Training und AlterungGleichgewichtstraining unterstützt das Gehirn

Ältere Menschen können durch ein auf sie abgestimmtes regelmäßiges Gleichgewichtstraining ihre sensomotorische Leistungsfähigkeit verbessern. 

Holzfigur balanciert auf rotem Seil
K. Oborny/Thieme

Ältere Menschen können durch ein auf sie abgestimmtes regelmäßiges Gleichgewichtstraining ihre sensomotorische Leistungsfähigkeit verbessern. Das zeigen erste Ergebnisse einer interdisziplinären Studie der Uni Magdeburg.

Forschende untersuchen, wie durch gezielte Trainingsprogramme neuronale Ressourcen des alternden Gehirns optimal stimuliert werden können.

Training kann Leistungsgrenzen des Gehirns verschieben

"Unser Gehirn hat zwar natürliche Leistungsgrenzen, was Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Sensomotorik angeht. Aber durch Training können wir diese Grenzen in Teilen verschieben", erklärt Studienleiter Prof. Marco Taubert vom Lehrstuhl Trainingswissenschaft. Das sei gesellschaftlich relevant, da Defizite in der Gleichgewichtsleistung bei älteren Menschen oft mit erhöhter Sturzneigung und dadurch erhöhter Sterblichkeit verbunden seien.

In dem Forschungsprojekt „Dynamische Modellierung einer trainingsbedingten und leistungsoptimierenden Mobilisierung neuraler Ressourcen“ untersucht ein interdisziplinäres Team in zwei Studien die Auswirkungen verschiedener Trainingsansätze auf die Gehirnleistung der Probanden.

Die insgesamt 90 Teilnehmer*innen zwischen 60 und 75 Jahren absolvierten wöchentlich ein Gleichgewichtstraining mit unterschiedlichen Aufgabenanforderungen: Unterforderung, optimale Anforderung und Überforderung. Über den Verlauf des Trainings erfolgten Aufnahmen des Gehirns im Magnetresonanztomografen (MRT), um Informationen über mögliche strukturelle und funktionelle Veränderungen zu erhalten.

Optimale Trainingsanforderungen bringen bessere Ergebnisse

"Die ersten Ergebnisse an 30 Versuchspersonen zeigen größere Effekte auf die motorische Leistung in der Trainingsgruppe mit optimaler Aufgabenanforderung im Vergleich zu den Trainingsgruppen mit Unter- bzw. Überforderung sowie tendenziell bessere kognitive Leistungen", so der Sportwissenschaftler.

Die Ergebnisse der Hauptuntersuchung an 60 Versuchspersonen würden aktuell ausgewertet und würden Aufschluss darüber geben, wie sich das optimierte Gleichgewichtstraining auf die Gehirnstruktur und -funktion auswirkt, erklärt Taubert weiter.

Gleichgewichtstraining verändert die Gehirnstruktur

"Es ist bereits bekannt, dass Gleichgewichtstraining Veränderungen in der Gehirnstruktur und -funktion hervorrufen kann", so Taubert. "Wir wollten aber überprüfen, ob ein auf den aktuellen Leistungsstand der Person angepasstes Gleichgewichtstraining das Gehirn besonders schnell oder stark zu strukturellen Veränderungen anregen kann."

Ziel: Maßgeschneiderte Trainingsprogramme

Die jetzt gewonnenen Erkenntnisse könnten zukünftig helfen, Maßnahmen zu entwickeln, welche die Reservekapazität des Gehirns gegen Krankheiten wie Demenz erfolgreich mobilisieren, so Taubert. "Wenn wir die Anpassungsprozesse in unserem Gehirn besser verstehen, können wir langfristig maßgeschneiderte Trainingsprogramme entwickeln, die unser Gehirn ein Leben lang unterstützen und damit unsere Gesundheit und Lebensqualität erhalten oder verbessern."

Das Forschungsprojekt ist Teil eines Sonderforschungsbereiches SFB 1436: Neuronale Ressourcen der Kognition. Mehr als 40 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchen am Standort Magdeburg und darüber hinaus in insgesamt 22 Einzelprojekten, welches Potenzial das menschliche Gehirn hat und welche neurobiologischen Prozesse es daran hindern, es auszuschöpfen. Ziel ist es, in Zukunft Gedächtnisleistungen im Allgemeinen verbessern bzw. die Auswirkung von Störfaktoren und „versteckten“ Krankheitsprozessen verstehen und damit überwinden zu können sowie die Reservemechanismen, die dem Gehirn zur Verfügung stehen zu mobilisieren.

Quelle: Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg