu berücksichtigen ist, dass diese Fische eine hohe Belastung mit Schwermetallen und anderen Umweltgiften aufweisen können.

Eine alternative Quelle ist die Omega-3-Fettsäure alpha-Linolensäure (ALA), die sich in hochwertigen Pflanzenölen wie Leinöl findet. Allerdings kann aus ALA die aktive DHA und die EPA nur in geringen Mengen gebildet werden. Hanföl enthält Gamma-Linolensäure und Omega-3-Fettsäuren und ist angenehm im Geschmack. Abgesehen von der Einflussnahme über die Ernährung kann der Omega-3-Wert effektiv über eine orale Substitution von qualitativ hochwertigen, schadstoffbefreiten Fischölen oder Algenölen beeinflusst werden. Dies ist bei entzündlichen Hauterkrankungen eine sinnvolle Maßnahme.

Die antientzündliche Wirkung von EPA und DHA ist in etwa gleich, Fischöl und Algenöl also diesbezüglich etwa gleichwertig. Ich empfehle eine Tagesdosis von 2 g Fischöl beziehungsweise 3,5 g Algenöl über 2–3 Monate und dann eine Kontrolle der Laboranalyse.

Studien

Kiecolt-Glaser und Kollegen veröffentlichten 2012 eine randomisierte placebokontrollierte doppeltblinde Studie, in der sie zeigen konnten, dass die Werte der Entzündungsparameter Interleukin-6 und Tumornekrosefaktor-α unter der Substitution von Omega-3-Fettsäuren sanken [6].

In einer randomisierten Studie von Jia-Xing Lin und Kollegen aus dem Jahre 2023 zeigte sich unter der Einnahme von Omega-3-Fettsäuren ein geringeres Risiko, an atopischer Dermatitis zu erkranken [7].

In einer Metaanalyse aus dem Jahre 2019, die 10 Studien mit insgesamt 560 Patienten mit Psoriasis einschloss, zeigten sich unter der Substitution von Omega-3-Fettsäuren signifikante Verbesserungen sowohl des Erythems als auch der Schuppung und des Juckreizes [8].

Vitamine

Für den Hautstoffwechsel und die Zellteilung sind vor allem die Vitamine A, B, C, E, K und Biotin von Bedeutung. Die Vitamine A, C und E sind wichtige Antioxidantien und dienen damit dem Zellschutz.

Unter Vitamin A werden Retinoide zusammengefasst, die sich von den Carotinoiden ableiten. Es wirkt u.a. am Aufbau der Hautstruktur mit. Zu den betacarotinreichen Lebensmitteln zählen Karotten, Honigmelonen und grüne Wildkräuter.

Vitamin B2 wirkt hautregenerierend, Niacin wirkt bei der Kollagenbildung und der Hautregeneration mit, Pantothensäure fördert die Wundheilung, B6 und Biotin schützen vor Hautentzündungen, B9 und B12 wirken an der Zellteilung mit. Die B-Vitamine haben eine wichtige Funktion bei der Bildung der Neurotransmitter, also für eine stabile Psyche.

Vitamin C wird für den Aufbau des Kollagens, also auch des Bindegewebes, gebraucht. Vitamin-C-reiche Lebensmittel sind die Acerolakirsche, Hagebutten, Sanddorn, schwarze Johannisbeere, gelbe Paprika und Fenchel.

Vitamin E ist ein lipidlösliches Antioxidans, das die Oxidation mehrfach ungesättigter Fettsäuren in Membranlipiden verhindert. Pflanzliche Öle wie Weizenkeimöl und Sonnenblumenöl sind reich an Vitamin E.

Vitamin K spielt eine wichtige Rolle bei der Blutgerinnung und der Knochenmineralisierung, verhindert Kalkablagerungen in Gefäßen und Knorpeln und wirkt mit bei den Prozessen der Zellerneuerung. Vitamin K1 findet sich hauptsächlich in pflanzlichen Lebensmitteln wie Petersilie, Schnittlauch, Mangold und Spinat, wird allerdings nur zu einem geringen Teil resorbiert. Vitamin K2 ist besser bioverfügbar und findet sich in tierischen Lebensmitteln wie Kalbsleber oder fermentierten Lebensmitteln wie Natto, in geringen Mengen in Rind- und Schweinefleisch.

Biotin ist als Coenzym an vielen Stoffwechselprozessen beteiligt, z.B. der Fettsäuresynthese und der Synthese verschiedener Aminosäuren. Es wirkt am Zellwachstum mit. Durch den Konsum von z.B. Haferflocken, Nüssen und Sonnenblumenkernen wird der Bedarf gedeckt.

Vitamin D

Vitamin D nimmt eine Sonderstellung unter den Vitaminen ein. Es steht für eine Gruppe von Verbindungen, die sich vom Cholesterol ableiten. In der Leber entsteht das Provitamin D3. Dieses gelangt zur Haut. In den Keratinozyten wird es mit Hilfe der UV-B-Strahlen der Sonne zu Prävitamin D3. Dieses Prävitamin wandelt sich unter der Körperwärme in Vitamin D3, also Cholecalciferol. Die Speicherform des Vitamin D3 ist Calcidiol. Je nach Bedarf wird daraus in den Nieren und in den Zellen die aktive Form, Calcitriol, also 1,25-Dihydroxycholecalciferol, gebildet. Kofaktor hierfür ist Magnesium. Auch Vitamin K2 unterstützt, indem es für eine optimale Kalziumverwertung sorgt.

Calcitriol steuert zahlreiche Vorgänge. Es hat eine antiinflammatorische und immunmodulatorische Wirkung. Die meisten Zellen sind mit spezifischen Vitamin-D-Rezeptoren (VDR) ausgestattet. Zu berücksichtigen ist, dass die Synthese des VDR und die Bindung des Calcitriol an den VDR gestört sein kann. So kann eine Blockade des VDR durch Erreger wie Cytomegalie-Viren, Ebstein-Barr-Viren und Borrelien und durch Toxine wie Schwermetalle vorliegen [9], [10].

Zu beachten ist außerdem, dass UV-B mit einer Wellenlänge zwischen 290 und 320 Nanometern in unseren Breitengraden nur von März bis Oktober zwischen 11 und 15 Uhr scheint. Nur zu diesen Zeiten kann also Vitamin D3 in relevanter Menge gebildet werden. Ab Oktober greift der Körper auf die gespeicherte Form von Vitamin D zurück, sofern in den lichtreichen Monaten ausreichende Mengen gebildet werden konnten.

Das fettlösliche Vitamin D wird vor allem im Fettgewebe gespeichert. Mit der Bestimmung von Calcidiol, also 25-OH-Vitamin D3 im Serum, lässt sich der Status des Vitamin D der letzten 1–2 Monate erkennen. Empfehlenswert ist ein Wert zwischen 40 und 80 ng/ml.

Bei einem Großteil der Bevölkerung im deutschsprachigen Raum liegt ein Vitamin-D-Mangel vor. Besonders gefährdet sind Menschen, die sich tagsüber in Räumen aufhalten, sich verhüllen, eine stark pigmentierte Haut haben oder permanent UV-Schutzmittel auftragen, übergewichtig oder im Seniorenalter sind. Die Ernährung ist nur zu 10–20 % an der Versorgung mit Vitamin D beteiligt. Mit fetten Fischen, Milchprodukten und Ei kann ein Defizit also nicht ausgeglichen werden. Bei einem laborchemisch nachgewiesenen Mangel ist eine Substitution mit Vitamin D3 angeraten. Die Dosierung richtet sich nach dem Ausgangswert und wird im weiteren Verlauf zur Vermeidung einer Überdosierung angepasst. Da die Halbwertszeit von Vitamin D3 24 Stunden beträgt, ist bei einer Substitution die tägliche Gabe der 1 × wöchentlichen Gabe hochdosierter Präparate vorzuziehen.

Studien

In einer Studie aus dem Jahre 2013 konnte gezeigt werden, dass die Gabe von Vitamin D die Symptome der atopischen Dermatitis verbessern konnte [11]. Eine 2018 veröffentlichte Metaanalyse konnte belegen, dass die Substitution von Vitamin D zu einer klinisch relevanten Verringerung des Schweregrades der atopischen Dermatitis führt [12].

Eine Querschnittsstudie aus dem Jahre 2012 veröffentlichte Daten von 145 Patienten, die über 1 Jahr an chronischer Plaque-Psoriasis litten. Gegenüber der gesunden Kontrollgruppe zeigte sich eine deutliche Prävalenz für einen 25-OH-Vitamin D3-Mangel. Die Empfehlung lautete, generell bei Psoriasis-Patienten den Vitaminwert zu bestimmen [13]. Ähnliche Ergebnisse zeigte eine Studie aus dem Jahr 2018 [14]. Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2021 zeigte eine Verbesserung des PASI-Scores, allerdings fordern die Autoren weitere randomisierte, kontrollierte Studien [15].

Kasuistik: 37-jährige Frau mit Neurodermitis

Die Patientin kam erstmals 2018 in meine Sprechstunde, mit einer am ganzen Körper exazerbierten Neurodermitis. Frühere Schübe waren milder verlaufen. Die Patientin berichtete über starken Stress durch berufliche Belastungen und einen unerfüllten Kinderwunsch.

Die Analyse der Mikronährstoffe zeigte einen Mangel an Selen, Zink und Vitamin D. Es erfolgte eine orale Substitution. Bei einer Kontrolluntersuchung lag Selen in einem grenzwertigen Bereich, Zink, Mangan und Vitamin B6 lagen im unteren Normbereich, 1,25-Dihydroxycholecalciferol war normwertig, 25-OH-Vitamin D3 unterhalb der Norm.

