High ProteinHelfen High-Protein-Produkte beim Abnehmen?

Machen proteinangereicherte Fertigprodukte einen Unterschied beim Abnehmen? Wohl eher nicht, sagen Forschende. Auch sie fördern eine zu hohe Energieaufnahme. 

Pizza mit Tomaten, Broccoli und Käse auf einem Holzbrett, daneben liegt ein Pizzamesser
M. Bergmann/Thieme

Auch eine High-Protein-Pizza bleibt eine Kalorienbombe.

Müsliriegel für den Muskelaufbau, Fitnesspizza oder Proteinpudding: Immer mehr Lebensmittel im Supermarkt werben mit dem Zusatz „High Protein“. Damit vermitteln sie den Eindruck, gesünder zu sein oder beim Abnehmen zu helfen. 

Ein Forschungsteam der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hat die Effekte proteinangereicherter und herkömmliche Fertigprodukte in einer kleinen Studie verglichen.

Studie

Für die Studie wurden 21 junge Erwachsene in sogenannten Stoffwechselräumen untersucht. Dort konnten die Forschenden die aufgenommene und verbrauchte Energie präzise messen. Die Teilnehmenden erhielten nacheinander 2 Diäten mit hochverarbeiteten Lebensmitteln: 

  • Kontrolle: Herkömmliche Fertigprodukte mit 13 % Protein und 29 % Kohlenhydraten
  • Intervention: Proteinreiche Fertigprodukte mit 30 % Protein und 46 % Kohlenhydraten 

Kalorien, Fette und Ballaststoffe waren in beiden Gruppen gleich. Die Teilnehmenden durften essen, so viel sie wollten. 

Überessen trotz High-Protein

Bei der proteinreichen Variante lag die tägliche Kalorienaufnahme zwar rund 200 Kilokalorien niedriger und der Energieverbrauch war rund 130 Kilokalorien höher. „Dennoch blieb ein deutlicher Überschuss – es wurden rund 18 Prozent mehr Kalorien gegessen, als der Körper verbrauchte. Bei der normalen Variante waren es sogar 32 Prozent“, berichtet Dr. Hägele. 

Auch die High-Protein-Produkte führen also zu Überessen, wenngleich in etwas abgeschwächter Form. „Hochverarbeitete Lebensmittel haben Eigenschaften, die auch bei Anreicherung mit zusätzlichem Eiweiß weiterhin eine zu hohe Energieaufnahme fördern – und damit das Risiko für Übergewicht steigern“, betont Professorin Bosy-Westphal vom Institut für Humanernährung und Lebensmittelkunde.

Zu viel, zu schnell, zu kalorienreich

Hochverarbeitete Lebensmittel wie Fertiggerichte, Snacks, aromatisierte Joghurts oder proteinreiche Riegel zeichnen sich durch eine Reihe typischer Eigenschaften aus: 

  • Viele Kalorien pro Gramm
  • Besonders schmackhaft 
  • Lassen sich schnell und ohne viel zu Kauen essen

„Diese Kombination macht es schwer, rechtzeitig mit dem Essen aufzuhören“, erklärt Bosy-Westphal.

Hungerhormon sinkt

Vorteile von proteinreichen Produkten ist, dass der Körper mehr Energie benötigt, um Eiweiß zu verdauen. Ein Teil der Kalorien verpufft also gleich wieder. Eiweißreiche Produkte werden langsamer gegessen, weil sie eine andere Konsistenz haben. „Das gibt dem Körper mehr Zeit, Sättigungssignale zu senden“, erläutert Bosy-Westphal. 

Zum anderen beeinflusst Eiweiß das körpereigene Hungergefühl: Das Hungerhormon Ghrelin sinkt, während Sättigungshormone wie Peptid YY steigen. Doch entscheidend bleibt: Nicht das Eiweiß ist das Problem, sondern die Art des Lebensmittels. „Auch ein angereicherter Pudding lässt sich schnell essen und schmeckt genauso gut wie ein normaler. Also isst man auch davon mehr als man braucht“, fasst Hägele zusammen.

Für die meisten unnötig, für wenige hilfreich

Für die breite Bevölkerung ist die zusätzliche Eiweißzufuhr überflüssig. „Die meisten Menschen in Deutschland essen mehr als genug Protein“, sagt Bosy-Westphal. Eine Ausnahme sieht sie bei älteren Menschen mit chronischen Erkrankungen, bei Appetitmangel, Untergewicht oder Schluckstörungen. Dann können proteinreiche, leicht essbare Produkte eine sinnvolle Zwischenlösung sein.

Wer sich jedoch ausgewogen ernähren und sein Gewicht im Griff behalten möchte, braucht keine speziell angereicherten Produkte. Hülsenfrüchte, Quark, Fisch oder Joghurt liefern genauso viel Eiweiß. Entscheidend ist oft auch die Textur: Was gekaut werden muss, macht meist schneller satt. „Die Menschen sollten sich nicht von Etiketten wie ‚High Protein‘ täuschen lassen“, rät die Ernährungswissenschaftlerin. „Denn auch eine proteinangereicherte Fertigpizza bleibt am Ende eben doch eine Kalorienbombe.“

Quelle: Christian-Albrechts-Universität zu Kiel