Vegane ErnährungHülsenfrüchte - vegane Protein-Power

Wer sich vegan ernährt, hat Probleme mit der Proteinzufuhr. Dieses Vorurteil hält sich hartnäckig. Dabei sind Hülsenfrüchte ein geradezu magischer Proteinliefertant!

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Ein Schüssel voller Hülsenfrüchte
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Hülsenfrüchte stecken voller wertvoller Proteine.

Proteinversorgung

Eine ausreichende Versorgung mit Proteinen ist wichtig für unseren Körper. Proteine sind Makromoleküle, die aus Aminosäuren bestehen und eine Vielzahl lebenswichtiger Funktionen im Körper ausüben. Sie dienen zum Beispiel als Bausteine von Geweben wie Muskeln, Haut und Haaren und spielen auch eine entscheidende Rolle bei der Regulation von Stoffwechselprozessen, der Übertragung von Signalen zwischen Zellen und der Immunabwehr. 

Pflanzliche Proteine enthalten alle neun essenziellen Aminosäuren in variabler Konzentration, weshalb eine Kombination verschiedener pflanzlicher Quellen zur Verbesserung der biologischen Wertigkeit sinnvoll ist. Die biologische Wertigkeit eines Proteins gibt an, wie effizient das über die Nahrung aufgenommene Protein in körpereigenes Protein umgewandelt werden kann. Gute Kombinationen sind zum Beispiel Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte (vor allem Soja) und Nüssen/Saaten. Die Proteinempfehlung für Erwachsene liegt bei 0,8 g/kg Körpergewicht täglich. Allerdings ist der Proteinbedarf in bestimmten Lebensphasen wie Wachstum, Schwangerschaft und Stillzeit erhöht.

Porteinpower aus Hülsenfrüchten

Hülsenfrüchte in allen Variationen gelten als optimale pflanzliche Proteinquelle. Täglich sollten Sie deshalb eine Portion davon verzehren. Eine Portion entspricht:

  • 40–50 g trockenen bzw. 150–220 g gegarten
    Hülsenfrüchten oder
  •  50–100 g Tofu, Tempeh, Seitan oder Lupinenprodukten

ufgrund der unterschiedlichen Proteinzusammensetzung bietet sich der Verzehr einer möglichst breiten Palette an Sorten an, um in den Genuss eines nach Möglichkeit vollständigen Aminosäureprofils zu kommen. In der traditionellen deutschen Küche sind grüne Bohnen und grüne Erbsen als Beilage in Eintöpfen, Gemüsebeilage oder in Salaten weit verbreitet.

Hülsenfrüchte sind als Konserve, getrocknet und je nach Sorte auch frisch erhältlich. Idealerweise verwenden Sie neben den frischen Sorten auch getrocknete Hülsenfrüchte. Sie benötigen weniger Verpackung, sind preiswert sowie gut portionier- und lagerbar, müssen aber zeitaufwendig (etwa acht bis zwölf Stunden) eingeweicht und gekocht werden. Eingeweichte Hülsenfrüchte sind oft verträglicher
als frische, weil beim Quellen Phytinsäure abgebaut wird. Durch die Zugabe von Natron in das Koch- und Quellwasser kann die Garzeit verkürzt werden. Besonders empfehlenswert ist das, wenn die Hülsenfrüchte im Anschluss püriert werden sollen, zum Beispiel als Hummus oder Basis eines Aufstriches, denn durch das Natron löst sich die Schale leicht, die Bohnen zerfallen und das Mus bekommt eine  besonders samtige Konsistenz. Linsen müssen nicht eingeweicht werden.

Eine Alternative zu getrockneten Hülsenfrüchten sind Konserven. Auch wenn es beim Konservieren zu Vitaminverlusten kommt, gilt hier: lieber eine Konserve verwenden als ganz auf Hülsenfrüchte verzichten. Es bieten sich Konserven im Glas an, weil bei Konservendosen schädliche Substanzen aus der Dosenbeschichtung in das Lebensmittel übergehen können. Sollten Sie aufgrund von Verfügbarkeit auf Dosenkonserven zurückgreifen müssen, so können Sie den Inhalt nach Anbruch der Dose in ein Konservenglas umfüllen und kühlen.

