ZuckerZu viel Zucker schadet dem Gehirn

Zu viel Zucker schädigt die Hirngefäße und kann zu Ablagerungen führen. Das kann krank machen und Demenz begünstigen.

Würfelzucker, Zuckerwürfel
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Die Deutschen verzehrten im Wirtschaftsjahr 2021/2022 fast doppelt so viel Zucker wie die DGE empfiehlt.

Deutsche essen zu viel Zucker

Zum Brain Health Day 2024 haben die Deutsche Gesellschaft für Neurologie und die Deutsche Hirnstiftung Zucker als „neurotoxische“ Substanz in den Blick genommen. Auch hier macht die Dosis das Gift: Das Gehirn benötigt Glukose, um zu funktionieren, erklärt Prof. Frank Erbguth von der Deutschen Hirnstiftung. 

"Bei einer dauerhaften Erhöhung des Blutzuckerspiegels durch zu viele und zu üppige Mahlzeiten und durch das ständige Snacken nebenbei bringen wir das Fass zum Überlaufen und befeuern die Entstehung von neurologischen Krankheiten, allem voran auch von Demenz und Schlaganfällen."

Der Zucker-Pro-Kopf-Verbrauch lag im Wirtschaftsjahr 2021/22 bei 33,2 kg – und war damit fast doppelt so hoch wie empfohlen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung spricht sich dafür aus, dass maximal 10 Prozent der Energie aus Zucker stammen sollte. Bei 2000 Kilokalorien (durchschnittlicher Kalorienbedarf pro Tag) sind das 50 Gramm pro Tag, also 18 kg im Jahr. Dazu zählt nicht nur der zugesetzte Zucker, sondern auch der natürlich enthaltene, z.B. in Früchten, Honig oder Säften.

Im Wirtschaftsjahr 2021/2022 lag der Pro-Kopf-Verbrauch an Zucker bei 33,2 kg. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt rund 18 kg pro Jahr.

Wie Zucker die Hirngesundheit schädigt

Zu hohe Blutzuckerspiegel schädigen die Hirngefäße und führen zu Ablagerungen an den Gefäßwänden. Die Gefäße verengen, die Blutzufuhr und damit die Versorgung der Gehirnzellen mit Nährstoffen werden gedrosselt. Das kann zu verschiedenen Einschränkungen führen – je nachdem welcher Teil des Gehirns unterversorgt ist – und am Ende sogar eine vaskuläre Demenz nach sich ziehen. Diese ist nach der Alzheimer-Form die häufigste Ursache einer Demenz ist. In Deutschland erkranken jährlich etwa 250.000 Menschen an einer Demenz, davon 15 bis 25 Prozent an einer solchen gefäßbedingten Demenz. Das sind allein zwischen 40.000 und 60.000 neu Erkrankte pro Jahr.

Komplexe Zuckermoleküle im Gehirn, sogenannte Glykosaminoglykane, können auch direkt die Kognition einschränken. Sie beeinträchtigen die Funktion der Synapsen, den Schaltstellen zwischen den Nervenzellen und somit die neuronale Plastizität. Es handelt sich dabei um die Fähigkeit von Nervenzellen und Gehirnarealen, sich anzupassen und bei Bedarf zu erweitern, eine wichtige Eigenschaft für die kognitive Entwicklung und das Lernen. Das zeigten experimentelle Daten, die im letzten Jahr auf dem Kongress der „American Chemical Society“ vorgestellt wurden.

Bereits vor 20 Jahren hatte eine Studie ergeben, dass eine fett- und zuckerreiche Kost die neuronale Plastizität stört und langfristig auch die Funktion unseres Gedächtnisareal im Gehirn, den Hippocampus, beeinträchtigt.

Eine aktuelle, große Metaanalyse kommt zu ähnlichen Erkenntnissen:

In den 2 bis 12 Stunden nach Zuckerkonsum erhöht sich zwar kurzfristig die geistige Leistungsfähigkeit. Aber durch einen dauerhaften Zuckerkonsum wird die kognitive Funktion nachhaltig geschädigt.

Außerdem gibt es noch eine indirekte hirnschädigende Wirkung von zu hohem Zuckerkonsum auf das Gehirn, via Diabetes mellitus. Seit den 1990iger-Jahren ist bekannt, dass Menschen mit Typ-2-Diabetes ein deutlich erhöhtes Demenzrisiko aufweisen. Man nimmt an, dass der Glukose-Stoffwechsel auch in den Neuronen gestört ist und so zur Entstehung der Alzheimer-Erkrankung beiträgt, zumal auch Insulin bei der Entstehung der Alzheimerplaques eine Rolle spielt.

Warum Zuckerverzicht so schwer fällt

Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie und die Deutsche Hirnstiftung raten zu einem bewussten, möglichst geringen Zuckerkonsum. Leider fällt das vielen Menschen schwer – und die Gründe dafür sind ebenfalls im Gehirn zu verorten. So konnte man nachweisen, dass schon nach einer kleinen „Dosis“ Zucker der Darm über den Vagusnerv Signale an das Gehirn sendet, um dort ein starkes Verlangen nach weiterem Zuckerkonsum auszulösen. „Das könnte der Grund dafür sein, dass manche nach einem Stück Schokolade schnell mal die ganze Tafel aufgegessen haben“, kommentiert Prof. Erbguth diese Forschungsergebnisse. „Außerdem wird bei Zuckerkonsum im Gehirn Dopamin ausgeschüttet, ein Wohlfühlhormon, was dazu führt, dass man immer mehr davon haben möchte.

"Es ist sinnvoll, durch weitgehenden Verzicht auf Zucker diesem Teufelskreis zu entgehen“, erklärt Neurologe Prof. Peter Berlit. „Die Anstrengung lohnt sich, allein 40 % aller Demenzfälle und 90 % aller Schlaganfälle sind vermeidbar und viele von ihnen gehen auf das Konto von Industriezucker.“

Gemeinsam mit der Deutsche Hirnstiftung unterstützt die DGN die politische Forderung, Steuer auf besonders zuckerhaltige Getränke zu erheben. Doch auch viele andere Lebensmittel enthalten versteckten Zucker, z.B. Joghurts oder Tomatenketchup. Auch Alkohol lässt den Blutzuckerspiegel stark ansteigen.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Neurologie