Aufgrund der anamnestischen Angaben veranlasste ich auch eine Untersuchung der Menge des Hämopyrrollaktamkomplexes im 24-Stunden-Urin. Es zeigte sich ein Wert von 2,00 μMol pro Liter und damit ein positiver Befund einer HPU.

Es erfolgte die Substitution von Magnesium, Zink, Mangan, Vitamin B6 in seiner bioaktiven Form Pyridoxal-5-Phosphat.

Hierunter zeigte sich ein nachhaltiger Rückgang des Juckreizes und der Ekzeme. Bei der letzten Kontrolluntersuchung im Juni 2023 war die Patientin frei von Ekzemen und im 7. Monat schwanger.

Fazit

Bei einem nachgewiesenen Mangel halte ich eine Substitution von Mikronährstoffen, Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren bei chronisch entzündlichen Hauterkrankungen neben anderen Maßnahmen sowohl präventiv als auch therapeutisch für empfehlenswert. Wünschenswert sind weitere Interventionsstudien.

Dr. med. Antje Göttert:  Studium der Humanmedizin an der Université Libre de Bruxelles und der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, 1991–1996 Facharztausbildung Dermatologie, 1992–1995 Ausbildung in Sinnzentrierter Psychotherapie nach Viktor Frankl, 1998 Zusatzbezeichnungen Allergologie und Naturheilverfahren, 2006 Zusatzbezeichnung Homöopathie. Seit 1998 Praxis für Dermatologie und Allergologie in Wiesbaden, seit 2004 Praxis für Privatpatienten und Selbstzahler.

Interessenkonflikt: Die Autorin gibt an, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.

[1] Kiecolt-Glaser JK. Stress, food, and inflammation: Psychoneuroimmunology and nutrition at the cutting edge. Psychosom Med 2010; 72 (4) 365-369

[2] Baumeister-Jesch L. Einblicke in die Welt der Mikronährstoffe. Weil der Stadt: Natura Viva; 2011

[3] Ritter TM, Baumeister-Jesch L. Stoffwechselstörung HPU. Diagnose, Vitalstoffe und Entgiftung bei Hämopyrrollaktamurie. Für Patienten und Therapeuten. Kirchzarten: VAK; 2015

[4] Kim JE, Yoo SR, Jeong MG. et al. Hair zinc levels and the efficacy of oral zinc supplementation in patients with atopic dermatitis. Acta Derm Venereol 2014; 94 (5) 558-562

[5] Lei L. Abnormal serum copper and zinc levels in patients with psoriasis: A meta-analysis. Indian J Dermatol 2019; 64 (3) 224-230

[6] Kiecolt-Glaser JK. Omega-3 supplementation lowers inflammation in healthy middle-aged and older adults: A randomized controlled trial. Brain Behav Immun 2012; 26 (6) 988-995

[7] Lin J-Y, Ma L-J, Yuan J-P. et al. Causal effects of fatty acids on atopic dermatitis: A Mendelian randomization study. Front Nutr 2023; 10: 1083455

[8] Clark CCT, Taghizadeh M, Nahavandi M. et al. Efficacy of ω-3 supplementation in patients with psoriasis: A meta-analysis of randomized controlled trials. Clin Rheumatol 2019; 38 (4) 977-988

[9] Rieder FJJ, Gröschel C, Kastner M-T. et al. Human cytomegalovirus infection downregulates vitamin-D receptor in mammalian cells. J Steroid Biochem Mol Biol 2017; 165 PtB 356-362

[10] Liu PT, Stenger S, Li H. et al. Toll-like receptor triggering of a vitamin D-mediated human antimicrobial response. Science 2006; 311 (5768) 1770-1773

[11] Samochocki Z. Vitamin D effects in atopic dermatitis. J Am Acad Dermatol 2013; 69 (2) 238-244

[12] Hattangdi-Haridas SR. Vitamin D deficiency and effects of vitamin D supplementation on disease severity in patients with atopic disease: A systematic review and meta-analysis in adults and children. Nutrients 2019; 11 (8) 1854

[13] Gisondi P. Vitamin D status in patients with chronic plaque psoriasis. Br J Dermatol 2012; 166 (3) 505-510

[14] Mattozzi C. Correlation between plasmatic levels of vitamin D and PASI score. G Ital Dermatol Venereol 2018; 153 (2) 155-160

[15] Theodoridis X. Effectiveness of oral vitamin D supplementation in lessening disease severity among patients with psoriasis: A systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Nutrition 2021; 82: 111024

[16] Gröber U. Orthomolekulare Medizin. Ein Leitfaden für Apotheker und Ärzte. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 2008