Hülsenfrüchte sind nicht nur aufgrund ihrer Nährwerte wertvolle Lebensmittel. Auch ökologisch ist ihr Anbau sinnvoll. Hülsenfrüchte lassen sich regional mit niedrigem Wasserbedarf anbauen, lockern dabei den Boden auf und reichern diesen mit Stickstoff an. Die Fruchtbarkeit des Bodens wird so verbessert. Hülsenfrüchte bieten sich in Fruchtfolgen an und dienen während des Anbaus als Bienenweide. Nach der Ernte lassen sich Hülsenfrüchte energiesparend in der Sonne trocknen. Gut zu wissen: Auch Erdnüsse gehören zu Hülsenfrüchten, werden aufgrund der Verzehrart aber meist bei den Nüssen erwähnt.

Bauchweh von Hülsenfrüchten? Das muss nicht sein! Die Verträglichkeit von Hülsenfrüchten kann gesteigert werden, wenn Sie das Quell- oder Kochwasser nicht weiterverwenden und Speisen mit verdauungsfördernden Kräutern würzen. Hier bieten sich zum Beispiel Bohnenkraut, Kümmel, Majoran, Rosmarin, Curry oder Fenchelsamen an. Fügen Sie Salz erst nach dem Garen hinzu, sonst verlängert sich die Garzeit. Bei regelmäßigem Verzehr von Hülsenfrüchten stellt sich ein Gewöhnungseffekt ein. Steigern Sie hierfür die Menge pro Mahlzeit langsam.

Vielfalt der Hülsenfrüchte

Die Sortenvielfalt der Hülsenfrüchte ist groß. Es gibt verschiedenste Sorten von Erbsen, Linsen und Busch-, Stangen-, Acker- und Feuerbohnen, die sich in Farbe, Konsistenz und Verwendung unterscheiden. Die meisten Hülsenfrüchte (bis auf wenige Ausnahmen wie Zuckerschoten, Markerbsen und Schlangenbohnen) sind roh aufgrund des hohen Gehalts an Phasin giftig.

Kichererbsen

Kichererbsen stammen hauptsächlich aus Indien, werden aber auch in Griechenland und Italien angebaut. Sie eignen sich als Einlage in Suppen sowie warm oder kalt in Salaten. Beliebt sind Kichererbsen geröstet und gewürzt als Snack. Besonders bekannt sind sie als Hauptzutat von Hummus und Falafel. Glutenfreies Kichererbsenmehl ist proteinreich. Es bindet als Eiersatz viele herzhafte Speisen und ist auch zum Backen geeignet.

Erbsen

Weltweit gibt es über 250 Erbsensorten. Je größer die Sorte ist, desto mehr Stärke enthält sie und desto weicher ist sie nach dem Kochen. Geschälte getrocknete Erbsen sind leichter verdaulich und schneller zubereitet als ungeschälte getrocknete Hülsenfrüchte. Erbsen eignen sich für Eintöpfe, Suppen oder als Gemüsebeilage. Auch Milchalternativen auf Erbsenbasis und Fleischalternativen aus Erbsenprotein finden sich in vielen Supermarktregalen.

Kidneybohnen

Kidneybohnen sind aus der mexikanischen und südamerikanischen Küche bekannt, zum Beispiel im beliebten Chili sin carne (fleischfreie Variante des Chili con carne). Die Kidneybohne hat eine feste Schale, einen mehligen Kern und einen charakteristischen Geschmack. Sie eignet sich gut für bohnenbasierte Aufstriche.

Weiße Bohnen

Weiße Bohnen gibt es in Sorten verschiedenster Größen. Sie werden sehr weich und nehmen gut den Geschmack des Gerichtes an. Sie eignen sich deshalb gut für "Käse"-Cremes oder als Einlage in Suppen. 

Linsen

Je kleiner die Linsensorte, desto intensiver ihr Geschmack. Klassische Tellerlinsen sind Linsen mit einer Größe von sechs bis sieben Millimeter. Linsen kochen weich und müssen nicht eingeweicht werden. Rote Linsen garen besonders schnell. Linsen eignen sich für eine Vielzahl von Gerichten, zum Beispiel Belugalinsen im Salat, Tellerlinsen für Eintöpfe und Cremesuppen, rote Linsen im Daal (indische Linsensuppe). Auch als Basis für Aufstriche und als Fleischalternativen, zum Beispiel Linsenbratlinge oder als Linsenbraten, eignen sich Linsen sehr gut.

Adzukibohnen

Adzukibohnen sind besonders bekannt aus der traditionellen japanischen Küche. Aufgrund ihres süßlichen Geschmacks werden sie häufig für Süßspeisen verwendet, zum Beispiel Klebereisbällchen mit Rote-Bohnenpaste-Füllung (Mochi).

Schwarze Bohnen

Schwarze Bohnen dienen als Grundnahrungsmittel in Mittel- und Südamerika. Wegen ihrer guten Festigkeit und dem kräftigen Aroma sind sie gut für Bohneneintöpfe geeignet.

Sojabohnen

Sojabohnen spielen aufgrund ihres besonders hohen Eiweißanteils von etwa 40 Prozent eine besonders wichtige Rolle in der pflanzlichen Ernährung. Sie dienen als Rohstoff für verschiedenste Produkte wie  Sojaöl, Sojasauce, Sojadrinks, Tofu, Tempeh, texturiertes Sojagranulat oder Fleischalternativen. Auch geröstet und gewürzt als Knabberartikel oder gegart als Edamame kann die Soja bohne in die Ernährung integriert werden.

Zwei Power-Rezepte mit Hülsenfrüchten

In der ersten Phase der Entschlackung essen Sie eine klare Reis-Mung-Brühe, und zwar so lange, bis Sie sich durch die Suppe nicht mehr gesättigt fühlen. Wenn Sie die Reis-Mung-Brühe nicht mögen,
können Sie alternativ das Entschlacken auch mit einer klaren Gemüsebrühe erreichen. Kommt der Hunger nicht gut in Gang, können Sie zusätzlich die Pippali-Treppenkur (s. unten) machen, um den agni zu stimulieren.

Lauwarmer Bohnen-Gurken-Salat

Ein sättigender Salat reich an pflanzlichem Protein und sekundären Pflanzenstoffen. Reichlich Küchenkräuter sorgen für Geschmack und eine gute Verdauung.

2 Portionen , Zubereitung ca. 30 Minunte

Zutaten: 2 Handvoll dicke Bohnen (oder 1 Dose Butter- oder Saubohnen) · Salz · 3 mittelgroße, feste Gurken, z. B. Einlegegurken (oder 1 Salatgurke) · 1 Handvoll Erbsen · 1 Bund Dill · 1 Bund Koriander · 1 EL Olivenöl · 1–2 EL Balsamico bianco · 1 gehäufter EL Senf · 125 ml Hafersahne zum Kochen · Pfeffer · Muskat

  • Dicke Bohnen in gesalzenem Wasser bissfest garen. Bei Verwendung von Konserven Bohnen abtropfen lassen und leicht im Topf erwärmen. 
  • Gurken in fingerdicke Scheiben schneiden und in ein wenig gesalzenem Wasser bissfest schmoren. Erbsen kurz vor Ende der Garzeit dazugeben und mitgaren.
  • Dill und Koriander fein hacken.
  • Olivenöl, Balsamico, Senf und Hafersahne verrühren. Mit wenig Salz, Pfeffer und Muskat abschmecken.
  • In einer Schüssel Gurken, Bohnen, Erbsen und Kräuter mischen und mit dem Dressing übergießen.

