
Das neue Zeckenvirus wurde in den österreichischen und den italienischen Alpen nachgewiesen.
In den österreichen und den italienischen Alpen wurde ein neues, bislang unbekanntes Zeckenvirus nachgewiesen. Der neue Flavivirus-Subtyp wurde in erkrankten Gämsen und anhaftenden Zecken gefunden.
Welche Folgen das neuentdeckte Virus für Mensch und Tier haben wird, lässt sich laut den Wissenschafter*innen derzeit noch nicht sagen. Um weitere Forschungsarbeiten zu erleichtern, wurde das Zellkulturisolat des neuen Virus („Alpine chamois encephalitis virus“; ACEV) auf der Plattform des Europäischen Virusarchivs hinterlegt.
Der europäische Subtyp des durch Zecken übertragenen Frühsommer-Meningoenzephalitis-Virus (FSMEV-Eur; Spezies Orthoflavivirus encephalitidis, Familie Flaviviridae) war bislang das einzige durch Zecken übertragene Flavivirus in Mitteleuropa, von dem bekannt war, dass es neurologische Erkrankungen bei Menschen und verschiedenen Tierarten verursacht.
Neuer Flavivirus-Subtyp „Alpine chamois encephalitis virus“ (ACEV)
Das neue durch Zecken übertragene Flaviviru wurde von alpinen Gämsen mit Enzephalitis und anhängenden Zecken isoliert. Diese Tierart - Rupicapra rupicapra rupicapra - kommt in einem großen Gebiet in den Alpen vor. Die Fälle wurden 2017 in Salzburg (Österreich) und 2023 in der Lombardei und im Piemont (Italien) festgestellt.
Laut dem Virologen und Studien-Erstautor Norbert Nowotny weisen die Virusstämme 94,8–97,3 % Nukleotid-Identitäten zueinander auf. Sie sind demnach enger mit dem vor allem auf den Britischen Inseln vorkommenden Louping-Ill-Virus (Orthoflavivirus loupingi; 90–92 % Übereinstimmungen) als mit FSMEV-Eur (weniger als 88 %) verwandt.
„Die von den Gämsen stammenden Virusstämme, die wir vorläufig als „Alpine chamois encephalitis virus“ (ACEV) bezeichnen, bilden mit dem Spanischen Ziegenenzephalitis-Virus eine unabhängige genetische Gruppe, die sich deutlich von den anderen Louping Ill-Viren unterscheidet“, erklärt Nowotny. Laut dem Experten spricht dies für die Einstufung als neuer Virus-Subtyp mit dem vorgeschlagenen gemeinsamen taxonomischen Namen „Spanish goat and Alpine chamois encephalitis virus subtype“ innerhalb der Spezies Orthoflavivirus loupingi.
„Das zoonotische Potenzial dieses neu identifizierten Virus-Subtyps sowie sein Wirtsspektrum bei anderen Tierarten, einschließlich Nutztieren, muss unbedingt weiter untersucht werden. Sollten etwa auch Ziegen oder Schafe für dieses neu entdeckte Virus empfänglich sein, bestünde auch die Gefahr von Infektionen des Menschen durch den Genuss von Rohmilch-Produkten dieser Tierarten“, betont Nowotny.
Virus-Nachweise an weit voneinander entfernten Fundorten
Der neu identifizierte von Zecken übertragene Flavivirus-Subtyp wurde an 3 verschiedenen Orten nachgewiesen: einer in Österreich und zwei in Norditalien – in einem Abstand von bis zu 390 Kilometern Luftlinie und in einem Zeitraum von mehr als 6 Jahren. Auch die Jahreszeit, in der die infizierten Gämsen gefunden wurden, war mit Februar, Mai und September sehr unterschiedlich.
Auch die Höhe der Fundorte weicht deutlich voneinander ab: Sie reicht von 761 über 1200 bis zu 1700 Höhenmetern. Außerdem unterschieden sich die Funde hinsichtlich Zeckenbefall: Einmal befanden sich keine Zecken an der Gämse, weshalb die Infektion mehrere Wochen oder sogar Monate zuvor erfolgt sein musste. Bei den beiden anderen Fällen hafteten die infizierten Zecken noch an den Gämsen.
Quelle: Vetmeduni Wien