OpiodeOPs nur selten Auslöser langfristiger Opiod-Einnahme

Eine Datenanalyse zeigt: Die langfristige Verschreibung von Opioden ist in Deutschland deutlich geringer als in den USA.

Schmerzpumpe, Perfusor
K. Oborny/Thieme

Opioide werden häufig während Operationen und danach zur Schmerztherapie eingesetzt.

Macht eine postoperative Schmerztherapie mit Opioiden süchtig? In den USA und einigen anderen Ländern der Welt, die mit massivem Opioid-Fehlgebrauch zu kämpfen haben, wird dies vermutet. Das hat zu der Empfehlung geführt, auf dieses Schmerzmittel während und nach Narkosen zu verzichten.

Auch in Deutschland ist der Gesamt-Opioid-Verbrauch seit Jahren relativ hoch. Eine Forschungsgruppe untersuchte nun, ob Operationen eine längerfristige Opioid-Einnahme auslösen könnten und ob bestimmte Eingriffe dazu besonders beitragen.

Analyse von operierten BARMER-Versicherten

Die Forschenden analysierten in ihrer Studie dazu die Daten von allen im Jahr 2018 operierten BARMER-Versicherten. Im Fokus stand die Frage, ob in den beiden Quartalen nach einer Operation eine Opioidverschreibung erfolgte.

Um den Einfluss von Operation, Narkose und postoperative Schmerztherapie als mögliche Auslöser für eine langfristige Opioid-Einnahme untersuchen zu können, wurden Menschen mit Krebserkrankungen bzw. einer vorbestehenden Opioideinnahme von der Analyse ausgeschlossen.

Bei allen mehr als 200.000 operierten Patient*innen wurden 6 Monate nach der Operation nur 1,4 Prozent derartige Schmerzmittel verschrieben.

„Diese Zahl ist in Nordamerika 3- bis 4-mal höher“, betont Johannes Dreiling, Erstautor der Studie aus Jena.

Unterschiede zwischen Operationen

Die Studie verglich auch detailliert Unterschiede zwischen einzelnen Operationen – mit teils erstaunlichen Ergebnissen:

  • So lag nach Wirbelsäulen-, Schulter- und Sprunggelenksoperationen sowie Gelenkersatz-Wiederholungseingriffen der langfristige Opioidkonsum um den Faktor 3 bis 7 höher als der Durchschnitt.
  • Am höchsten lag die Opioid-Verschreibung bei Amputationen: ca. 15 bis 20 Prozent der Betroffenen bekamen längere Zeit Opioide verschrieben.

Ursula Marschall, Leiterin Versorgungsforschung der BARMER: „Diese Ergebnisse deuten an, dass Opioide nach Operationen nicht generell verdammt werden sollten, zumal sie weniger organschädigende Wirkungen haben als viele andere Schmerzmittel. Aber nach bestimmten Operationen müssen wir Patient*innen enger als bisher betreuen und begleiten, um Schmerz- und Medikationsprobleme, sowie eine möglicherweise beginnende Abhängigkeit rechtzeitig zu erkennen und konsequent zu behandeln.“

Risikofaktoren für längerfristigen Opioid-Gebrauch

Neben der Operation konnten in der Studie noch weitere Risikofaktoren für einen längerfristigen Opioid-Gebrauch identifiziert werden. Dazu gehören:

  • Verschreibung von Antidepressiva und anderen Schmerzmitteln bereits vor der Operation,
  • Alkoholmissbrauch,
  • vorbestehende chronische Schmerzen.

„Unsere Arbeit belegt erneut, welches Potential, aber auch welche Limitationen Auswertungen von Routine- und Registerdaten haben. So können Krankenkassendaten sehr exakte Angaben zur Medikamentenverschreibung liefern. Es ist jedoch schwierig herauszufinden, warum diese Medikamente eingenommen wurden. Daher können wir nicht genau erkennen, bei welchen Menschen die Opioid-Einnahme gerechtfertigt war. Die Analyse von Krankenkassendaten wird aber auch in Zukunft ein wichtiger Baustein der Versorgungsforschung sein“, so Letztautor Daniel Schwarzkopf.

Die Studie ist im Rahmen des Projektes LOPSTER entstanden, das vom Innovationsausschuss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) gefördert wurde. LOPSTER untersucht den Zusammenhang zwischen perioperativen Schmerzen, Schmerztherapie und dem Auftreten von Komplikationen sowie langfristigen Folgeerkrankungen.

Quelle: Uniklinikum Jena