Orangen-Tempeh-Spaghetti

Zitrusfrüchte sind reich an Vitamin C und Fruchtsäure. In Kombination mit Vollkorngetreide oder Hülsenfrüchten können sie die Aufnahme von Eisen aus diesen Lebensmitteln erhöhen.

2 Portionen , Zubereitung ca. 30 Minunte

Zutaten: 250 g Vollkorn-Spaghetti · 200 g Tempeh, natur · etwas Olivenöl · 2 EL Sojasauce · 4 TL Ingwerpaste · 2 TL Misopaste · 5 EL Orangensaft · 4 Knoblauchzehen · 2 Tomaten

  • Pasta laut Packungshinweis zubereiten. Tempeh in kleine Würfel schneiden. In etwas Olivenöl goldbraun rösten.
  • Sojasauce, Ingwer, Miso und Orangensaft mischen. Knoblauch pressen und dazugeben.
  • Tomaten würfeln und zum gerösteten Tempeh geben. Kurz garen, dann verfeinerte Sojasauce darübergeben und von der Hitze nehmen.
  • Orangen-Tempeh auf den fertigen Spaghetti anrichten.

Variante: 4–5 EL veganen Schmand unterrühren, dann wird das Gericht cremiger.

Es gibt viele gute Gründe, Fleisch und andere tierische Lebensmittel wegzulassen. Denn eine vollwertige, pflanzliche Ernährung reduziert die für viele Erkrankungen verantwortlichen stillen Entzündungen im Körper und liefert wertvolle Nährstoffe, die die Selbstheilung aktivieren. Mit dem Buch "Medical Cooking: Vegane Ernährung" erhalten Sie Hintergrundwissen und über 90 Rezepte mit deren Hilfe Sie Verdauung, Haut und Schlaf verbessern, Schmerzen an Gelenken und anderswo lindern und das Risiko für Krebs und Demenz senken können. 

Etienne Hanslian ist Studienarzt und Dozent an der Charité - Universitätsmedizin Berlin. Hier führt er gemeinsam mit seinen Co-Autorinnen wissenschaftliche Untersuchungen zu vollwertiger, pflanzenbasierter Ernährung und Fasten durch. Davor absolvierte er seine Ausbildung in der Inneren Medizin und war mehrere Jahre an einer Lehrklinik für Ernährungsmedizin tätig. Außerdem ist er Vorstandsmitglied der Ärztegesellschaft für Heilfasten und Ernährung (ÄGHE e.V.).

Die Ernährungswissenschaftlerin Melanie Dell’Oro forscht seit ihrem Masterstudium gemeinsam mit den Co-Autor*innen an der Charité - Universitätsmedizin Berlin zu den Themen Fasten und vegane Ernährung bei Rheuma, Metabolischem Syndrom, Neurodermitis, Parkinson und Demenz. Sie ist zudem Dozentin, zertifizierte Kräuterpädagogin und Beraterin für ganzheitliche Frauengesundheit. Als Online-Redakteurin in einem Start-Up für Frauengesundheit schreibt sie über ihre Herzensthemen wie vegane Ernährung, Hormongesundheit und Pflanzenheilkunde.

Julia Schiele, B.Sc., ist Ökotrophologin, Dozentin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Charité - Universitätsmedizin Berlin. Sie forscht zu pflanzenbasierter Ernährung, Ayurveda, Mind-Body-Medizin und - gemeinsam mit ihren Co-Autor*innen - zur Demenzprävention. Mit ihrer Begeisterung für einen ausgewogenen Lebensstil möchte sie als Ernährungstherapeutin und Heilpraktikerin Menschen dazu inspirieren, individuelle, nachhaltige und gesundheitsförderliche Essgewohnheiten und Alltagsroutinen zu entwickeln. Vorher organisierte sie viele Jahre den Wissenschaftskongress VegMed.