
Gesund und fit bis ins hohe Lebensalter: Wie das gehen könnte, wird erforscht. Einiges lässt sich bereits heute dafür tun.
Longevity: Gesund Altern statt nur länger leben
Menschen sind im Durchschnitt 11 Jahre ihres Lebens krank. Das bedeutet, die meisten Menschen haben eine höhere Lebens- als Gesundheitsspanne.
Der Begriff Longevity bezeichnet den Trend (oder auch Wunsch), die gesunde Lebensspanne zu verlängern. Und natürlich auch die Hoffnung dabei möglichst jugendlich und fit zu bleiben - körperlich und seelisch. Longevity betrachtet also die Lebens- und Gesundheitsspanne - um beides zu verlängern.
Die Spezialistin für Altersmedizin von der Charité Berlin, Prof. Ursula Müller-Werdan, gab auf einer Pressekonferenz einen Einblick, was man jetzt schon tun kann und was die Wissenschaft beiträgt, um länger gesund zu leben.
Evidenzbasierte Strategien für gesundes Altern
Die kardiovaskuläre Prävention trägt wissenschaftlich belegt zur Langlebigkeit bei. Die Pathogenese der Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Alter hat eine erhebliche Schnittmenge mit den molekularen Alterungsprozessen; kardiovaskuläres Altern und Langlebigkeit sind miteinander verbunden.
Die kardiovaskuläre Prävention mit Fokus auf den klassischen kardiovaskulären Risikofaktoren macht auch bei älteren Menschen Sinn. Sie wird ausdrücklich von den kardiologischen Fachgesellschaften empfohlen. Dazu gehören die "Life‘s Essential 8" der American Heart Association:
Life's Essential 8: Strategien für gesundes Altwerden
- Gesunde Ernährung
- Regelmäßig körperliche Bewegung
- Ausreichend Schlaf
- Tabakverzicht
- Normalgewicht
- Cholesterin im Normbereich
- Blutzucker im Normbereich
- Blutdruck im Normbereich
Die Life's Essential 8 werden altersunabhängig und auch für betagte Menschen empfohlen. Demnach können diese 8 Strategien den Alterungsprozess auf molekularer und zellulärer Ebene günstig beeinflussen und so zu einer verlängerten Lebens- und Gesundheitsspanne beitragen.
Medikamentöse Ansätze
Ein vielversprechender Forschungsbereich sind sog. Senotherapeutika: Dazu gehören Medikamente, die gezielt alternde Zellen abbauen und so altersbedingten Erkrankungen vorbeugen können. „Diese Therapien stehen noch am Anfang. Der Ansatz, Zellen, die durch Alterungsprozesse ihre eigentliche Funktion eingebüßt haben, gezielt medikamentös zu beseitigen, hat sich bislang als wirksam erwiesen“, so Müller-Werdan.
Als Beispiele für mögliche Kandidaten, die bereits getestet werden, nennt Müller-Werden:
- Rapamycin,
- GLP1-Rezeptor-Agonisten (Abnehmspritze),
- Metformin und
- Spermidin.
Allerdings bleiben insbesondere bewährte Strategien wie Bewegung, gesunde Ernährung und Blutdruckkontrolle entscheidend für ein langes und vitales Leben auf Basis wissenschaftlicher Evidenz.
Geroscience: Gesunde Lebenszeit verlängern
"Mit Geroscience zielen wir darauf ab, das Leben [und] ... die gesunde Lebenszeit zu verlängern. Das ist ein realistisches Ziel, das wir mit bewährten Maßnahmen wie Herz-Kreislauf-Prävention und neuen wissenschaftlichen Ansätzen erreichen können", erklärte Müller-Werdan.
Alterungsprozesse sind die Basis von Alterskrankheiten. Neben der Prävention von Krankheiten nimmt die Geroscience die Prävention biologischer Alterungsprozesse in den Fokus:
- Die biogerontologische Forschung belegt, dass „physiologisches Altern“, „pathologisches Altern“ und Alterskrankheiten sich nur quantitativ unterscheiden.
- Molekulare und zelluläre Alternsmarker (z.B. epigenetische Veränderungen oder Telomerverkürzung) sind der gemeinsame Nenner aller alterstypischen Gebrechen.
Für diese Kernaussage sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen prototypisch: Zunächst häufen sich in Gefäß- und Herzzellen und -strukturen über Jahrzehnte hinweg inapparent Schäden an, bis schließlich die Schwelle für eine klinische Manifestation überschritten ist.
Die Altersmedizin umfasst darüberhinausgehend ein Bündel von Maßnahmen, um dem Kardinalsyndrom der Altersmedizin, der „Frailty“ (Gebrechlichkeit), vorzubeugen oder diese zu behandeln. Gebrechliche ältere und alte Menschen sind durch verminderte Kraft und Ausdauer und reduzierte physiologische Funktionsreserven beeinträchtigt. Durch eine erhöhte Vulnerabilität für Komplikationen und Verlust von Autonomie sind sie zudem in ihrer Lebensführung gefährdet. Der ganzheitliche Ansatz der Geriatrie zielt darauf ab, Frailty als multidimensionales Syndrom physischer, psychischer und sozialer Beeinträchtigungen in allen Facetten zu adressieren.
WHO: Dekade des gesunden Alterns
Die Vereinten Nationen haben für das aktuelle Jahrzehnt (2021 bis 2030) die Dekade des gesunden Alterns (United Nations Decade of Healthy Ageing 2021–2030) proklamiert. Die WHO definiert: "Healthy Ageing is developing and maintaining the functional ability that enables well-being in older age."
Der Aktionsplan umfasst zahlreiche Facetten des Lebens älterer Menschen, mit 4 wesentlichen Handlungsfeldern:
- altersfreundliche Umwelt, Bekämpfung von Altersdiskriminierung („Ageism“),
- integrierte gesundheitliche Versorgung und
- Langzeitversorgung.
Gefordert wird insbesondere ein diskriminierungsfreier Zugang zu medizinischen Dienstleistungen, auch im Bereich der Prävention.
Quelle: Jahrespressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin 13.3.2025/Ni