HypertonieWie Bluthochdruck das Augenlicht zerstören kann

Augenärztin Prof. Sandra Liakopoulos erklärt am Welthypertonietag, wie sich ein Gefäßverschluss am Auge zeigt, was zu tun ist und wie am besten vorgebeugt werden kann.

menschliches Auge
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Auch die Augen profitieren von normotonen Blutdruckwerten.

Bluthochdruck kann auch die Gefäße am Auge schädigen. Prof. Sandra Liakopoulos von der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) erklärt anlässlich des Welthypertonietages am 17. Mai, wie sich ein Gefäßverschluss am Auge zeigt, was dann zu tun ist und wie am besten vorgebeugt werden kann.

Bluthochdruck zeigt sich an der Netzhaut

Ein hoher Blutdruck schädigt auch Arterien und Venen in den Augen – und mitunter stellen Augenärztin oder Augenarzt eine Hypertonie fest, noch bevor Betroffene davon wissen. „Dafür genügt eine einfache Untersuchung des Augenhintergrundes mit Spaltlampe und Lupe“, erklärt Prof. Sandra Liakopoulos von der Universitätsaugenklinik in Frankfurt am Main. „Liegt ein Bluthochdruck vor, erscheinen die Gefäße der Netzhaut enger, rigider, sie verhärten sich.“ 

Sehsturz kann zur Erblindung führen

Bluthochdruck muss behandelt werden. Sonst drohen Veränderungen an den Gefäßen, der Netzhaut oder dem Sehnerv, in fortgeschritteneren Fällen sogar Blutungen und Infarkte. „Ein Sehsturz, bei dem ein Blutgerinnsel ein Augengefäß verschließt, ist besonders bedrohlich und immer ein Notfall“, betont Liakopoulos. Der Gefäßverschluss unterbricht die Sauerstoffversorgung der Netzhaut und kann zum Absterben von Sehzellen und Erblindung führen, so Liakopoulos weiter.

Verschlüsse von Arterien im Auge sind selten, Venenverschlüsse kommen dagegen sehr viel häufiger vor.

Symptome eines Gefäßverschlusses

"Bei einem Venenverschluss sieht der Betroffene auf einem Auge zunehmend verschwommen, oft wie durch einen grauen Schleier“, erklärt die DOG-Expertin.

Der arterielle Verschluss macht sich dagegen schlagartig bemerkbar. „Dann wird es auf einem Auge von einem Moment auf den anderen schwarz, oft legt sich ein Schatten auf das gesamte Blickfeld.“

Unbehandelt führt ein arteriell bedingter Augeninfarkt in rund 95 Prozent der Fälle zu einem schweren und dauerhaften Sehverlust im betroffenen Auge.

Zweiten Infarkt verhindern

Wer plötzlich auf einem Auge nichts mehr sieht, sollte sofort ein Krankenhaus aufsuchen, das über Augenklinik und Neurologie verfügt. „Dieses Symptom muss man sehr ernst nehmen, weil ein Infarkt am Auge das Risiko für einen nachfolgenden Hirninfarkt um das 15-fache erhöht“, betont Liakopoulos. Ärzt:innen untersuchen deshalb Halsschlagadern und Herz, und sie prüfen, ob die Autoimmunerkrankung Riesenzellarteriitis vorliegt. „Um das zweite Auge vor einem Infarkt zu schützen oder gar einen Hirn- oder Herzinfarkt zu verhindern, wird außerdem die tägliche Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten verordnet“, so Liakopoulos. 

Lysetherapie am Auge wird erprobt

Auch wenn bei einem arteriellen Verschluss meist Sehkraft unwiederbringlich verloren geht, kann in den ersten 4,5 Stunden eine Lysetherapie erwogen werden, um den Blutfluss im betroffenen Gefäß wieder herzustellen und Sehkraft zu retten. „Wie gut das intravenös verabreichte Lyse-Medikament auf das Blutgerinnsel im Auge wirkt, wird derzeit in einer großen Studie mit 30 Zentren in ganz Deutschland untersucht“, berichtet die DOG-Expertin. 

Injektionen und Laser 

Kommt es zum Verschluss eines venösen Gefäßes am Auge, ist ebenfalls Dringlichkeit angesagt. „Wer auf einem Auge zunehmend verschwommen sieht, sollte unverzüglich eine Augenärztin oder einen Augenarzt aufsuchen“, rät Liakopoulos. Ist tatsächlich eine Vene verstopft, stehen verschiedene Therapien zur Verfügung, um die Sehkraft wieder zu verbessern:

  • „Hat sich etwa Wasser in der Makula eingelagert, dem zentralen Punkt für die Sehschärfe, können Anti-VEGF-Injektionen die undichten Gefäße wieder verschließen“, erläutert die Augenärztin.
  • Ein Lasereingriff kann erforderlich werden, um zu vermeiden, dass sich in nicht durchbluteten Netzhautarealen neue, schädliche Gefäße bilden.

Risikofaktoren meiden

Wer sein Augenlicht schützen will, sollte Risikofaktoren für Gefäßverschlüsse minimieren. Dazu zählen:

  • Erkrankungen wie Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte oder Diabetes mellitus sollten gut behandelt werden,
  • Rauchen, regelmäßiger Alkoholkonsum, ungesunde Ernährungsweise, mangelnde Bewegung und ungenügende Flüssigkeitszufuhr vermeiden.

Menschen mit Risikofaktoren sollten den Augenhintergrund mindestens alle zwei Jahre untersuchen lassen, rät Liakopoulos.

Bluthochdruck, Geschlecht, Alter – was KI alles erkennt

Hier eröffnet die Künstliche Intelligenz (KI) große Chancen. „Es ist faszinierend, was die KI an einer Aufnahme des Augenhintergrunds alles errechnen kann“, sagt Liakopoulos. Nicht nur Gefäßveränderungen, Bluthochdruck und das Risiko für Herzkreislauferkrankungen würden von den Algorithmen erkannt. „Die KI kann sogar das Geschlecht mit einer Zuverlässigkeit von 97 Prozent und das Lebensalter auf drei Jahre genau bestimmen“, so die DOG-Expertin. In Zukunft könnte KI beim Screening allgemeiner Erkrankungen daher eine große Rolle spielen. 

Quelle: Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft